Zwischen Sommerloch und Weihnachtsgeschäft kann sich der Oktober mit einigen wichtigen Meldungen behaupten. Es geht um Zensur, Meinungsfreiheit, Manipulationen, Perspektiven für den Journalismus – aber es gibt auch etwas zum Lachen. Bitte schön: Einige Highlights des Oktobers.

HuffPo Launch – So, da isse nu‘: Die Huffington Post Deutschland hat, nach reichlich Wirbel im Vorfeld, die Pforten des Portals geöffnet. Mit den Personalien Cherno „Turnschuh“ Jobatey oder Boris „Bum Bum“ Becker sorgte die HuffPost schon vor dem Start für Lacher. Aber der echte Kopfschüttler ist der vermurkste Start: Das US-Original galt mal als linksliberale Opposition gegen ultrakonservative Medien der Marke Fox News. In Deutschland ist es umgekehrt: Unter den Content-Lieferanten befanden sich anfangs vorwiegend CDU-(nahe)-Blogger. Aber trotz des abstoßenden Web-Designs und dem boulevardesquem Stil, muss man nicht mit dem Untergang des Abendlandes rechnen: Die bisherige Reichweite in Deutschland könnte höchstens mit einer Regionalzeitung konkurrieren.

Interessante Einblicke auf der Digital Attack Map

Anti-Zensur – Google stellten im Oktober ihren neuen Journalisten-Dienst Media Tools vor (hier unser Überblick). Im Vorfeld führten die Spezis aus Mountain View noch drei neue Tools ein, welche gegen Internet Zensur helfen sollen. Die Helferchen richten sich vornehmlich gegen DDoS-Attacken. Damit leistet Google etwas Schadensbegrenzung, stand der Branchenprimus doch mal in dem Ruf, für den Erfolg auch Zensur in Kauf zu nehmen. Da hätte sich Apple auch eine Scheibe abschneiden dürfen. Jene haben im chinesischen iTunes die OpenDoor-App, welche das Umgehen der chinesischen Internet-Zensur ermöglicht, blockiert.

#Project Shield #Digital Attack Map #uProxy

Siri Offenbarung – Jetzt wurde bekannt, wer hinter Apples Sprachauskunft steckt: Susan Bennett ist die Stimme von Siri. Und das ist nicht ihre einzige akustische Fußspur: Zu ihren größten Hits gehören ein Geldautomat und ein Flughafen-Schalter. Die deutsche Siri heißt übrigens Heike Hagen und dürfte TV-Zuschauern nicht ganz unbekannt sein.

I quit – Marina Shifrin hat gekündigt – via Video. Und das gefiel anscheinend mehr als 15 Millionen Zuschauern auf YouTube. Macht man sich die Mühe und wirft ein Auge auf ihren sporadisch gefütterten Blog, wird deutlich, dass die Aktion in die Kategorie „Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden!“ gehört. Sie wollte lieber Autorin als Journalistin sein (nachträglich auch auf HuffPo veröffentlicht) und nicht in einem digitalen Sweatshop arbeiten.  Ende vom Lied: Ihr Ex-Chef versuchte eine wenig kreative Retourkutsche und Frau Shifrin darf sich über prominente Jobangebote freuen. Trotzdem muss auch gesagt werden, dass die Aktion gerade in ihrer eigenen Peer-Gruppe nicht ausschließlich gut ankam. Tenor: You make us look bad!

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Gesundheistreform offline – Dem Start von Obamas Gesundheitsreform machte eine dilettantisch programmierte Seite einen Strich durch die Rechnung: Healthcare.gov wurde kurz nach ihrem Start für kaputt erklärt. Das spezielle Bonbon: Die verantwortliche Firma kommt aus Kanada. Dort haben sie den gleichen Job für das kanadische Gesundheistministerium gemacht und wurden für ihre Inkompetenz gefeuert. So wird das nichts.

