Wir dachten eigentlich, im August seien alle Leute im Urlaub und es kehre etwas Ruhe ein. Falsch gedacht. Wenn das Wetter auch etwas stotterte, das Klima im SocialWeb tat es nicht. Die Olympischen Spiele trugen dazu weniger bei. Das tat jedoch das restliche Netz, welches sich fragte, wo Snowden steckt, Frühstückskringel auf Kinderköpfen stapelte, Gedichte für tote Würmer schrieb oder auch ziemlich oft 22 Liegestütze machte. Füße hoch und entspannen – der August.

#Rio2016 – Olympiade der Reichweitenverweigerer

Ging es euch auch so? Gemessen an internationalen Sportevents wie Fußball-Welt- oder Europameisterschaften, war die Social Media-Ausbeute der Olympischen Spiele eher mau. Und das hat sogar Lehrwert: Soziale Medien leben vom Teilen. Und dieses Teilen tritt durch techno-kulturelle Merkmale wie Hashtags oder das Verwursten von Inhalten in Clips, Mems, Gifs, etc. in Erscheinung. Dem haben die sauberen Organisatoren der Sportspiele frühzeitig einen Riegel vorgeschoben: Den eigentlichen Ernährern der Athleten, den Sponsoren, wurde ein striktes Verbot, ausgesuchte Hashtags zu verwenden, auferlegt. Übertragungs- und bildrechtliche Reglements verboten Cuts und Remixes von Szenen in Mems, Gifs oder Loops. Eigentlich sollte sich dieser universelle Maulkorb nur an werbliche Mißbräuche richten, jedoch las sich das Regelwerk so, als gelte es ebenso für Privatleute und eben auch Athleten.

Folglich haben wir auch kaum Social Media-spezifische Meldungen zu den Spielen in Rio erhalten. Dass Bilder von knapp bekleideten Beachvolleyballerinnen im Iran gepixelt wurden, musste dann als eine der wenigen medienspezifischen Meldungen herhalten. Der einzige wirklich social-mediale Vorfall, war ein besonders hässlicher: Das US-Magazin „The Daily Beast“ suchte auf Grindr, sozusagem dem schwulen Tinder, nach Athleten der Spiele. Dass dabei  Menschen ungefragt geoutet wurden, ist nur der erste Teil dieser Gewissenlosigkeit. Darunter befanden sich auch Athleten, die als Homosexuelle eine Verfolgung im Heimatland befürchten müssen. Im Gegensatz zu harmlosen Hashtags, war das nicht verboten. Dass The Daily Beast den Artikel später wieder zurückzogen, macht den angerichteten Schaden nicht ungeschehen. Rio2016 – machen wir’n Haken dran.

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afluhcjwqpv4y#Fracking – Wenn Opa sich als Teeny verkleidet

Eine hässliche Fördertechnik, die irreparable Umweltschäden anrichtet – wie kann man so etwas dem jungen Volk der digitalen Gemeinde schmackhaft servieren?  Die Lobbygruppe North Texans for Natural Gas dachte sich, Mems und virale Clips wären eine gute Idee, Fracking populärer zu machen. Das Ergebnis sind medium-unterhaltsame Exemplare, leicht durchschaubar und es fällt schnell auf, dass da jemand eine fremde Tonalität für seine Zwecke entführt hat. Allein die Tatsache, dass diese Mem-ähnlichen Botschaften eine eigene Sammelseite haben, die betont jung gestaltet wurde, lässt die Kampagne pathetisch und lächerlich erscheinen. Die Reaktionen, welche man auf die Postings bei Facebook und Twitter findet, waren folglich voraussehbar: Hohn, Spot und Fluten an Gegenargumenten. Es erinnert etwas an Mr.Burns, der sich als Teenager tarnt.

#Snowden – Wo ist Eddie?

