Willkommen in der überwiegend facebookfreien Zone. Das Netzwerk und sein nicht ganz neuer Skandal um Cambridge Analytica hat über weite Strecken die Nachrichtenlage im März dominiert. Dabei sind viele Meldungen etwas untergegangen. Was Sie verpasst haben? Ein Messageboard, das Hass in Wohltätigkeit wandelte. Ein Handwerker, der die Wirksamkeit viralen Recruitings bewies. Oder auch den Presserat, der dubiose Praktiken der Polizei im Netz thematisierte. Es lohnt sich. Also nochmal Kaffee nachschänken und Füße hoch. Gute Unterhaltung, der März.

#Microsoft – Schau, wer horcht von draußen rein

Ab dem 1. Mai gelten für alle Microsoft Produktnutzungen neue Bedingungen. Das wäre nicht weiter der Rede wert, hätte sich der Konzern für seine Dienste wie Xbox live, Skype, Cortana oder auch Office 365 nicht eine neue Benimmregel auf die Fahnen geschrieben:

Don’t publicly display or use the Services to share inappropriate content or material (involving, for example, nudity, bestiality, pornography, offensive language, graphic violence, or criminal activity). [3. Code of Conduct, a, iv]

Wer heftig flucht oder beleidigt, muss mit Verwarnungen und sogar Sperren rechnen. Schon merkwürdig: Jede denkbare Form menschenverachtender Gewalt ist in Spielen wie GTA möglich. Aber wenn sich der Nutzer inmitten der blutigen Szenarien daneben benimmt, kommt die Moralkeule. Und noch merkwürdiger wird es, wenn Microsoft dann bei Skype mithorcht. Ob das überhaupt datenschutzrechtlich einwandfrei ist, bezweifeln wir. Weitere Dispute sind vorprogrammiert.

#Bitcoin – Einmal verständlich erklärt

Die virtuelle Währung war in den letzten Monaten in allen Medien überpräsent. Und wie das so mit Menschen und ihrer natürlichen Veranlagung zur Gier ist, erfreuen sich Bitcoins immer noch eines gesteigerten Interesses. Im März hat sich der Comedian John Oliver des Themas angenommen und Kryptowährungen einmal sehr kritisch beleuchtet. Sein Beitrag hat die ganz große Runde gemacht, denn offensichtlich spricht er damit vielen echten Kennern aus der Seele. Wer es nicht gesehen hat, dem legen wir diesen 25-minütigen Beitrag wärmstens ans Herz. Cryptocurrencies: Everything you don’t understand about money, combined with everything you don’t understand about computers.

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#Twitter – Was nicht passt, wird passend gemacht

Ein kleines Lehrstück, wie unangenehm die Realität sein kann. Da wollte die AfD wissen, ob der Islam zu Deutschland gehöre. Und 83 Prozent der Twitter-Votes meinten: Ja. Da das nicht das erwartete Ergebnis war, verschwand der Tweet schnell wieder. Und weil wir doch wissen, dass das Internet alles sieht und sich so etwas rächt, hat natürlich jemand einen Screenshot gemacht. Man könnte etwas daraus lernen, was man eh schon wissen sollte.

#Presserat – Polizei vs Journalisten

Wie demokratiefeindlich ist die Polizei eigentlich? Genauer gefragt, ihre praktizierte Kommunikation. Im März meldete sich Manfred Protze, Sprecher des Presserats (hier im Video von Daniel Bouhs), mit einer wichtigen Beobachtung zu Wort. Polizeidienststellen sind mit ihrer heutigen Praxis, über soziale Medien direkt zum Bürger zu sprechen, schleichend in offene Konkurrenz zu Journalisten getreten. Und da unsere uniformierten „Freunde und Helfer“ natürlich nach anderen ethischen Standards publizieren, ernten Journalisten dann oftmals Anfeindungen wie „Lügenpresse“. Netzpolitik.org hat das aufgegriffen und die Thematik etwas weiter ausgebreitet. Die Polizei findet offensichtlich Gefallen am Social Publishing. Natürlich sind beispielsweise Tweets der #Wiesenwache witzig, aber eben auch wenig sachlich. Ein Thema, das langsam mal auf einem etwas größeren Tisch behandelt werden sollte.

