Auch in diesem Monat ließen die Nachrichten um das Thema Lauschangriff wenig Platz für andere Meldungen. Dabei hatten wir eine große Geburt zu feiern. Und auch sonst war genug Saft im Kabel. Ein kleiner Strauß ausgesuchter Highlights im Juli.
Horch, wer lauscht von draußen rein – Der Pool an Informationen über NSA-Aktivitäten, politische Irrungen und Wirrungen, böse Software, etc. füllt und füllt sich – und wir gehen nicht mehr ins Detail: Auch analoge Post wird gescannt und abfotografiert – hüben wie drüben. Das eigentliche Schreckensprogramm heißt weder Prism noch Tempora, sondern XKeyscore. Und das ganze Überwachungsdilemma gießt Öl ins Feuer der Konspirationsphobiker: Verschlüsseln von Emails kommt wieder in Mode, das WLAN wird NSA-sicher gemacht, SPON gaukelt einen Tarnkappen-Rechner vor, und selbst Geheimdienste reagieren amüsant merkwürdig: Der russische Geheimdienst FSO hat in Hattingen bei Olympia wieder gute, alte, analoge Schreibmaschinen bestellt.
Enigma Snowden – Mit zunehmender Dauer der Causa Snowden erfahren wir auch etwas mehr über den Ex-Geheimdienstler, welcher unter dem Namen TheTrueHOOHA ein recht extrovertiertes Leben auf dem Tech-News Portal ars technica führte. Die Chat-Protokolle geben Aufschluß über einen jungen, arroganten und menschenverachtenden Staatsbediensteten, der noch vor wenigen Jahren „den Verrätern von Wikileaks in die Eier schießen“ wollte. Das gilt jedoch nur für den Snowden bis 2009, bis zu seinem letzten Logon – was seit dem passiert sein muss, lässt Beobachter rätseln: Was hat Snowden dazu gebracht, einer von denen zu werden, die er zuvor noch verachtete? Geläuterterter Aufklärer oder notorischer Profilneurotiker? Jeder soll sich seine eigene Meinung bilden – hier das Interview mit deutscher Übersetzung:
SEO Handwerker – Kleine Meldung, große Wirkung! Eine simplifizierte Erklärung vorweg: Schließe ich einen Werkvertrag, muss ich als Dienstleister ein vereinbartes Endergebnis liefern. Bei einem Dienstvertrag hingegen, kann ich nur für die geleistete Arbeit zur Verantwortung gezogen werden. Bei SEO-Diensten wurden daher bislang bevorzugt Dienstverträge abgeschlossen – wer verpflichtet sich schon vertraglich, den Kunden auf Platz Eins zu bringen? Vorerst vorbei: Das Landgericht Amberg entschied nun, dass SEO-Verträge Werkverträge im Sinne des § 631 BGB sind. Damit erweiterte das Gericht sein Urteil aus dem Jahr 2012, in welchem bereits ein Linkbuilding-Vertrag den Werkverträgen zugeordnet wurde. Das letzte Wort dürfte hier noch nicht gesprochen sein. In der Zwischenzeit sollten Dienstleister in ihren Verträgen ein paar Veränderungen vornehmen.
Aus die Maus – Douglas C. Engelbart ist tot. Wer war das? Gemeinhin wird ihm die Erfindung der Computer-Maus zugeschrieben. Man muss jedoch auch sehen, dass mit seiner technischen Entwicklung eine neue Denkkultur in der computergestützten Kommunikation Einzug hielt – und das macht ihn zu weit mehr als nur dem Mäuse-Mann.
Social Center Court – Netzwelt spiegelt Echt-Welt! Diese Binsenweisheit wurde im Wimbledon-Monat durch die kurzfristige Hyper-Popularität der deutschen Tennis-Fee Sabine Lisicki noch mal dokumentiert: Suchanfragen schnellten schlagartig hoch und auch bei Wikipedia war Kirmes auf Hochbetrieb. Und während „Fachkreise“ wie üblich dröge über die Marketing-Wertigkeit von steigenden Social Media Zahlen sinnieren (#schnarch), empfehlen wir das Einschalten des körpereigenen Denkapparates: Wenn ein Popularitätszuwachs durch just einen Event (erfolgreich bei Wimbledon) zu erklären ist und die Aufmeksamsintensität so schnell wieder geht, wie sie gekommen ist, dann hat die „Währung: Aufmerksamkeit“ eben auch nur ein kurzes Börsen-Hoch erlebt und besitzt keine nachhaltige Aussagekraft über den Marktwert. Sicherlich wurden die Grundstrukturen gelegt, auch in Zukunft positiver wahrgenommen zu werden. Uns zeigt es jedoch noch etwas Anderes: Hier wurde bis dato die Chance vertan, diese Popularität als Grundstein zu verstehen, auf dem man durch aktive PR-Betreuung eine Marke bilden kann und dann WIRKLICH den Marktwert manifestiert. Alte Social-Media-Weisheit: Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Wimbledon vorbei – Feuer wieder aus. Oooooooooh.