Erst tweetete Snowden (oder wer oder was auch immer) einen 64-stelligen Code, dann war der Tweet plötzlich verschwunden. Und seine Follower befürchteten schon, es könne sich um eine Todmannfunktion gehandelt haben, also ein Signal, dass erscheint, wenn man selber nicht mehr am Ruder ist. Enführt? Tot? Kurze Zeit später meldete sich Snowden-Intimus Glenn Greenwald und verkündete: Alles bestens. Die Gerüchte wuchsen nicht aus nacktem Boden, sondern wurden von einem älteren Tweet befruchtet, welcher einen gewissen Barton Gellmann miteinbezieht. Selbiger Gellmann meldete sich kurze Zeit später und stellt klar: Manche Tweets hätten private Bedeutung und sind somit nicht Teil irgendwelcher Verschwörungen. Auf eines kann man weiter zählen: Wenn es um Snowden geht, wird’s suspekt und windig.

https://twitter.com/JonelleVeritas/status/761967047332933632?ref_src=twsrc%5Etfw

#PokémonGo – Ausgejagt

Rund einen Monat lang sah man überall Menschen, die die Welt nur noch durch das Display ihres Smartphones wahrnahmen – hinein in die AR-Welt der Jagd auf Pokémons. Und so furios, wie der Trend über uns schwappte, so lautlos verschwandt er dann auch wieder. In Zahlen heißt das: Zur Blüte des Hypes zählte die Spielergemeinde um die 45 Mio. – allein während des Augusts meldeten sich gut 12 Mio. Nutzer ab. 74 Tage lang war die App die Nummer eins, was im Allzeitranking immer noch für Platz drei reicht. Dass Produktveränderungen den Hype nochmal wiederbeleben könnten, scheint eher unwahrscheinlich. Aber vielleicht in ein paar Jahren wieder. Das Netz ist ja recht vergesslich.

tesco_worm
Die Unterhaltung auf einen Blick

#Tesco – Ode an den Wurm

Social Media-Kundenservice kann imageprägend sein. Was sich zwischen einem Social Media-Mitarbeiter des Großmarktes Tesco und einem Kunden im August abspielte, ist so genial, es könnte auch gescripted sein – ist es aber nicht: Wes Metcalf hatte eine Gurke bei Tesco gekauft und unter der Einschweiß-Folie einen toten Wurm gefunden. Er beschwerte sich jedoch nicht über den Wurm, sondern nahm den Vorfall zum Anlass, eine Geschichte mit seinen Kindern zu basteln – über William, den Wurm, für den jetzt eine Beerdigung organisiert werden muss. Tescos Kundendienstmitarbeiter Rob stieg drauf ein und verfasste ein Gedicht an William, welches doch bitte während der Beisetzung vorgetragen werden solle. Die Kommentatoren feiern den Dialog zwischen Metcalf und Tesco-Rob und eigentlich ist dieser Fall schon preiswürdig. Aber das sollte jeder selber lesen, weil es einfach so großartig ist. That’s Social Media at it’s best!

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#Emojis – Tausch den Ballermann

Die Technologiewelt ist für gewöhnlich nicht scheu, sich durch symbolische Reaktionen zu allgemeinen Problemlagen einzubringen. Apple reagierte nun auf Amokläufe und die Aufrüstung unter Bürgern durch den Austausch des Revolvers durch eine Wasserpistole. Während die politische Aussage dahinter durchaus auf Verständnis trifft, war der Schritt jedoch nicht ganz durchdacht: Da Cupertino anscheinend nicht mit dem Unicode-Konsortium sprach, werden die Wasserpistolen auf nicht-Apfel-Gerätschaften als einfache Handfeuerwaffe abgebildetet. Wasserschlacht oder Amoklauf – es soll bereits schwere Mißverständnisse gegeben haben. Das Thema Waffen als Emojis bleibt trotzdem aktuell: Dem Vorschlag, auch ein Jagdgewehr in Unicode 9  aufzunehmen, haben sich Apple wie auch Microsoft bereits verweigert. Da ihre Zustimmung aber nötig ist, wird es kein Gewehr in Uni9 geben. Dazu möchten wir Magneto zitieren: Menschen und ihre Waffen.