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#Digitalisierung – Doro will fliegen

Seit Anfang März können wir endlich Habemus Regierung sagen. Wie beim letzten Mal, fallen Fragen der Digitalisierung in den Ressort-Schoß eines CSU-Ministers. In diesem Fall Ministerin, namentlich Dorothee Bär, die sogar als erste Digitalministerin in die Geschichte eingehen wird. Wir digitalen Arbeiter wissen, dass gerade die Infrastruktur, sprich der Breitbandausbau, das zentrale politische Thema der Digitalisierung sein sollte. Vor allem, weil Deutschland sowohl im europäischen wie auch im internationalen Vergleich hinterher hinkt. Herr Dobrinth hat viel versprochen, nichts gehalten, und da setzt Frau Bär gleich an. Statt dem Breitbandausbau wäre ihr beispielsweise ein autonomes Flugtaxi sehr wichtig. Damit hat sie sich schon mal das erste #Neuland-Denkmal gesetzt. Und wenn das so weiter geht, wird ihre Amtszeit noch sehr unterhaltsam.

#KrebsIstScheiße – Charity-Nerds

Der amerikanische IT-Journalist Biran Krebs stieß im Zuge seiner Recherchen über Coinhive auf das deutsche Imageboard pr0gramm.com. Dabei deckte er unnötig die Identitäten der Betreiber auf. Da so etwas in einer eher anonymen Community immer auf sehr viel Liebe stößt, wurde das Board zunächst mit allen möglichen Hate-Posts gegen Krebs geflutet. Aber auf einmal dreht sich der Fall: Ein User postete eine Spendenquittung der Stiftung Deutsche Krebshilfe. Denn er hatte der Organisation unter dem Verwendungszweck „Krebs ist scheiße“ 25 Euro gespendet. Der Schwarm entschloss sich, als Zeichen des Protests gegen den Journalisten, unter „Krebs ist scheiße“ zu spenden. Am Ende kamen 207.500 Euro zusammen. Dann hat ja der Protest irgendwas gebracht.

#Wouldntchangeathing – Carpool Karaoke

James Cordens Carpool Karaoke sorgt regelmäßig für virale Hits. Nun haben 50 Mütter von Kindern mit Down-Syndrom, anlässlich des Welt-Down-Syndrom-Tages am 21.März, ihr eigenes Carpool Karaoke gemacht: Zu Christina Perris „A thousand years“ singen die Mütter mit ihren Kindern und deren Geschwistern. Was wir da übrigens sehen, ist keine Gebärdensprache, sondern Makaton, ein Kommunikationsansatz zur Entwicklungsförderung. James Corden tweetete das Video mit den Worten „This is the most beautiful Carpool Karaoke. It made me cry.“. Und Christina Perri war ebenfalls hochemotionalisiert. Dank dem Hashtag #Wouldntchangeathing, Retweets und Shares wurden gut 30 Mio. Abrufe gezählt. Schöne Aktion.

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#MSWord – Analoge Lösung

Was tun, wenn man Word unterrichten will, aber keine Computer zur Verfügung hat? Owura Kwadwo aus Ghana zeichnete die gesamte Oberfläche des Programms äußerst akribisch auf die Tafel. Das muss man gesehen haben. Bereits im Februar teilte der engagierte Lehrer Bilder dieser Arbeit auf Facebook. Mittlerweile ist auch ein Angebot von Microsoft Afrika eingegangen, ihm mit einem Gerät und einem Entwicklungsprogramm zu helfen. Beeindruckender ist aber das Engagement kleinerer Spender. So wie das des Elektroladens Normal Gadgets in Bloomington, Illinois. Der kleine Händler sammelte 20 Laptops, peppte sie auf und macht die Geräte jetzt für die Reise zu Kwadwos Schule in Ghana fertig. Da darf sich Microsoft ruhig noch etwas mehr einfallen lassen.

