Der Juli hat uns auffällig viele Meldungen zu den Themen Hatespeech und Fake-News beschert. Und auch sonst sind da einige Meldungen, die schön hätten werden können und dann merkwürdig wurden. Aber wir versprechen, es wird nicht minder unterhaltsam. Von Kettenbrief-Monstern, abgefahrenen Praktika, missglückten Selfies und der Romantik der verletzten Privatsphäre. Noch mal Kaffee holen und dann gute Unterhaltung: Der Juli.

#FakeNews – Begleitetes Informieren

Wer sich noch an den Amok-Fahrer von Münster erinnern kann, weiß, dass falsche und manipulative Berichte oftmals schneller im Netz landen, als solide journalistische Arbeit. YouTube will nun, im Rahmen der großen Google News Initiative (GNI), Fake-News und verschwörerischen Geschichten die Luft aus den Reifen lassen.

Die Idee ist allerdings nicht, diese Beiträge zu verbannen, sondern immer im gleichen Maß seriöse Berichterstattungen parallel dazu auszuspielen. Das heißt, wenn man ein Thema sucht, tauchen niemals nur die dubiosen Videos auf, sondern immer auch Qualitätsinhalte, die diese Suchergebnisse gegebenenfalls entkräften. Gerade bei aktuellen Meldungen, wo die Produktion eines Videos mit seriösen Inhalten etwas Zeit braucht, will der Videodienst in den Suchergebnissen auch Links zu geschriebenen Inhalten anbieten. Schauen wir mal.

#HighOnLife – Der Preis des Spektakulären?

Anfang Juli verunglückten drei bekannte kanadische Vlogger tödlich in den Shannon Falls, einem bekannten malerischen Wasserfall in British Columbia. Auch wenn sich die Tragödie wie ein Unfall liest, stellt sich die Frage, wie viel Social Media-spezifische Ursache drin steckt. Die Vlogger des Kanals High on Life sind in der Vergangenheit bereits durch sehr waghalsige Clips aufgefallen. Und dass man sie dafür auch schon juristisch zur Rechenschaft gezogen hat, hat sie offensichtlich auch wenig beeindruckt. Na, dann doch lieber mit Beauty-Tipps berühmt werden.

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#Reddit – Kapitulation vor Hatespeech

So toll Reddit ist, die Plattform hat seit jeher ein Problem mit unkontrollierter Hatespeech, Rassismus und Sexismus. CEO Steve Huffman hat in dem Punkt leider eine wenig glänzende Historie vorzuweisen. Erst im März erklärte er, dass Rassismus für ihn ok sei, weil harte Worte ja nicht zwingend zu harten Taten führten. Man müsse Haltung von Verhalten, Denken von Machen trennen. Das passt exzellent zu seiner aktuellen Bekundung, als er im Gespräch mit einem Reddit-Nutzer offenbarte, dass es nicht so leicht sei, hier Regeln einzuführen, weil Hatespeech so schwer zu definieren sei. Ob das der Richtige CEO für ein so textintensives Portal wie Reddit ist? Passt ganz gut zu Mark Zuckerberg, der kürzlich erklärte, Holocaust-Leugner müssten nicht zwingend gesperrt werden – Meinungsfreiheit. Übrigens, der Nutzer, der diese Bekundung öffentlich machte, ist mittlerweile von Reddit gesperrt worden.

„Hatespeech ist schwer zu definieren. Es gibt einen Grund wieso es noch nicht gemacht wurde [stärkere Regeln für Hatespeech einführen, Anm.d.Red.]. Darüber hinaus, wir sind nicht die Gedanken-Polizei. Es ist nicht die Aufgabe eines privaten Unternehmens, zu entscheiden, was man sagen kann und was nicht.“ Steve Huffman

#PlaneBae – Privatsphäre geht vor Romantik

Anfang Juli machte eine Geschichte unter dem Hashtag #PlaneBae die Runde: Die halb-prominente Texanerin Rosey Blair tweetete live aus dem Flugzeug, wie sich zwei Passagiere, die sich vorher anscheinend nicht kannten, näher kamen. Eine romantische Geschichte in unzähligen Tweets. In den ersten Tagen danach redeten noch alle von dieser Romanze, was der Texanerin offenkundig ein bisschen Bekanntheit einbrachte. Aber es schwelte schon der Brand.

