So populär und modern QR-Codes vor einigen Jahren auch wurden, die Skepsis um deren Lebensdauer war mindestens so groß wie die inflationäre Benutzung der Krisselgrafiken. Nun, Jahre später, müssen wir feststellen: Sie leben noch und erfreuen sich einer vitalen Existenz. Trotzdem sehen wir immer noch fundamentale Fehler in vielen Anwendungen. Grund genug, den Status-Quo noch einmal aufzurollen und ein paar Tipps für die sinnvolle Verwendung zu geben.
Es ist keine Raketenwissenschaft – QR-Codes (Quick Response) sind eine praktische Möglichkeit, Informationen grafisch zu kodieren und somit in die Offline-Welt zu exportieren. Dort fungieren sie als Anschlussoption zur Online-Welt. Oder einfacher: Mit dem QR gehts von der Hauswand aus direkt ins Internet.
Warum QR-Codes? | Ganz einfach: Sie können lange Zeichenabfolgen grafisch kodieren und sparen somit durch das einfache Einscannen viel Tipperei. |
Welche Tipperei? | In einem QR können Sie folgende Informationen verschlüsseln: |
Telefonnummern SMS Links (URL) Multi URLs (zeit- und ortsabhängige Links) Texte vCards mit Namen, Telefonnummern und Email-Adresse pdfs, mp3s und andere Dateien Social Buttons (z.B. Facebook-Like) App-Stores Geolocations Events WiFi-Zugänge inkl. Passwort plus verschiedener anderer Optionen (abhängig vom Anbieter) |
Praktische Ideen – kreative Ansätze
Wir haben gar nicht genug Platz, alle Erfolgsstorys der QR-Codes zu zeigen. Eine simple Google-Recherche bringt Sie zu zahlreichen interessanten Geschichten. Ein paar sehr unterschiedliche Beispiele sollen das Spektrum verdeutlichen.
Die Rettungskarte – Einige Automobil-Hersteller liefern bereits Modelle mit aufgeklebtem QR-Code aus. Bei Unfällen können Rettungskräfte diesen QR-Code eincannen und bekommen sofort alle nötigen, technischen Informationen, um Insassen schnell zu befreien, wo ggf. Metallscheren anzusetzen sind, wo Gefahren liegen, etc. . Die Rettungskarte selbst wurde vom ADAC entwickelt.
The VivoCity Codeys: bringing QR codes to life for the GSS from Dog Digital on Vimeo.
Tanzende Codes – Die VivoCity Mall in Singapur engagierte ein paar lebensgroße, bunte QR-Codes, welche die Kunden animieren sollte, den Code zu scannen, um an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Zu dem Zweck mussten die Kunden auch die Facebook-Seite liken. Ergebnis: Die Fan-Zahl wurde um 73% gesteigert, ein drittel der neuen Fans kam über das FB-Advertising und es gab sogar einen Preis dafür.
QR-Payment – Sie bezahlen eine Leistung online und bekommen als Kaufbestätigung eine MMS mit einem QR-Code geschickt. Der wird dann beispielsweise an der Kasse, oder wo der Kauf nachgewiesen werden muss, direkt vom Display Ihres Mobilgerätes abgescannt und das wars. Das ganze funktioniert bereits exzellent in Kinos, Museen und Vergnügungsparks. Das Plus: Sie sparen sich das Schlangestehen an der Kasse.
Red Envelope – In China ist es Tradition, zum Neujahrsfest rote Umschläge (red envelopes) mit kleineren Geldbeträgen zu verschenken. Der chinesische Handelskonzern Alibaba bietet seinen AliPay-Kunden (vergleichbar mit PayPal) die Möglichkeit, diese Tradition digital fortzusetzen: Für eine Überweisung wird ein QR-Code generiert, über welchen ein Empfänger den Geldtransfer initiieren kann. Der QR-Umschlag kann im Wallet gespeichert werden und wird von einigen Shops sogar, ohne Einlösung, als Gutschein akzeptiert.
Don’t kill Kittens
Als sich E-Marketing-Guru Scott Stratten über schlecht durchdachte Anwendungen von QR-Codes aufregte, appellierte er zur Verdeutlichung an sein Publikum: „Jedes Mal, wenn ein QR-Code unangemessen und unüberlegt verwendet wird, stribt ein Kätzchen. Halten Sie sich das vor Augen.“
Leider „sterben“ immer noch täglich Kätzchen. Meist sind es aber nur Kleinigkeiten in der Prozesskette, die den ausschlaggebenden Fehler markieren. Zwei Beispiele, die uns über den Weg gelaufen sind, können diese Defizite verdeutlichen.
Beispiel 1 – Code zu klein und schwer erreichbar
Bei diesem Wahlplakat der SPD befindet sich der QR-Code in einer unteren Ecke und führt zu einer Seite, welche kurz und bequem auf den jeweiligen Slogan des Plakats eingeht und zusätzliche Informationen liefert. Simpel aber richtig durchdacht.
