The same procedure as every year: Wenn sich die Blätter herbstlich verfärben, bricht auch die turnusmäßige Nachrichtensaison für das Content Marketing an. Erfreulicherweise hat die Debatte mittlerweile den Weg vom hysterischen Buzzword-Rodeo zur sachlichen Qualitätsexpertise geschaft. Doch dieses Jahr ist etwas anders: Die Ausgaben für Content Marketing steigen. Und im gleichen Kontext wird über den Tod der traditionellen Online-Werbung geredet. Zeit für uns, kurz Anker zu werfen, die Perspektiven zu beleuchten und das knappest mögliche Roundup in Sachen Content-Marketing zu servieren.

Nein, ein Geheimtipp ist das Marketing um König Content schon lange nicht mehr. Einem Geheimtipp würde nicht so offen vertraut werden: Laut der aktuellen Erhebung CM-Entscheider-Studie 2015 von the-digital und dem Marktforscher facit research, sollen die Budgetmittel für Content Marketing (CM) in naher Zukunft um mehr als 80 Prozent steigen. Welche Gründe dahinter stecken, was das für andere Kommunikationsformen bedeuten kann und was man über die Umsetzung wissen sollte, werden wir in unserem kleinen Zweiteiler näher beleuchten. Aber beginnen wir das Buch nicht in der Mitte, sondern beim ersten Kapitel.

Ein alter Bekannter

Ein neuer Hype war Content Marketing nie wirklich – wir kennen es nur nicht unter diesem Namen. Dieser kurze Clip zeigt im Parforceritt durch die Werbegeschichte, woher uns Content Marketing eigentlich schon seit jeher bekannt sein sollte.

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Leider reicht es nicht, ein paar Beispiele vorzuführen und dann zu erklären: Voilà, das ist Content Marketing. Wir haben zwar die Phase gehypter Buzzwords hinter uns gelassen, aber dafür streiten sich verdiente Experten der Materie immer wieder über Sinn und Unsinn verschiedenster Details. Ganz zu schweigen von all den Fachleuten, die – nur dem Trend zu Liebe – alles als CM zu verkaufen versuchen, was sich nicht schnell genug in eine feste Schublade retten kann. So kommen wir nicht weiter, also versuchen wir es step by step und analytisch.

Info_iconWas ist Content Marketing? Was ist es nicht?

Fangen wir damit an, was es nicht ist: Es ist keine Produktwerbung, enthält keine konkreten Angebote und dient nicht vorrangig der Absatzsteigerung. Denn kurzfristige Erfolge sind zwar nicht ausgeschlossen, stellen aber nicht die Primärziele des CM dar. Langfristige Kundenbindung, das Schärfen eines bestimmten Profils oder der Aufbau von Markenwerten, stehen im Focus der Vermarktung von Inhalten.

Joe Pulizzi, sozusagen der Erfinder des Hypes, definiert den Plan des Content Marketings: Anstatt das Publikum mit uninteressanter Werbung abzulenken, kreieren wir konsistenten, wertvollen, fesselnden und relevanten Content und bauen uns so ein treues Publikum, um neue Kunden zu gewinnen.

Machen wir den Versuch einer eigenen, abstrakteren Definition, welche wir danach mit Leben füllen:

Content Marketing ist die organisierte Produktion und gezielte Verbreitung von strategisch orientierten (Informations-)Mehrwerten, welche nicht vordergründig dem Absatz eines Produktes dienen.

Noch weiter reduziert, zeigt diese Definition die drei Säulen, welche modernes CM tragen: Der richtige Inhalt, eine adäquat organisierte Produktion dieser Inhalte und eine intelligente Publikationsform, diese zu verbreiten und zugänglich zu machen. Natürlich ist jede dieser Säulen noch weiter differenzierbar und hat Stufen der Vor- und Nachbereitung (Planung, Monitoring, Erfolgsmessung, etc.). Diese Bestandteile sind jedoch stärker operativ und im Kontext des Projektablaufs verortet – wir gehen im zweiten Teil darauf ein.

Alter Wein in neuen Schläuchen – und das ist auch gut so

Alle drei Elemente (Content – Produktion – Publikation) sind auch schon vor 100 Jahren essentiell gewesen. Aber warum reden wir ausgerechnet jetzt vom CM, wenn uns diese Werbeform doch äußerst vertraut sein sollte (s.Clip)? In fünf Worten: Die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation. Die Erreichbarkeit, Sortierbarkeit und Vernetzung von Kunden, so wie die Kontrollierbarkeit der Informationswege und die Messbarkeit der Arbeit.

Inforgrafik – Quelle: fathomevents

Aber der wichtigste Grund steckt in den Formaten und Strukturen, die sich nicht zuletzt durch die Sozialen Medien entwickelt haben: Das Verbinden von Text, Audio, Bild und Video erlaubt Erzählformen, die vorher so nicht möglich waren. Und das begünstigt den Kern des Content Marketings: Geschichten erzählen! Oder im branchenüblichen Neudeutsch: Storytelling.

