In einer Welt, in der Präsidenten offiziell über Twitter kommunizieren und nichts so alt ist, wie das Posting von heute morgen, bleibt nicht viel Raum für die vielen schönen und interessanten Dinge der Sozialen Medien. Zum Glück gibt es uns und wir richten das Spotlight gerne noch einmal auf Nachrichten und Geschichten aus der zweiten Reihe. Und was es da im Mai nicht alles gab: Glitzernde Dekolletés, Katzen auf Klavieren, peinliche Kampagnen-Fails und Kuchen für Trolle. Also, Popcorn rausholen und gute Unterhaltung: Der Mai.

#Ransomware – wannaCry und der Not-Aus-Schalter

wannaCry
So sieht es aus, wenn man von wannaCry überrascht wird. Quelle: Screenshot

Im Mai wurden ungefähr 230.000 Rechner in über 150 Ländern von der neuen Version einer altbekannten Ransomware (Erpressungsmalware) heimgesucht. Dabei war es nahezu amüsant, wie kundenfreundlich die Erpresser der wannaCry-Malware versicherten, dass sie auch ganz bestimmt wieder alles entschlüsseln, wenn man erstmal gezahlt hat. Sicherheitsexperten konnten den Schurken dann aber zunächst den Wind aus den Segeln nehmen. Denn sie haben innerhalb des Programms eine Art Not-Aus-Schalter gefunden, womit wannaCry erstmal unschädlich gemacht wurde.

Für die Erpresser war damit die Messe noch nicht gelesen und so versuchten sie nun mittels einer DDoS-Attacke, den genannten Not-Aus-Schalter wieder umzulegen. Das bedeutet für die Zukunft, nur weil eine Malware erfolgreich unschädlich gemacht wurde heißt das nicht, dass man die Programme nicht wieder „scharf“ stellen kann. Und aktuell sieht es so aus, als hätten sie das sogar geschafft. Erbeutet haben die Erpresser übrigens gerade mal 93.000 €, was bei 300 $ Lösegeld ungefähr den Zahlungen von rund 300 Opfern entspricht – kein großer Erfolg. Der Fall hat allerdings auch noch weitere Sprengkraft, denn er zeigt, dass die Malware eben nicht aus dem immer von den USA beschuldigten China stammt. WannaCry soll eine „Cyber-Waffe“ nutzen, EternalBlue, die von der NSA entwickelt und eingesetzt wurde. Und die wurde offensichtlich von Hackern geklaut. Aktuell sollen die Fäden in Nordkorea zusammenlaufen. Da kommt noch was auf uns zu.

#glittertits – Spektakuläre Dekolletés

Kleiner Disclaimer: Das ist nicht unser Vokabular – dieser Trend heißt wirklich so. Unter den Hashtags #glittertits, #discotits oder #glitterboobs macht sich seit kurzer Zeit ein Hype breit, der es sogar auf das prüde Facebook geschafft hat. Junge Frauen schmücken ihre Torsi mit allem möglichen Glitzerkram. Manche sehen danach aus wie außerirdische Meerjungfrauen, andere wie lebendige Discokugeln. Und jetzt kommt’s: Dieses „Styling“ soll der neue Festival-Trend für 2017 werden. Geboren wurde das glitzernde Phänomen anscheinend im April auf dem Chochella Festival. Aber man muss das wohl etwas differenzieren: Auf dem Wacken-Festival dürfte so ein Outfit eher eine Rarität bleiben.

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#Rela – Moralisten und Moneten

China ist um eine Dating-App ärmer. Was Tinder für heterosexuelle Aufreißer ist und Grindr für schwule Datingkunden, war Rela für die lesbische Community in China. Und die wurde über Nacht einfach abgeschaltet. Nun klingt es einfach zu sagen, dass das bei einem Staatssystem wie China nicht verwundern sollte, aber so einfach ist es nicht. Denn die App konnte immerhin auf eine problemfrei fünfjährige Karriere mit über 5 Mio. registrierten Nutzern zurückblicken. Ausschlaggebend für die Abschaltung über Nacht soll die Unterstützung chinesischer Mütter gewesen sein, die auf einem Heiratsmarkt Aufklärungsarbeit für ihre Töchter leisten wollten.

