Bevor wir uns kopfüber ins neue Jahr stürzen, lohnt noch einmal ein Blick zurück. Der Dezember bescherte der Netzwelt einen interessanten und unterhaltsamen Jahresabschluss. Von kreativen Quiz-Antworten, ernüchternder Netzgeschwindigkeit, einem wenig bekannten Retourenproblem und dem bestverdienenden YouTuber. Und sehr unterhaltsam wird es obendrein. Also, Füße hochlegen, vorher nochmal Kaffee holen und dann gute Unterhaltung – der Monatsrückblick Dezember.
#Geoblocking – Nichts gewesen, außer Spesen?
Seit dem 3.Dezember 2018 gilt in Europa die neue Geoblocking-Verordnung (2018/302). Damit wurde im Grunde aber nur die virtuelle Grenzbarriere für weite Teile des Online-Handels aufgehoben. Sie können also jetzt eine Jacke bei einem spanischen Shop bestellen und zahlen nicht mehr als ein Kunde in Spanien. Und das war’s. Denn für urheberrechtlich geschützte Waren (Musik, Filme, etc.), Arzneimittel, Finanzdienstleistungen oder auch Verkehrsdienstleistungen (Bahn- oder Flugtickets) gelten weiterhin gesonderte Regelungen.
Das populärste Beispiel hierfür ist die Portabilitätsverordnung, welche seit dem 1.April 2018 jedem temporär erlaubt, seine Netflix-Serien auch im Auslandsurlaub zu sehen. Wer allerdings das Streamingangebot ausländischer TV-Stationen genießen möchte, guckt weiter in die Röhre. Das Thema Geoblocking war am Ende also doch nur eine großbeworbene Kleinigkeit. Maximal eine Anpassung.
#Google – Kevin, immer noch allein zu Hause
Die Sturmfrei-Komödie mit Macaulay Culkin als Kevin gehört unbezweifelt zu den Klassikern, die einfach ins Repertoire vieler TV-Programme an Weihnachten gehören. In diesem Jahr hat Google den Film in einem wunderbaren Spot wiederbelebt. Dass Culkin selber mitspielt, ist die Kirsche auf der Sahne. Und wir freuen uns fast noch mehr, dass der Ex-Kevin, nach den selbstzerstörerischen Eskapaden als ehemaliger Kinderstar, wieder zurück in die Spur gefunden hat. Double Win.
https://www.youtube.com/watch?v=xKYABI-dGEA
#Aufstehen – No Money, No Website
Politische Sammelbewegungen für mehr Demokratie und soziale Gerechtigkeit sind gerade modern. In Deutschland schickt sich beispielsweise die „Aufstehen“-Bewegung an, unter prominenter Co-Führung der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht, für mehr bürgerliches Engagement zu kämpfen. Offensichtlich schließt das auch ein, dass nützliche Mitglieder ihre Arbeit umsonst tun. Zu den Mitbegründern zählten ebenfalls Mitglieder der Kölner Agentur Dreiklang, welche Imagefilme produzierte und die Website aufbaute. Und im Dezember war diese Seite dann auf einmal weg.
Laut Thomas Schmidt von Dreiklang hat der Trägerverein die Rechnung nicht beglichen. Es sei, so Schmidt, von Anfang an klar gewesen, dass Dreiklang lediglich in Vorleistung gehe. Irgendwann müssten Rechnungen halt bezahlt werden. Und das sah der Trägerverein anscheinend anders. Aufstehen-Mitglieder spuckten daraufhin Gift und Galle und warfen Dreiklang vor, der Bewegung schaden zu wollen. Dank der Gerechtigkeitskämpfer hat die Agentur bei Google eine Bewertung von einem Stern und zwei pathetische Kommentare. Ende Dezember ging die Website doch wieder online und es gab eine versöhnende Pressemitteilung. Erinnert uns etwas an Musiker, die zur Unterhaltung ohne Bezahlung spielen sollen.
#thingsihavedrawn – Vom Leben gezeichnet
Nicht ganz neu, aber immer noch eine Empfehlung wert: Tom Curtis ist Leiter des Content-Marketings bei MediaCom UK. Was ihm allerdings Bekanntheit bescherte, hat er seinen Kindern zu verdanken. Curtis verschmilzt die kindlich-abstrakten Kritzeleien seines Nachwuchses mit echten Bildern. Und die Ergebnisse sind einfach zum Schießen. Die Mashups waren auf Instagram so erfolgreich, dass er die Werke in einem Buch veröffentlichte. Die Sammlung ist zwar schon ein Jahr alt, aber Curtis macht mit #thingsihavedrawn weiter und das Portfolio wächst und wächst. Heißer Tip für die nächste Mittagspause.
#OnlineHandel – Dekadenz der Retoure
Die virtuellen Kaufhäuser werden ihr altes Retouren-Problem nicht los. Laut einer aktuellen Umfrage des Bitkom gehen insgesamt 12 Prozent aller Lieferungen wieder zurück. Das sind zwar 2 Punkte mehr als noch vor zwei Jahren, klingt aber nicht so gravierend. Die Quote steigt jedoch mit der Größe der Plattform. Zalando gehören zu den wenigen Händlern, die ihre Retourenmenge offenlegen: Stolze 50 Prozent. Am rücksendefreudigsten seien dabei 14- bis 29-Jährige. Am häufigsten gehen Textilien zurück – bis zu 50 Prozent aller Bekleidungsbestellungen.