Erzähl eine Geschichte

Das Storytelling wird meist als das Herzstück des Content Marketings beschrieben. Die Story ist nicht bloßes Werkzeug. Sie bildet den Rahmen der Inhalte, die man verbreiten will, und soll natürlich auch die Wahrnehmung beim Rezipienten beeinflussen.

Aber es sind nicht nur die Storys, die unsere Informationen verbreiten. Die Agenda der Themen, die Art wie wir Geschichten erzählen und der Weg, diese Geschichten zu verbreiten, müssen konsistent ineinander passen. Was wir wie sagen und was wir wie tun, sollte definieren, wie wir wahrgenommen werden wollen.

Mit dem Wie und dem Was sind abschließend noch zwei wichtige Stichworte gegeben, die einem Missverständnis vorbeugen sollen: Storytelling ist nicht gleich Content Marketing. Unterhaltende, berührende oder fesselnde Inhalte sind gut, aber nur die halbe Miete. Im Vordergrund steht immer der Inhalt – egal ob in Text-, Bild-, Audio- oder Videoform. Und dieser richtet sich nach der Strategie, die vorher Sinn, Zweck und Marschrichtung der eigenen CM-Maßnahmen festlegt.

Das Licht im Dunkeln?

Ist das Content Marketing nun ein Retter in der Not? Glaubt man den kritischen Stimmen, steckt die Online-Werbung in einem tiefen Jammertal: Nicht nur Ad-Blocker machen der Displaywerbung zu schaffen. Die Sichtbarkeit von Online-Werbung steht generell in Frage. Nicht nur die Kunden von Ashley Madison flirteten mit imaginären Frauen – hinter vielen Impressions verbergen sich auch keine Menschen: Agenturen verkaufen wissentlich Bot-Traffic, Publisher kaufen wissentlich den Bot-Traffic, beide verdienen an den Ad Impressions – nur nicht der Kunde, der für die Impressions zahlt. Das harte Verdikt: Die Online-Werbung sei tot.

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The Furrow des Landmaschinen-herrschstelllers John Deere gilt als Startschuß des Content-Marketings. Das Fachmagazin für Landwirte wird  heute noch in einer Auflage von über 500.000 Exemplaren weltweit publiziert.

Der Blick auf die Prognosen für Werbeausgaben, kann diese Krise nicht bestätigen: Die größten Posten werden weiterhin von Banner-Werbung und Suchmaschinenoptimierung besetzt. Das muss aber nicht zwingend mit dem Vertrauen der Kunden begründet sein – Ratlosigkeit und eine geglaubte Alternativlosigkeit hemmen ebenso den Fortschritt, Neues zu probieren.

Fakt ist aber auch, dass nachweislich bereits ein Umdenken eingesetzt hat: Laut der Entscheider Studie von the-digital werden für Content Marketing-Maßnahmen überwiegend neue Budgetmittel bereitgestellt, gehen also nicht zulasten anderer Maßnahmen. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen wollten im Zuge dessen auch das technische und redaktionelle Know-How im eigenen Haus steigern. Welche Erwartungen, speziell auch hinsichtlich des Revenue, an die Vermarktung von König Content geknüpft werden dürfen, klären wir noch im zweiten Teil. Klar ist aber bereits jetzt, dass nicht mehr zur Debatte steht, ob CM betrieben werden soll, sondern das Kundeninteresse sich weiter in Richtung Umsetzung entwickeln wird.

Zwischenfazit

Wo viel Euphorie, da auch viel Skepsis. Und das ist auch nicht falsch. Gerade der historische Rückblick hat gezeigt, dass dieser Ansatz auch ohne den Begriff Content Marketing seit mehr als 100 Jahren, und vermutlich schon viel länger, verfolgt wird. Unter Corporate Publishing haben früher schon Tankstellenketten do-it-yourself-Ratgeber und Lebensmittelhersteller Kochbücher veröffentlicht. Und man ist auch schon in der Vergangenheit darauf gekommen, den Kunden nur so gut zu informieren, dass er Argumente für den Kauf eines Produktes bekommt.

Aber Content Marketing tut etwas anderes, das vielleicht gerade jetzt sehr wichtig ist: Es gibt dem Chaos der unzähligen Möglichkeiten digitaler Kommunikation eine Struktur und definiert die Funktionalität von Optionen. Es erfüllt somit auch eine Ordnungsfunktion, die eigene Kommunikationsarbeit in einem größeren Kontext zu verstehen. Und somit dient Content Marketing ebenso der Effizienzsteigerung aller Online-Maßnahmen, welche für sich betrachtet zwar erfolgreich sein können, dem größeren Ganzen jedoch nicht messbar weiterhelfen.

 

 >>zum 2. Teil: Content Marketing #2 – Des Königs fleißige Helfer<<

 

Artikelbild: socialmediakonzepte.de

The Furrow-Scan:elcromaticom (flickr / Nutzungsbedingungen)

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