Nun muss man erklären: Homosexualität stößt in China zwar nicht auf viel Verständnis, ist aber nicht verboten. Pornografie dagegen schon. Also erklärt man bestimmte Inhalte von gleichgeschlechtlichen Medienangeboten für pornografisch, auch wenn sie es nicht sind, und schon hat man einen Streitfall. Aber weil auch chinesische Machthaber nicht mehr trotzig die Augen vor gesellschaftlichen Entwicklungen verschließen, ist das Ganze nicht unproblematisch, denn Apps für ein homosexuelles Publikum boomen in China seit einigen Jahren. Und da ist Geld drin, weshalb andere gleichgeschlechtliche Medienangebote sogar von halbstaatlichen Einrichtungen subventioniert werden. Falls diese Methoden national-erzieherischen Charakter haben sollen, dann ist das wohl ziemlich gescheitert. Denn das Fehlen der App wird in den Sozialen Kanälen Chinas durchaus betrauert und diskutiert. Wohl nicht das Letzte, was wir in Sachen Marktsteuerung aus dem Reich der Mitte hören werden.

#FarCry – Larmoyante Wutbürger

Die aktuelle politische Atmosphäre in den USA treibt merkwürdige Blüten. Die französische Games-Schmiede UbiSoft arbeitet gerade am fünften Teil ihrer FarCry-Reihe. Darin bekämpft man als Sheriff eine militante, rechtsextreme, christliche Sekte. Leider kein fiktives Szenario. And here we go: Eine Petition auf Change.org bezeichnet das Spiel als un-amerikanisch und fordert larmoyant, doch keine Amerikaner und Christen als Bösewichte zu zeigen, sondern Muslime und Islamisten. Oder man solle zumindest den christlichen Terroristen ein paar „Schwarze oder Mexikaner“ beimischen. Und UbiSoft sollten doch mit ihren Multi-Kulti-Kampagnen aufhören. Die Petition ist so dämlich, dass recht schnell vermutet wurde, es handle sich um einen 4chan-Prank. Der Ausrichter selbst dementiert dies vehement. Immerhin, die Petition konnte rund 2.200 von 2.500 benötigten Stimmen sammeln, was keine Kunst sein sollte – ist halt ein großes Land. Realistisch gesehen haben solche Petitionen natürlich keine Wirkkraft. Wer sich einen Eindruck vom Corpus Delicti verschaffen möchte – hier der Trailer.

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#periodemoji  – Emojis gegen das Tabu

Emojis sind für die digitale Kommunikation ein wichtiges Ausdrucksmittel. Da sollte man doch die Möglichkeit haben, alles mit Bildchen auszudrücken. Gilt das auch für, sagen wir mal, die Monatsblutung der Frau? Die Kinderhilfsorganisation Plan International meint Ja – und sie haben recht! Der tiefere Sinn einer Kampagne, die sich für ein Perioden-Emoji auf der internationalen Tastatur einsetzt, soll der Tabubruch sein. Und dieser Tabubruch ist nötig. Unglaublich, aber Frauen und Mädchen werden weltweit immer noch für ihre Menstruation mindergeschätzt, diskriminiert und geächtet. Die Idee, mit dem Etablieren eines internationalen Emojis mehr Präsenz für ein Thema zu erreichen, ist nicht abwegig. Knapp 55.000 Nutzer stimmten für eines unter fünf verschiedenen Emoji-Vorschlägen ab. Gewonnen hat das Höschen mit den roten Tröpfchen. Der nächste Schritt ist, dem Unicode-Konsortium nun den Vorschlag vorzulegen. Was dann passiert – wir bleiben dran.

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#walkerswave – Traue keinem User

Es passiert immer wieder. Man will die Kunden in eine virale Kampagne einbeziehen und es geht schwer nach hinten los: „Machen Sie ein Selfie und fügen dem Tweet den Hashtag #walkerswave hinzu. Das Selfie wird dann automatisch in ein Video integriert, in welchem Kickerlegende Gary Lineker Ihr Portrait im Station schwenkt.“ Na? Was könnte da schiefgehen? Richtig. Die Aktion wurde zum Troll-Festival: User luden Bilder von Serienmördern, Kinderschändern und Despoten hoch. Dumm, dass diese Videos direkt am Endspielstadion von Cardiff gescreent wurden. Der Reinfall erinnerte uns promt an das Fastergraph-Debakel von Puma. Social-Media-Kampagnen, die über automatisierte Verarbeitungen von User Generated Content funktionieren – ganz sensibles Thema.

