Fast jeder zweite Nutzer kann Werbung von nicht werblichen Beiträgen kaum unterscheiden. Gerade im Native Advertising gibt es dieses Problem. Die Meinung, dass Werbung grundsätzlich störe und Vertrauen nur gegenüber neutralen Quellen aufgebracht würde, könnte jedoch veraltet sein. Ein kleiner Überblick.

Werbung in sozialen Netzwerken

Laut einer aktuellen von Bitkom in Auftrag gegebenen Studie, können gut 48 Prozent der Nutzer Werbung nicht von nicht-werblichen Beiträgen unterscheiden. Der Anteil liegt in der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen bei 56 Prozent. Bei 50- bis 64-Jährigen im Bereich von 40 Prozent. Dies liege nicht zuletzt daran, dass viele der Content-Angebote auf den individuellen Nutzer zugeschnitten seien und somit einen konkreten Nutzen für ihn suggerierten.

Bemerkenswert ist dabei eine gewisses legitimierendes Verständnis bei den Teilnehmern: 60 Prozent stören sich nicht an Werbung, zumal ihnen klar sei, dass dadurch die Nutzung der Netzwerke gratis bleibe. 29 Prozent der Nutzer geben sogar an, auf Werbung gar nicht verzichten zu wollen, weil sie so in puncto Angebote und aktueller Themenlage auf dem Laufenden blieben.

Ist der Nutzer bereits aufs Marketing dressiert?

Wieso erkennt fast die Hälfte der Nutzer Werbung nicht als solche? Vielleicht verwenden wir hier das falsche Verb. Es ist weniger die Frage, ob der Verbraucher Werbung erkennt, sondern mehr, ob er Inhalte als Werbung wahrnimmt. Nutzer zeigen Verständnis für die systemische Rolle der Werbung (freie Nutzung dank Werbung). Sie sehen in sozialen Medien zudem ihre Vorteile durch moderne Ausspielungen mittels Targeting: 35 Prozent begrüßen Werbung in Social Media, weil sie dort eher durch Werbung angesprochen werden, als in der klassischen Online-Werbung. Hier müssen sie beispielsweise durch Banner Themen und Produkte sehen, die sie nicht interessieren. Wir dürfen somit zumindest vermuten, dass in der Wahrnehmung die Ansprache des richtigen Interesses vor der Unterscheidung nach Werbung oder nicht kommt.

Vertrauensfrage

Gerade durch das Influencer-Marketing haben wir gelernt, dass Nutzer auch werblichen Inhalten viel Vertrauen entgegen bringen und sie sogar als glaubwürdige Referenzinformation schätzen. Eine aktuelle Studie von Wavemaker zeigt allerdings, dass dieses Vertrauen begrenzt ist: Die Sympathien für Influencer sinken oftmals recht schnell, wenn zu offensichtlich nur ein Produkt beworben wird.

Das System der Influencer hat vielleicht auch seinen Zenit bereits überschritten: Laut der Wavemaker-Studie sehen 57 Prozent der Verbraucher Influencer nur als Personen, denen es am Ende nur um’s Geld geht. Die Untersuchung findet allerdings auch heraus, dass eine eindeutige Kennzeichnung als Werbung, nicht durchgehende Nennung des Kooperationspartners und die Wahl des passenden Themas das Vertrauen in die Beiträge wieder steigern kann.

Native Advertising worst practice Beispiel
Gefährliche Überreizung: Das Beispiel zeigt, wie vier Fünftel der Seite nur noch aus Native Recommendation-Ads bestehen. Vieles davon ist sogar reiner Clickbaiting-Schund. Selbst die Interaktionsoption mit dem Artikel (Kommentare) ist irgendwo zwischen dicken Native-Blöcken eingeebnet. Der redaktionelle Beitrag verkommt zum ködernden Beiwerk. Quelle: Screenshot HNA.de

Native Advertising

Nachrichtenmedien haben jahrelang nach Antworten auf die digitale Revolution gesucht. Mit dem Native Advertising scheint eine erste Lösung gefunden worden zu sein. News-Portale profitieren von der Tatsache, dass ihr Content intensiver gelesen wird als vergleichbare Angeboten in sozialen Medien. Damit scheint Native Advertising die Schlacht gegen das Reichweitenziel der Social-Ads gewonnen zu haben.

Und um Reichweite geht es dabei auch nicht mehr: Viele Native-Angebote offerieren einen Mix aus eigenen redaktionellen, fremden und werblichen Beiträgen. Also eine Mischung aus journalistischen Angeboten und beispielsweise Advertorials. Obendrein ist Native Advertising ebenfalls eine funktionierende Antwort auf Ad-Blocker und Display-Blindheit beim Leser. Ob die Trennung von Werbung und redaktionellem Angebot dabei auch immer gewährleistet wird und Leser diese Beiträge von einander unterscheiden können, darf zurecht bezweifelt werden. Und erste Klagen laufen nun auch gegen Native Ads ein.

Wird die Lösung zum Problem?

Wie bereits beschrieben, profitiert Native Advertising vor Allem vom nutzertypischen Verhalten: Zum Content-Konsum verweilen Leser länger auf Newsportalen als in sozialen Netzen. Leider zeigt sich aber auch hier mal wieder ein Trend, diese Vorteile nicht zu hegen und zu pflegen, sondern einfach nur abzumelken. Wie das Beispiel unten zeigt, verfallen viele Verlage im digitalen Bereich wieder dem naiven Motto: Viel hilft viel.

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Was wir mitnehmen

Unterscheidung und Akzeptanz

Sehen Nutzer überhaupt einen Wert darin, Werbung von Nicht-Werbung zu unterscheiden? Ob eine Information nützlich ist oder die Quelle vertrauenswürdig, bewerten viele Verbraucher offensichtlich nicht nach der Unterscheidung werblich oder nicht. Sie zeigen dagegen Verständnis für Social-Ads und Native Advertising und sehen eine Legitimation für diese Werbeformen. Darüber hinaus ist eine klare Kennzeichnung der Werbung ebenfalls ein Pluspunkt auf dem Vertrauenskonto.

Targeting und Themenwahl

Wenn Werbung die Interessen eines Verbrauchers gezielt anspricht, gewinnt sie anscheinend mehr, als nur die Aufmerksamkeit. Wenn Nutzer thematisch passend angesprochen werden, bringen sie zumindest ein gewisses Maß an Offenheit für die Informationsbotschaften auf. Zielgenaues Targeting hat hier sicher seinen Anteil, einer Werbung einen gewissen Vertrauensschub zu verpassen.

Mehrwert und Markenpräsenz

Der Nutzer muss vom Content was haben, sprich einen bestimmten Mehrwert für sich erkennen. Die klassische Werbung wird vom Verbraucher schnell durchschaut. Offensives Branding des Contents schadet werblichen Inhalten und sorgt für Desinteresse und Vertrauensverlust.

Artikelbild:Jose Francisco Fernandez Saura (Pexels license)

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