Quelle: Datawrapper
Time To Say Good Bye – Meine ersten Erfahrungen mit Suchmaschinen habe ich Ende 1995 gemacht – die Suchmaschine hieß Alta Vista und war die Nummer Eins in der pre-Google Zeitrechnung. Dieses Urgestein wurde nun endgültig zu Grabe getragen: Yahoo! verkündete eher beiläufig, dass es seine alte Schnüffelnase einschläfern lässt. Sag zum Abschied leise Servus ;-(
Besuch vom großen Bruder – Letzten Monat erzählten wir bereits vom Fall der Medizin-Professorin Ursula Gesser, die nach einem harmlosen Twitter Posting Besuch vom Freund und Helfer bekam. Einen ähnlichen Fall erlebte nun der 28-jähige Daniel Bangert, der auf Facebook zu einer Anti-Spionage Veranstaltung einlud, welche auch einen Spaziergang zum mutmaßlichen PRISM-Stützpunkt Dagger Complex in Darmstadt umfasste. In einer merkwürdigen Aktion forderten Polizei und Staatsschutz Bangert auf, die Veranstaltung als Demonstration anzumelden. Nachdem einiger Staub, auch durch lokale Medien, aufgewirbelt wurde, meldete der junge Aktivist die Veranstaltung an, die dann mit einer Beteiligung von 60-70 Personen stattfand. Und die Polizei? Die Polizei bat darum, den ganzen Vorgang „nicht so an die große Glocke zu hängen“. Aha.
Hoffnungsträger iWatch – Bei Apple gibt es Bewegung in Sachen Smartwatch: Den Produktnamen iWatch will man sich nun auch in Japan sichern und zu Hause werden kräftig neue Entwickler für die Apfel Uhr eingestellt. Der Aktionismus muss auch vor dem Hintergrund bedenklicher Geschäftszahlen gesehen werden. Der Tenor lautet: Seit Jobs‘ Tod mangelt es dem Giganten an Innovationskraft.
Barnaby Jack – Von Geldautomaten bis Herzschrittmachern knackte der neuseeländische Hacker alles, was zu hacken war – und das nicht zu kriminellen Zwecken: Jack galt als White Hat. Eine Woche vor seinem Auftritt auf der Hacker-Konferenz Black Hat wurde der Szene-Superstar tot in seiner Wohnung aufgefunden. Ein Fremdverschulden kann bisher ausgeschlossen werden.
Käthe hat fertig! – Die Niederkunft des royalen Stammhalters im Hause Windsor war, wie zu erwarten, eine medial überversorgte Veranstaltung. Das Elternglück von Kate und Willi hat allerdings auch ein schönes Lehrstück in Sachen Best-Practice geliefert: Dem traditionellen Prozedere folgend, wurde die Geburt zunächst auf der legendären Goldtafel am Buckingham-Palast verkündet. Zeitgleich erhielten im Anschluß Agenturen die offizielle Pressemitteilung und der erste offizielle Tweet zur Geburt wurde vom Krankenhaus abgesetzt. Auf der gleichen Seite lieferte der Account des Könighauses direkt noch einen Instagram Link zum Foto der offiziellen Verkündung. Bei Durchsicht der Tweets sieht man auch noch, dass das Krankenhaus Hashtags verteilt, um die Kommunikation etwas zu kanalisieren. Danach brach auf Twitter der Promi-Beglückwünschungs Marathon aus – dem auch Nicht-Promis in Nichts nachstanden.
Her Royal Highness The Duchess of Cambridge was safely delivered of a son at 4.24pm
— Clarence House (@ClarenceHouse) July 22, 2013
The baby weighs 8lbs 6oz.
— Clarence House (@ClarenceHouse) July 22, 2013
The official announcement of the birth of The Duke and Duchess of Cambridge’s son http://t.co/3wDUWl00lp
— TheBritishMonarchy (@BritishMonarchy) July 22, 2013
Twitter Holidays – Wer noch eine Idee für den Sommerurlaub braucht und Twitter nicht missen will, dem kann jetzt auf Mallorca geholfen werden: Das Strandhotel Sol Wave House in Magaluf ist das erste Hotel mit eingebauter „Twitter-Experience„. Im Zentrum steht die Community #SocialWave, welche nur über das Hotel-WLAN erreichbar ist. Gäste können sich so gegenseitig „kennenlernen“; selbst hausinterne Anweisungen ans Service Personal bedürfen keines Anrufs mehr, sondern können via Hashtag abgesetzt werden. Abgerundet wird das Angebot mit speziellen Twitter Party Suiten, Pool Partys und nach Twitter klingenden Cocktails. Schaut man sich den Clip an, beschleicht einen jedoch das Gefühl, bei dem Netzwerken sollen vorrangig amouröse Ziele verfolgt werden. Olè!
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