#facebook – Sprachliche Hass-Barriere

Man kann das Zuckerberg-Portal in rund 100 verschiedenen Spracheinstellungen betreiben. Das heißt nicht, dass Facebook auch in allen Sprachen gleich gut ist. Ein kleiner Blick in einen versteckten Winkel der digitalen Welt: In Myanmar, ehemals Burma, erfreut sich das Soziale Netzwerk steigender Beliebtheit. Allerdings bekommen es Facebooks Moderatoren nicht hin, Hate-Speech gegen Minderheiten zu unterbinden. Die muslimische Volksgruppe der Rohingya gilt, laut den Vereinten Nationen, als meist verfolgte Minderheit der Welt und wird in Myanmar bis zum Völkermord bekämpft. Und diese Volksgruppe wird nicht nur von Politik und Militär bekämpft. Der digitale Hassfeldzug wird in weiten Teilen auch vom Volk mitgetragen. Facebook will das zurecht nicht zulassen, scheitert aber leider oftmals an den Finessen der Sprache. KIs und Bots sollen zwar durch Self-Teaching den Moderatoren helfen, heikle Inhalte zu finden. Sie sind aber offensichtlich überfordert, weshalb auch schon mal völlig harmlose Postings als Hate-Speech klassifiziert werden. Der große Markt, den Facebook noch nicht erobert hat, sind Länder der dritten Welt, welche erst nach und nach ins globale Dorf namens Internet einziehen. Wir sehen also, die fortlaufende Erschließung neuer Märkte wird weiterhin ein Kraftakt – und das scheitert oftmals bereits an der Sprache.

#USBombe – Bastler des Schreckens

Berlin: In einem geparkten Wagen entdecken Passanten einen Benzinkanister und ein auffälliges technisches Gebilde. Als die Polizei von skeptischen Bürgern benachrichtigt wurde, stellte sich heraus, dass die Kennzeichen als gestohlen gemeldet wurden. Terroralarm! Ein ferngesteuerter Roboter schaute sich die Gefahr näher an und es stellte sich heraus: falscher Alarm. Das verdächtige Gerät entpuppte sich als selbstgebastelte USB-Ladestation. Auf Twitter entbrannte daraufhin die Debatte, ob solch eine Reaktion nicht etwas paranoid sei. Zugegeben, schön ist die Bastelarbeit nicht und wenn man Bomben nur aus Hollywood-Filmen kennt, könnte man Schlimmstes vermuten. Besser einmal zu oft ausgerückt, als einen erfolgreichen Terroranschlag in Kauf zu nehmen. Aber trotzdem: Man sollte aufpassen, welche technischen Geräte man offen im Wagen rumliegen lässt – es könnte falsch verstanden werden.

#TrollCake – Kuchen für Trolle

Wie heißt die goldene Regel so schön: Don’t feed the troll. Die New Yorker Hobby-Bäckerin Kat Thek macht mit ihrem Business Troll Cakes Bakery & Detective Agency genau das Gegenteil: Sie schickt Trollen Kuchen. Als sie einen respektlosen Kommentar auf der Facebook-Seite der Countrylegende Dolly Parton las, fragte sie sich: „Wer schreibt solche Kommentare?“ Thek nahm dies zum Anlass, die Person ausfindig zu machen und ihr einen Kuchen garniert mit dem trolligen Kommentar in Zuckerguß zu schicken. Sie dachte, das sei die kreativste Art, den Troll seinen eigenen Kommentar essen zu lassen – was in den USA eine Redensart zu sein scheint.

Mittlerweile brummt ihr Backofen, denn zahlreiche Kunden wollen genau das Gleiche machen. Man schicke ihr die Adresse des Trolls und seinen Kommentar. Für 35 $ bekommt der unflätige Kommentator dann einen entsprechend verzierten Kuchen. Für einen Aufpreis macht sie auch noch die Adresse ausfindig, sollte diese dem Leidtragenden nicht bekannt sein. Die Kuchenlieferung soll besonders lustig sein, wenn der Kuchen an Geschäftsadressen gehe und die Trolle in Erklärungsnöte geraten. Es gibt auch einen „Tiny Hands“-Service. Dafür verziehrt Thek den Kuchen mit Tweets von Donald Trump und schickt das Backwerk dann ans Weiße Haus. Was dort mit den ganzen Kuchen passiert – wir haben da so eine Ahnung.

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#sarperduman – Musikalische Streicheleinheiten

Und zum versöhnlichen Ende: Wir haben da einen tollen Instagram-Account für Katzenliebhaber. Der türkische Pianist Sarper Duman hat mittlerweile neun Katzen verletzt von der Strasse gerettet, gesund gepflegt und bei sich aufgenommen. Und als besonderen Bonus spielt er ihnen jeden Abend etwas vor. Die Katzen sind offensichtlich ein dankbares Publikum. Wer also eine Überdosis an putzigen Kätzchen auf einem Klavier gebrauchen kann, der gehe auf seinen Account.

Artikelbild: Pexels (CC0)

Blog Monatsrückblick Netzwelt

One reply to “Glitzernde Dekolletés und Kuchen für Trolle – Monatsrückblick Mai”

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