Leider ist der Code 1. sehr klein (ungefähr 7×7 cm), 2. sehr stark kodiert (feinpixelig, krisselig) und hängt zu weit oben. Beim Plakatieren hat man nämlich auf diese Kleinigkeit nicht geachtet. Somit hängt der Code in ca. 2,30m Höhe und wird somit nur umständlich einzuscannen sein.
Neben den offensichtlichen Mankos, findet sich hier ein gängiger Fehler: Die Grafik stellt eine Kodierung von Zeichen (Buchstaben, Zahlen, Satzzeichen) dar. Folglich sollte man darauf achten, nicht ellenlange Links oder Texte einzufügen, sondern Kurz-URLs zu verwenden, sonst wird der Code zu feinpixelig. Die meisten QR-Generator bieten dies sogar automatisch an. Bedenken Sie: Die Kamera unseres Smartphones muss auch eine physikalische Chance haben, den Code einzuscannen. Bei solch einem Mäusekino dürfte das kaum möglich sein.
Beispiel 2 – Code im TV, nur bedingt scanbar
Genau dieses Defizit fällt auf elektronischen Oberflächen noch mehr ins Gewicht. Als wir dieses Beispiel bei Pro7 sahen, konnten wir nicht wiederstehen: Am HD-Fernseher hat es mehrere Versuche gebraucht und man muss zum Gerät gehen; am Computer-Bildschirm klappte es erst nach entschieden mehr Versuchen. Erschwert wurde das Unterfangen durch die Tatsache, dass sich der Code mit einem kleinen Logo abwechselte, weshalb man nach dem ersten Versuch erst mal warten musste. Der Code führt dann zu einer Promo-Oberfläche, welche viel Text beinhaltet und ein Video, welches allerdings nur zu einer Video-Galerie führt.
Der Code aus der Service-Sendung der ARD war von der Couch aus einscanbar und führte dann zu genau dem Rezept, welches gerade zubereitet wurde. Die Zielseite war responsive und hatte, im Gegensatz zur Pro7-Seite, eine sehr kurze Ladezeit. Kurz, knapp, simple – alles richtig gemacht.
Die Checkliste – Logik vor Aktionismus
Wie bereits eingangs geschrieben, ist es keine Raketenwissenschaft. Wenn man einige Faustregeln beachtet, sollte nichts passieren. Hier noch einmal in der Übersicht die wichtigsten Punkte.
Wo platzieren | In einer U-Bahn-Station, im Flugzeug oder Flughafen, wo vermutlich nur lokales WiFi verfügbar ist, oder im U-Boot (?) macht ein QR-Code keinen Sinn – Sie HABEN KEINEN EMPFANG. |
Ebenso macht es keinen Sinn, den Code in Mails zu platzieren, denn dort kann und soll er nicht gescannt werden – wozu auch: In Mails kann ich (Deep)Links einfügen. | |
Wenn Sie den Code an Autobahnen, auf dem Dach von Hochhäusern oder in 20m Höhe platzieren möchten, versichern Sie sich, dass der Code mind. 50x50m misst – anderenfalls haben Sie physikalisch keine Chance, den Burschen zu scannen. | |
Zielgerät | Sichern Sie ab, dass das Ziel des QR-Codes auch Sinn macht – und zwar für eine mobile Einheit und NICHT für einen Standrechner oder ein Laptop. Beachten Sie also auch, welche praktischen Möglichkeiten Sie mobil haben. |
Workflow | Spielen Sie bei der Konzeption durch, wie der Code in der Praxis genutzt werden soll. Messen und protokollieren Sie Ihre Operationen, vom Herausnehmen des Gerätes bis hin zu den Aktionen, die dann am Ziel des Links erfolgen sollen. Variieren Sie die Faktoren, um so viele potentielle Glitches wie möglich auszumerzen. |
Kurz-URL | Versuchen Sie immer, so wenige Zeichen wie möglich zu nutzen, denn: Je mehr Zeichen kodiert werden müssen, desto pixeliger wird die Grafik. Und damit wird der Scan-Prozess schwieriger. Der einfachste Weg geht über eine Kurz-URL. Falls Ihr Generator es zulässt, konfigurieren Sie Fehlertoleranzen. |
Ausgaben | Als QR-Codes noch neu waren, gab es Kunden, welche bis zu 10.000 Euro für die Erstellung eines Codes bezahlten. Zahlen Sie nicht für den Code, sondern für die Konzeption. |
Geben Sie das Geld für eine Agentur aus, welche Erfahrungen und Praxiswissen besitzt, Kommunikationsbesonderheiten kennt, Projekte managen kann, Ideen und Kreativität mitbringt und vor allem weiß, wie man Kätzchen rettet. | |
Ein Code sollte die Zeit kosten, welche der Erstellung bedarf – und das sollte keine 10.000 Euro wert sein. |
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