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#ViralRecruiting – Glasklarer Sucherfolg

Nachdem Sven Sterz auf konventionellem Wege keine Auszubildenden für seine Glaserei in Geestland bei Cuxhaven gefunden hat, wollte er es mit einem viralen Video probieren. Nicht sonderlich professionell produziert, aber originell. Mit fast 35.000 Shares und 3.8 Mio. Abrufen ist es nicht nur ein statistischer Erfolg geworden. Der Glaser hat letztlich drei neue Azubis gefunden. Und das, obwohl er anfangs nur zwei gesucht hat. Die Aktion war für den Handwerker ein voller Erfolg, denn mittlerweile darf er sich auch über 8.500 Fans und 436 Fünfsternebewertungen freuen. Gut möglich, dass die virale Suche nach dem Berufsnachwuchs auch für einen vergrößerten Kundenkreis sorgen wird. Dann braucht er bald noch ein paar weitere neue Mitarbeiter.

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#Facebook – Boz’ Memo

Eigentlich wollen wir in diesem Monatsrückblick nicht auch noch auf Facebook eingehen. Wir haben dem Datenskandal um Cambridge Analytica ein Special im Blog gewidmet. Sollte reichen. Aber dann publizierte Buzzfeed Ende März ein internes Memo des Facebook-Managers Andrew „Boz“ Bosworth, aus dem Jahre 2016. Mark Zuckerberg sah sich natürlich gezwungen, darauf einzugehen und es zu relativieren. Alle seien geschockt gewesen und es repräsentiere natürlich nicht das Unternehmen, aber Boz sei sonst eine sehr talentierte Führungsperson. Und besagter Bosworth fand es offensichtlich angemessen, sich von sich selbst zu distanzieren: „I didn’t agree with it, even when I wrote it.“ (s.rechts). Wir möchten das nicht weiter kommentieren. Das spricht für sich und für Vieles, was bei Facebook gerade schief läuft.

So we connect more people

That can be bad if they make it negative. Maybe it costs a life by exposing someone to bullies. Maybe someone dies in a terrorist attack coordinated on our tools.

And still we connect people.

The ugly truth is that we believe in connecting people so deeply that anything that allows us to connect more people more often is *de facto* good. It is perhaps the only area where the metrics do tell the true story as far as we are concerned. (Andrew Bosworth, 18.06.2016)

#Pornhub – Ehrbare Ortsnamen

Ja, wir mögen Pornhub. Nicht für ihre XXX-Inhalte, sondern für die Arbeit abseits der Erwachsenenunterhaltung. Für ihren großartigen Statistik-Blog, ihre Maßnahmen gegen Revenge-Porn oder auch die vielen Initiativen, beispielsweise gegen häusliche Gewalt oder für die Krebsvorsorge. Der neuste Wurf des Portals: Orte wie Fucking, Petting, Bitsch, La Vagina, Dildo oder Blowhard leiden nicht nur unter Hohn und Spott. Scherzkekse nerven die Einwohner seit Jahren mit dümmlichen Selfies. Und nicht selten werden auch die Ortschilder geklaut. Pornhub ehrt diese Orte nun und ernennt sie zu Premium Places. Wer dort wohnt, wird mit einer geschenkten Premium-Mitgliedschaft „entschädigt“. Auf der Promotionseite der Aktion findet man eine informative Karte aller Orte, die gekürt wurden. Leider sehr lustig. Irgendwie haben wir aber das Gefühl, dass sich nicht alle Einwohner der Ortschaften freuen werden. Oder doch?

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Artikelbild: David Shankbone (CC BY 2.0)

Blog Monatsrückblick

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