Hoffnungsträger mit Verlust – Im Rahmen der Vorbereitungen zum geplanten Börsengang, ließ sich Twitter erstmalig in die Bücher schauen. Obwohl der Kurznachrichtendienst zunehmend Gewinne schreibt, mehren sich mit dem Wachstum auch die Kosten. Trotzdem wiegen die mobile Ausrichtung und Zukäufe von neuen Firmen für potentielle Stakeholder schwerer als die problematische Kostenstruktur. Schaumama.

Don’t feed the troll – Community Manager dürften gelangweilt geschmunzelt haben: Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sind Portale für die beleidigenden Kommentare mancher User verantwortlich. Obwohl die Betreiber des Portals in besagtem Fall schnell auf die diffamierenden Kommentare reagierten, sieht das Urteil sie weiter in der Pflicht. Es geht dem Gericht um weitaus profundere Fragen, die auch die Meinungsfreiheit berühren. Lesen Sie unsere Erklärung hier.

Body Image Distorion – Jeder Netzkundige kennt die Vorher-Nachher-Bilder und Clips, welche Models und Celebrities nach einer Photoshop-Behandlung zeigen. Der Clip, welcher Ende Oktober seine Netz-Runde drehte, fällt in die gleiche Kategorie und wurde auch, wie zu erwarten, so kommentiert. Dahinter steht jedoch eine Kampage von GlobalDemocracy.com, welche rechtliche Konsequenzen fordert: Videos und Bilder von Models, deren Erscheinung künstlich auf weniger als 85 Prozent ihres BMI reduziert werden, sollen einen Hinweis auf diese Manipulation tragen. Wer hier eine überzogene Forderung von Moralisten wittert, ist schwer auf dem Holzweg: Psychologen sehen schon lange einen kausalen Zusammenhang zwischen verfälschter Darstellung von Schönheit und Anorexie bei Heranwachsenden, Teenager machen selbst mobil gegen Modemagazine und Israel hat bereits ein Gesetz verabschiedet, welches diese manipulativen Darstellungen, aus Gründen steigender Anorexie, verbieten.

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Krieg den Sockenpuppen – Die Meldung war: Wikipedia sperrt PR-Autoren aus. Der Hintergrund: Es ging gar nicht um die Artikel, sondern um die Diskussionen. Dort haben sich User mit mehr als einem Nickname (so genannte Sockpuppets) breit gemacht. Bei näheren Recherchen stellte sich heraus: Es gibt ein recht großes Netzwerk an FakeUsern/Sockpuppets auf Wikipedia, welches gewöhnlich im werblichen Interesse arbeitet. Trotzdem bleibt ein schaler Beigeschmack: Stand nicht Wikipedia selbst vor einem Jahr noch im Verdacht, den Dienst für PR Zwecke zu mißbrauchen? #Gibraltarpedia

Muttis Handy – Wir wollten eigentlich nichts mehr zur NSA-Affäre sagen. Doch jetzt hat die NSA sogar Muttis Handy angezapft. Frechheit! Das abhörsichere Smartphone kann also doch abgehört werden. Der Hersteller beteuert, es läge nicht am Gerät. Den Rest der Geschichte kann man sich denken: Keiner wusste was – alle sind geschockt. Selbstverständlich darf auch nicht obligatorische Social Media Reaktion fehlen: Das Merkelphone hat seinen eigenen Twitter-Account, #Merkelphone generierte innerhalb von 24 Stunden 20.000 Tweets, und der Tumblr-Blog darf natürlich auch nicht fehlen. Dienst nach Vorschrift.

#Phat Blaulicht, Digger – Wir erinnern uns an das peinliche Bewerber-Video der Polizei NRW? Diesen Fauxpas nutzte die Hamburger Polizei, um ein gelungenes Gegenbeispiel zu lancieren. Wir sagen Danke für diesen Clip. Woop Woop, that’s the sound of the police.

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