Es gibt Debatten, die nicht alt werden, weil sie nie richtig geklärt wurden. Die Frage, ob und wie Social Media das SEO beeinflusst, gehört dazu. Es gibt gleichermaßen Experten, die den Zusammenhang bestätigen wie verneinen. An offiziellen Erklärungen, beispielsweise durch Suchmaschinenbetreiber, mangelt es jedoch. Kürzlich haben zwei Hootsuite-Redakteure einen kleinen Testballon gestartet und der könnte wieder einmal etwas Licht ins Dunkel bringen. Willkommen in der Welt des Social SEO.
Social SEO und Social Signals
Bevor wir zum aktuellen Fall kommen, klären wir noch kurz zwei Begriffe, die essentielle Elemente beschreiben: Social SEO und Social Signals. Als Social Suchmaschinenoptimierung (Social SEO) bezeichnen wir die Optimierung von potentiellen Rankingfaktoren, die von Social-Media-Plattformen kommen. Dabei spielen Social Signals eine wichtige Rolle, welche beispielsweise durch Likes oder Shares gesetzt werden können. Sie stärken damit ein Posting durch Engagement und machen es relevanter. Aber auch Links in den sozialen Medien können, bis zu einem bestimmten Grad, die Funktion der klassischen Backlinks übernehmen. Das richtige Taggen von Fotos kann ebenfalls Werte für die Auffindbarkeit in Suchmaschinen schaffen. Social SEO spielt auch als komplementärer Baustein, zur Stärkung bestimmter Keywords, eine Rolle in der Content Strategie.
Wirkung, Erfolgsaussichten und Kritik
Social SEO darf nicht als eigenständige Disziplin verstanden werden. Es verweist eher darauf, dass diverse Social Actions und Gestaltungen Einfluss auf das Ranking haben können. Folgt man den oft zitierten Beurteilungen von MOZ und Searchmetrics, so ist dieser Einfluss durchaus gegeben und lässt sich in Rankingfaktoren formulieren. Die Suchmaschinenbetreiber selbst halten sich recht bedeckt, was diese Faktoren betrifft. Die letzte Wortmeldung stammt von Googles Anti-SPAM Chef Matt Cutts, welcher sich erst zustimmend, dann relativierend und zuletzt 2014 eher skeptisch bis pessimistisch äußerte: Was in Social Media passiert sei so dynamisch und kurzlebig, dass es kaum berücksichtigt werden könne.
Simpel betrachtet muss man aber feststellen, dass beim googlen von Personen, Produkten oder Events Links zu Facebook-, Twitter- oder LinkedIn-Seiten in den Suchergebnissen auftauchen. Social Media wirkt sich also sichtbar auf das SEO aus. Grundsätzliche Fragen sind also längst obsolet. Was wirklich zur Debatte steht, sind die Einflussstärke wie auch der Impact auf das Ranking. Und ganz wichtig sind eben die Faktoren, denn wie stark Social Signals wirklich wirken, ist noch recht unbekannt.
Der Elefant im Raum
Unter dem Titel „Project Elephant“, nach der englischen Metapher the elephant in the room, fühlten die guten Leute von Hootsuite kürzlich dem Social-SEO-Mysterium auf den Zahn (>>hier<<). Zu diesem Zweck baute man drei Vergleichsgruppen von jeweils 30 Artikeln aus dem Hootsuite-Blog und publizierte diese unter verschiedenen Bedingungen:
- Kontrollgruppe: 30 Artikel, weder organisch noch promoted in den sozialen Medien publiziert. Lediglich im Blog mit den Standard SEO-Tools.
- Gruppe A: 30 Artikel aus dem Blog, organisch auf Twitter gepostet.
- Gruppe B: 30 Artikel aus dem Blog, erst organisch auf Twitter gepostet und dann für $100, über einen Zeitraum von 48 Stunden, promoted.
Ergebnis: Das Ranking zeigte die stärksten Gewinne für die promoteten Posts, halb so stark dahinter die organischen Posts. Die unbehandelte Kontrollgruppe zeigte keine signifikanten Veränderungen im Ranking, allerdings einen recht raschen Abstieg. Im Vergleich nach 48 Stunden und einer Woche, konnten die Testgruppen A und B ihre Steigerungsraten noch verbessern. Bei der Kontrollgruppe toppte die Abstiegsrate die Steigerung noch deutlich.
Engagement und Referring Domains
Der Test verdeutlichte auch, dass ein gesteigertes Social Engagement nicht unmittelbar zu einem besseren Ranking führt (Social Signals). Aber es führt zu einer steigenden Zahl an Referring Domains, also Seiten die auf den promoteten Content verweisen. Das bestätigt die Backlink-These. Nach weniger relevanten Keywords gefiltert, welche also mehr als 1000 Abfragen pro Monat erhalten, flacht die Kurve dagegen ab. Das macht allerdings durchaus Sinn, da man bei weniger kampfstarken Keywords auch ein größeres Volumen abschöpft. Aber auch die letzte Betrachtung, befreit von Keyword-Filtern, bestätigte die positive Korrelation zwischen Social Engagement und dem Ranking.
Was wir mitnehmen
All zu kritische SEO-Gurus werden durch das Experiment nicht entkräftet, denn die Erhebung beobachtet Indizien und analysiert beispielsweise nicht die genaue Wirkungsweise der immer noch umstrittenen Social Signals, die hier nicht gut wegkamen. Diese Indizien sind allerdings sehr stark und bestätigen frühere Feldversuche, die zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sind. Die Korrelation zwischen Social Media und einer Rankingsteigerung ist nicht bestreitbar und unterstützt Handgriffe für das Social SEO.
Was allerdings nicht missverstanden werden darf: Dieser Einfluss auf das SEO ist nur gegeben, wenn die Social-Media-Arbeit an sich solide ist. Das heißt, die Voraussetzungen für eine Wirksamkeit sind immer noch Aspekte wie qualitative Reichweite und guter Content. Ergo muss auch für das Social SEO der Fokus eher auf qualitativen Social Faktoren liegen:
⚠ Lieber über eine gute CTR freuen, als blind auf Reichweite fixiert sein.
⚠ Besser weniger, aber guten Content posten, als die Fans mit Masse zuspammen.
⚠ Eher eigene, relevante Keywords promoten, als auf beliebigen, aber populären Wellen zu surfen.
⚠ Social Media mit der eigenen Content-Strategie in Einklang bringen, statt mit Trends zu gehen.
Artikelbild: RobbinHiggins (CC0)
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Ich hab mit meinen Studenten vor ein paar Jahren mal einen entsprechenden Test gemacht. Das Ergebnis fand ich nicht unspannend: Social Signals wirken sich sehr stark aus, wenn ein Artikel überdurchschnittlich viele bekommt. Der Degrading-Faktor ist allerdings auch sehr schnell: Das bessere Ranking bleibt bestehen, solange es weiterhin x Social Signals pro Zeitabschnitt gibt – und das ist in der Regel kaum der Fall.
Hallo Ritchie, danke für dein Feedback. Der Test, über den wir geschrieben haben, geht da vermutlich nicht so tief wie das Experiment, das Du und deine Studenten durchgeführt habt.
Dass Degrading und Aktualität der Social Signals so eng zusammenhängen, hatten wir schon vermutet. Trotzdem, die Interdependenz ist da und diese Dynamik scheint Google & Co. nicht zu begeistern. 😉