Während der männliche Teil der Romanze, der als der medium-bekannte Sportler Euan Holden identifiziert werden konnte, persönlich keine Probleme mit dem Social Media-Hype hatte, sah das für die Frau anders aus. Hartnäckige Trolle schafften es, die andere Hälfte der Romanze ausfindig zu machen und, man kann es nicht anders ausdrücken, belästigten die Frau. So schwer, dass sie ihre Social Media-Accounts löschte. Gegenüber Business Insider erklärte sie: „Ich wurde gedoxet, bloßgestellt, beleidigt und belästigt.“ Blair löschte einen Teil ihrer Tweets und entschuldigte sich für die Aktion. Das zeigt, dass wir in puncto Umgang mit Privatsphäre im Internet noch nicht sehr weit sind – und es wahrscheinlich nie sein werden.

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#Momo – Das Monster aus dem Sommerloch

Stellen Sie sich vor: Plötzlich haben Sie einen neuen Kontakt namens Momo in Ihrer Whatsapp-Liste, dieser Kontakt hat ein gruseliges Profilbild und verschickt Schock-Fotos, Beleidigungen, Nachrichten wie „Ich finde dich.“ und gruselige Kettenbriefe. Genau so etwas soll seit einigen Wochen in verschiedenen Ländern zahlreichen Leuten passieren, niemand konnte dies jedoch bisher belegen. Nur ein urbaner Mythos? Nicht ganz. Wir haben uns bei 4chan, wo das Thema zum ersten Mal auftauchte, umgesehen und können bestätigen, dass es Belege für alle Behauptungen gibt. Und die Schock-Fotos wollen sie wirklich nicht sehen. Aber was ist das?

Nun, das gruselige Profilbild stammt von einer japanischen Skulptur, die wir bewusst nicht zeigen; wer sie sehen will à hier. Irgendwelche Spaßvögel werden sich das Bild gemopst haben und machen sich einen üblen Jux mit der Neugierde der Menschen. Dass sich der Kontakt selber hinzugefügt hat, ist unwahrscheinlich. Aber er antwortet, wenn man ihn anschreibt. Und es sind drei Nummern aufgetaucht, unter denen dieses Momo-Phänomen bisher operiert hat, welche seit dem Start dieses Mysteriums die Runde machen. Bisher war dieser Spaß nicht sonderlich lustig, aber nun werden auch Selbstmord-Spiele verschickt und es gab auch schon einen Todesfall einer 12-Jährigen in Argentinien. Schauen wir mal, ob die Absender ausfindig gemacht werden können.

#HarleyDavidson – Abgefahrenes Praktikum

Die Kultmarke Harley Davidson hat einen großartigen Weg gefunden, aus einem Praktikum eine nachhaltige PR-Aktion zu machen. Ausgeschrieben wurden acht Stellen für die #FindYourFreedom-Aktion, die mittlerweile alle besetzt wurden. Der Deal: Die Social Media-Praktikanten lernen Motorrad zu fahren und dürfen das Erlernte dann direkt in die Praxis umsetzen, indem sie einen Sommer lang quer durch Amerika fahren. Im Gegenzug produzieren die Praktikanten dabei Content, den sie dann auf Facebook, Twitter, Instagram und Snapchat verteilen. Wir finden die Aktion großartig. Aber es verwundert schon, dass es lediglich 7500 Bewerber gegeben haben soll.

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#ShubnumKhan – Die berühmte Unbekannte

Heute mal ein kleines Lehrstück aus der Abteilung Stock-Fotos. Shubnum Khan ist eine südafrikanische Autorin, die mal vor Jahren an einem gratis Foto-Shooting teilgenommen hat. So weit, so gut. Das Foto landete später in einer Datenbank für Stock-Fotos. Und heute? Heute ist Shubnum Khan das Gesicht von McDonalds in China, eines Datingportals in Frankreich, einer Teppichfirma in New York und wirbt in Kanada für Immigration. Das sind nur ein paar Verwendungen ihres Stock-Fotos. Mittlerweile schicken ihr Freunde immer mal wieder neue Funde, wo ihr Gesicht aufgetaucht ist. Sie selbst verdient natürlich nichts daran, denn sie hat einen gravierenden Fehler gemacht: Sie hat das Kleingedruckte nicht gelesen.

