Fake News sind allgegenwärtig. Und die bedauerliche Wahrheit über unseren Umgang mit Fake News, manipulativen Bots und Filterblasen ist: Wir urteilen selten auf der Basis bestätigter Erkenntnisse. Nüchtern betrachtet handelt es sich dabei meist um Indizienwissen und Vermutungen. Bisher können wir, dank der Arbeit von Faktenfindern, lediglich Lügen im Nachhinein als solche entlarven. Wir möchten euch daher einen Vortrag des Datenjournalisten Michael Kreil ans Herz legen. Er beschäftigt sich analytisch mit diesen drei Netzphänomenen. Empirisch gestützt, bietet er Einblicke in die Welt von Fake News, Filterblasen und Social Bots.

Fake News – Unscharfer Kampfbegriff

Als die EU-Kommission kürzlich eine Expertengruppe von Wissenschaftlern und Brancheninsidern beauftragte, einen aktuellen Status Quo-Bericht zu Fake News zu erstellen, kamen diese zunächst zu der wichtigsten Erkenntnis: Schluss mit dem Begriff Fake News. Er ist wenig trennscharf und fungiert mittlerweile nur noch als diskreditierendes Instrument. Das Hauptproblem ist dabei nicht mal die fehlende allgemeingültige Definition. Wer den Begriff Fake News verwendet, impliziert automatisch eine taktisch-idiologische Funktionalität einer Meldung und entwertet dadurch a priori den nachrichtlichen Wert journalistischer Arbeit.

Für seinen Vortrag im Rahmen des 34C3 Chaos Communication Congress, steckt der Datenjournalist Michael Kreil zumindest einen Rahmen ab, was wir als Fake News bezeichnen können und was nicht. Für den weiteren Vortrag ist das nicht weiter notwendig. Seine Beschäftigung mit der Art, wie Falschmeldungen und vor allem auch die Falsifizierungen dieser Meldungen von allen Beteiligten gehandhabt werden, bestätigt auf erdrückende Weise viele gängige Meinungen. Die Analyse der Social Bots ist entlarvend.  Sie zeigt uns jedoch auch, dass selbst Kreils Arbeit nur ein Anfang sein kann. Aber dazu mehr nach dem Vortrag.

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Kritische Rezeption

Wenn Ihr den dreiviertelstündigen Vortrag und die kurze anschließende Fragerunde gesehen habt, möchten wir noch zwei Anmerkungen einbringen, die uns aufgrund unserer eigenen Erfahrung mit großen Communitys und empirischen Arbeiten in den Sinn kamen.

Prüfmethoden bei Social Bots

Kreil hat hier mit relativ einfachen Mitteln gezeigt, dass die Methoden, mit denen Social Bots identifiziert werden sollen, recht schnell als gegenstandslos entlarvt werden können. Wir warnen jedoch davor, dies als Beweis dafür zu verstehen, dass es keine Social Bots in der politischen Kommunikation gäbe. Kreils Untersuchung der Bots stellte lediglich ausgesuchte Methoden zu Identifikation von Social Bots auf den Prüfstand. Diese Methoden wurden auf Basis mehr oder minder willkürlicher Annahmen entwickelt. Beispielsweise, dass Social Bots in einer hohen Output-Frequenz operieren. Um wirklich verlässliche Prüfpattern zu entwickeln und verlässliche, allgemeingültige Erkenntnisse zu gewinnen, müssten weitaus mehr und differenziertere Merkmale aufgedeckt und verifiziert werden. Und vor allem auf Basis qualitativer Voruntersuchungen.

Nomothetische vs. idiographische Wissenschaft

Kreils Annahme, dass wir an der Schwelle eines Wechsels von idiografischen Ansätzen, hin zu einer mehr nomothetischen Forschung stünden, führt zu nichts und ist nutzlos. Netzphänomene, wie die hier behandelten, stellen keine eigene Problemkategorie dar, nur weil sie den digitalen Weg beschreiten. Die Kommunikationswisschenschaften bedienen sich in solchen Fällen seit Jahrzehnten bei Methoden der empirischen Sozialforschung. Was die Erforschung von Fake News, Filterblasen und Social Bots braucht, sind interdisziplinäre Ansätze. Es macht mehr Sinn Soziologen und Informatiker oder Mathematiker und Psychologen zusammenzubringen, als eine Debatte um die Interpretationshoheit zwischen geistes- und naturwissenschaftlichen Methoden zu forcieren.

Resümee

Was wir vor allem mitnehmen: Es wird viel über Fake News, Social Bots und Filterblasen geredet. Dabei verlassen wir uns oftmals blind darauf, dass eine Studie aufgrund ihrer akademischen Herkunft zuverlässig und sachlich richtig sei. Die enttäuschende Konsequenz sind Debatten, die nicht selten komplett an der Realität vorbei gehen.

Kreils Untersuchung zeigt, dass es gar nicht so schwer ist, die richtigen Fragen zu stellen. Die Ergebnisse seiner Analyse wären jedoch im Kontext einer Studie, die exakt formulierte Ziele setzt und vor allem im Vorfeld disktutiert, welche Erkenntnisse notwendig wären, sicherlich wertvoller.

 

Artikelbild: Screenshot YouTube (Frank May)

 

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