#PornHub – Porno Prosa

Das Portal für „Erwachsenenunterhaltung“, PornHub, ist in der Vergangenheit bereits öfter mit netten Vermarktungsideen aufgefallen. Der aktuelle Wurf sind neuvertonte Ausschnitte aus ihren besten Filmen, mit völlig „sachfremden“ Dialogen – natürlich jugendfrei. Die Methode zwinkert der Tradition der beliebten Bad-Lip-Reading-Clips zu, in welchen bekannte Filmausschnitte völlig neu vertont werden. Ok, das Ergebnis ist nicht sehr unterhaltsam geworden, auch wenn Marketer diese Aktion feiern. Wir fragen uns nur, wo PornHub eigentlich hinwollen mit ihrer Strategie. Wenn sie einfach nur ihre „Kulturfachfilmchen“ und etwaige Bezahlangebote vermarkten wollten, wäre die breite Öffentlichkeit als Zielgruppe vielleicht zu breit gestreut. Warten wir’s mal ab, wohin das noch führt.

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#TrumpExplainsMoviePlots – Sag’s wie Donald

Die Wertschätzung für den Scheinmillionario Donald Trump als Präsidentschaftskandidaten, kann man vorzüglich an den unzähligen Social Media-Aktionen ablesen, die sich gegen ihn richten. Und meistens treffen sie den Nagel exakt auf den Kopf. Wie im August Trump Explains Movie Plots: Tweets simulieren, wie Trump Film-Plots erklären würde. Und das ist zugegebenermaßen urkomisch. Wir empfehlen absolut einen Besuch des Hashtags #TrumpExplainsMoviePlots. Schön, dass es Twitter und seine Hashtag-Aktionen gibt.

#RyanAir – Mitarbeitermarketing

Maria Pettersson ist Pilotin bei RyanAir – eine Airline, die etwas gute Werbung gebrauchen kann. Als die 32-jährige Schwedin anfing, Selfies aus dem Cockpit auf Instagram zu posten, ging auf einmal die Aufmerksamkeitskurve hoch. Im Laufe des Sommers verdoppelte sich die Followerschaft auf über 250.000 – nicht schlecht für einen privaten Account. Das sind mehr als dreimal so viele Follower, wie ihr Arbeitgeber hat. Ganz zu schweigen von Mitbewerbern wie Lufthansa, hinter denen RyanAir social-medial weit zurückliegen. Ok, wir glauben, dass Frau Pettersson wirklich Pilotin ist und als solche bei RyanAir arbeitet. Wir glauben auch, dass es ihr eigener Account ist, zumal sich auch Urlaubsbilder im Bikini dort auffinden lassen, die weit über etwas Arbeitnehmer-Engagement hinaus gehen. Aber dass an dieser kleinen Cinderella-Story alles koscher ist, glauben wir nicht. Nebenbei, als wäre das nicht genug, betreibt die Dame auch noch einen „Lifestyle“-Blog. Dem Image der irischen Discounter-Linie hat es sicher nicht geschadet – und vermutlich war das auch beabsichtigt. #zwinkerzwinker

#Haftung – Prüfen, wer rein darf

Sie haben etwas Hässliches über eine andere Person gepostet und behaupten hinterher, es hätte jemand anderes getan, der zufällig auch die Zugangsdaten hat? Da lässt sich kein Richter drauf ein, wie ein Urteil des OLG Frankfurt/Main zeigt. Bei der Entscheidung orientierte sich das Gericht anscheinend an einem Urteil, dass 2009 in einem Ebay-Fall gefällt wurde. Bei dem aktuellen Beispiel musste der Facebook-Nutzer nun € 3000,- Schmerzensgeld zahlen und trägt die Gerichtskosten. Wir befürchten, es werden noch viele Urteile ergehen müssen, bis die Leute endgültig verstanden haben, dass Facebook kein rechtsfreier Raum für die Untiefen asozialen Verhaltens ist.