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#Hatespeech – Sperren, löschen, mach‘ das weg

Seit dem 1. Januar gilt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, welches zu einer gesetzlich gestützten Entfernung von justiziablen Straftaten wie Verleumdung oder Volksverhetzung in den Netzwerken führen sollte. Google, Twitter und Facebook haben jetzt für das erste Halbjahr Zahlen vorgelegt. Die Zahlen sehen groß aus, sind sie aber nicht. Die Netzwerke sind nur einem relativ kleinen Teil der Anzeigen nachgekommen und lehnten den Großteil ab.

Dabei gehen die Plattformen weiter ihrer eigenen Policy nach: Twitter sperrte beispielsweise in den letzten zwei Monaten über 70 Mio. Accounts. Reporter ohne Grenzen bemängelten bei Facebook, dass dort weiterhin nach eigenen und kaum nachvollziehbaren Kriterien gelöscht wird. Als wäre das neue Gesetz ein inhaltsleeres Alibi. Eine aktuelles Beispiel für diese Willkür: Als eine texanische Zeitung kürzlich die Unabhängigkeitserklärung postete, wurde diese wegen Hatespeech gelöscht. Es wird immer deutlicher: Das eigentliche Problem sind nicht die Verfasser von üblen Beiträgen, sondern die Netzwerkbetreiber, die bei der Bekämpfung keiner logischen Linie folgen.

#Selfie – Make Swiss german again

Die aktuelle Galionsfigur der AfD, Alice Weidel, hat im letzten Monat gezeigt, wie man ein Selfie nicht machen sollte. Das verurlaubte Bild von ihr auf einem Wanderausflug garnierte sie mit dem markigen Satz „Holen wir uns unser Land zurück“. Dummerweise befand sie sich auf dem Bild aber nicht in Deutschland, sondern am Gotthard Pass. Und der liegt nunmal in der Schweiz. Dass die Eidgenossen jetzt Angst vor einer Invasion der AfD hätten, ist uns bislang nicht bekannt. Eine frische Variante der bösen Text-Bild-Schere.

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#Facebook – Erdbeben auf dem Zuckerberg

Der 25. Juli 2018 wird wohl in die Firmengeschichte Facebooks eingehen. Nachdem die präsentierten Quartalszahlen die Vorhersagen der Analysten nicht bestätigen konnten, straften die Börsen das Netzwerk bitterböse ab. In Zahlen heißt das: Aktionäre haben Papiere im Wert von $ 100 Mrd. abgestoßen und auch Mark Zuckerberg persönlich hat $ 17 Mrd. verloren. Na ja, er hat ja noch $ 70 Mrd., reicht also noch für drei warme Malzeiten am Tag. Das ist ein Einbruch, wie man ihn zuletzt beim platzen der Dotcom-Blase gesehen hat. Dass Facebook nun die Nutzer wegliefen, ist vielleicht etwas zu dramatisch ausgedrückt. Aber die Turbulenzen der letzten zwei Jahre hinterlassen ihre Spuren. Und das offensichtlich auch mit Verzögerung.

#PSBattle – Reddits Galerie der Verfremdungen

Reddit ist nicht nur ein Ort ungebremster Hatespeech und Sexismus (s.o.). Es ist auch der Ort wo vieles passiert, was das Internet schön macht. Beispielsweise die legendären Photoshop-Battles, wo sich Nutzer einer Vorgabe annehmen und dann zeigen, was die Bildbearbeitung hergibt. Das Netzwerk hat nun die besten Bilder aus 2017 veröffentlicht. Wir empfehlen einen Besuch der Ergebnisseite (hier).

reddit ps_battle juli

Artikelbild: Dieterich01 (CC0)

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