#Alzheimer – Singen gegen das Vergessen

In den letzten Wochen hat ein Clip die Runde gemacht, in dem ein Sohn und sein Vater singend im Auto zu sehen sind. Die Empathie der Netzgemeinde ist groß – die Geschichte dahinter ist rührend: Mac McDermott kümmert sich um seinen an Alzheimer erkrankten Vater. Die Situation wird stetig schwieriger. Immer öfter erkennt der Vater nicht mal mehr seinen eigenen Sohn. Große Hilfe erhielt McDermott dabei stets von der Alzheimer’s Society, die ihm via telefonischer Hilfe jeder Zeit beistehen und Ratschläge geben. Der Tipp, den Vater wieder zum Singen zu animieren, zumal er sein ganzes Leben Sänger war, fruchtete. Der immer stärker degenerierende Mann blüht wieder auf – und wüßte man nicht, dass es sich um eine Krankheitsgeschichte handelt, der alte Herr könnte als amtlicher Crooner durchgehen. Mac McDermott möchte sich bei der Alzheimer’s Society bedanken und teilt daher so viele Clips wie möglich, um auch sein Fundraising für die Gesellschaft zu bewerben. Das Ziel waren anfänglich nur £ 1.000 – mittlerweile sind wir bei £ 126.340. Es hat sich sogar das legendäre Decca-Label gemeldet, eine Platte wurde in den nicht weniger legendären Abbey-Road-Studios produziert, die Platte ist in England ein echter Hit und das Geld aus der Verwertung geht komplett an die Alzheimer-Hilfe. Bedenkt man, dass Alzheimer eine sehr verbreitete Alterserkrankung ist, kommen die Erlöse wirklich vielen Menschen zu gute. Sieht so aus, als würde McDermotts Vater nochmal einen späten Frühling geschenkt bekommen.

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#Deutschpflicht – Plies spiek dschörmen

Was sich Baden-Württembergs Verbraucherschutzminister Peter Hauk (CDU) dachte, als er eine Deutschpflicht für Facebook einforderte, können wir nicht nachvollziehen: „Wer in unserem Land lebt, sollte in der Landessprache kommunizieren. Das gilt auch für soziale Medien.“. Nun brauchen wir keine wissenschaftliche Expertise, um zu wissen, dass dieser folkloristische Allgemeinplatz primär an Muslime, Türken und Araber adressiert war. Da aber Demokratien vom Prinzip der Gleichheit leben, befürchten wir nur, dass die Pizzeria auf Facebook zukünftig Backstube für italienische Teigfladen mit Belag heißen muss. Vielleicht sollte der Herr Verbraucherschutzminister aber auch erstmal bei sich anfangen, lautet doch das Motto seines Bundeslandes: Wir können alles, außer Hochdeutsch.

#22Kill – Liegestütze für die Wahrnehmung

Krieg hat immer sehr viele hässliche Gesichter. Eines der wenig beachteten, sind die psychischen Spätfolgen für Veteranen, welche oftmals (nicht nur in den USA) nach ihrem Militärdienst komplett mit ihren Erkrankungen alleine gelassen werden. Im Schnitt nehmen sich 22 Veteranen, aus Verzweiflung über die posttraumatischen Belastungsstörungen, pro Tag (!) das Leben. Die virale Challenge #22Pushups – 22 Liegestütze machen und jemand anderes herausfordern – versucht nun auf diese Situation aufmerksam zu machen. Und da die Amerikaner gerne stolz auf ihr Militär sind, machen auch zahlreiche Promis mit. Ob das am Ende nur wieder eine Charity war, an der viele Menschen ihr eigenes Ego aufpolierten, wird sich noch zeigen.

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#CheerioChallenge – Papa ist doof

Und zum Abschluß noch ’ne Challenge: Bei manchen Hypes ist man ganz froh, dass sie das europäische Festland nicht erreichen. So wie bei der #CheerioChallenge: Warten, bis die Frau aus dem Haus ist, zum schlafenden Kind gehen und so viele Frühstücksringe (Cheerios) wie möglich auf dem Kopf des kleinsten Familienmitglieds stapeln. Die fragwürdige Challenge war eigentlich nur zum Vatertag gedacht, zieht aber immer noch ihre Kreise. Ziemlich dämlich, aber leider auch irgendwie sehr lustig. Und natürlich beteiligen sich nicht nur Männer.

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Artikelbild: Socialmediakonzepte.de

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