Ein verstecktes Problem dieser Lage: Amazon geben zu, dass Retouren oftmals direkt als Abfall deklariert und vernichtet werden. Das ist günstiger als der Prozess zur Rückführung in den Verkauf. Gegen diese Verschwendung wird schon lange eine Retourensteuer diskutiert. Denn diese Massenbeseitigung verursacht ein riesiges Müllaufkommen. Aber für solch eine Steuer bräuchte man präzisere Zahlen. Wohl einer der Gründe, wieso die Händler ihre Retourengröße nicht genau angeben. Am anderen Ende der Problemkette steht der Verbraucher. Der versteht die Rechte des Fernkaufs scheinbar als Einladung zum „bestellen, anprobieren und zurückschicken“. Vielleicht einfach mal ein guter Denkanstoß, zukünftig bewusster einzukaufen.
#Edeka – Teuflische Tannenbäume
Thematisch inspirierte Quiz-Posts gehören zu den Standardempfehlungen für mehr Engagement im Social Web. Im Worst Case reagiert niemand oder die User finden einen berechtigten Grund für einen Shitstorm. Im Best Case übernehmen die User einfach die Kontrolle und machen am Ende etwas ganz anderes aus dem Quiz. So geschehen bei Edeka.
Die Supermarkt-Kette gab ein Bilderrätsel aus Emojis vor und den Kunden waren lustige Fehlinterpretationen wichtiger als korrekte Lösungen. Macht ja auch mehr Spaß. Der Antwortthread wurde von anderen Usern gefeiert und Edeka selbst waren überglücklich. Besser geht’s nicht.
#DerPostillon – Patriotische Langfinger
Satire für echte Meldungen zu halten und aufgeregt Alarm schlagen? Gab es schon zuhauf. Dieser Fall ist anders und besonders würzig. Ein satirischer Beitrag des Postillons kritisierte, nicht ganz faktenscharf, den Papst für seine Kapitalismuskritik. AfD-Frau Andrea Zürcher kopierte den Beitrag, unterschlug die Quelle und machte auf Institutionenkritik. Peinlicher Content-Klau. Und das auch noch von der Partei, die ja das christliche Abendland retten will.
Als der Diebstahl auffiel, löschte die Volksbefreierin den Post, hinterließ aber eine unglaubwürdige Stellungnahme. Ihren Facebook-Account hat sie mittlerweile deaktiviert und einen neuen aufgemacht, was Rückschlüsse auf die Reaktionen zulässt. Eigentlich keine neuen Erkenntnisse: AfD und Satire ist keine gute Kombi, Afd und die Wahrung von Urheberrechten ebenfalls nicht. Aber dass jetzt auch noch mit Diebesgut gegen die eigenen Kernwerte des Christentums gewettert wird? Einfach innovativ diese Partei.
#Google – How deep is the ocean?
Noch etwas Material für die unterhaltsame Prokrastination gefällig? Wir kennen die amüsanten Käufereinträge bei Amazon, die Bücher wie die Bible, den Duden oder ein Telefonbuch bewerten. Aber wer, bitte schön, bewertet den Ozean? Tausende tun das. Und wie man sich denken kann, die Antworten sind oftmals nicht ganz ernst gemeint: Wasser ist zu nass, aber gut zum Nudelnkochen. Es fehlen Steckdosen, aber genügend Parkplätze vorhanden. Davon ab kann man über’s Wasser laufen – dank des ganzen Plastiks. Also, noch ein Zeitvertreib für die Mittagspause. Siehe: Atlantischer Ozean | Pazifischer Ozean | Indischer Ozean
#FrankZander – Fleischfreies Meckern
Wie jedes Jahr zur Weihnachtszeit, veranstaltete Kult-Entertainer Frank Zander auch diesmal sein großes Essen für Obdachlose. 40.000 Euro in die Hand nehmen, um 3.000 Menschen ohne Dach über dem Kopf eine Freude zu machen. Ist was Gutes, nicht? Na, da haben wir die Rechnung wohl ohne die Veganer gemacht. Tenor in vielen Facebook-Kommentaren und Tweets: Obdachlose satt, dank Massenmord an Tieren. Leider sind viele der Kommentare bereits wieder weg – entfernt oder selbst gelöscht. Was allerdings noch steht, sind die Hasskommentare gegen Veganer. Zeigt mal wieder, Kommentare in sozialen Medien sind ausgeglichen: Wenn sich jemand wie ein Depp aufführt, kommt in Windeseile ein Konter-Depp, der sich nicht minder fragwürdig verhält.
#Netzgeschwindigkeit – Mobile Blamage
Wir reden in letzter Zeit so viel über neue Frequenzen für den G5-Ausbau, da kann man ja mal fragen, wie es denn überhaupt um den Status Quo des deutschen Mobilfunknetzes steht. Die Bundestagsfraktion der Grünen hat zu diesem Zweck die Aachener Beratungsagentur P3 beauftragt, dem Netz mal im europäischen Vergleich auf den Zahn zu fühlen. Nun, die Telekom steht mit 90,6 Prozent 4G-Abdeckung gar nicht so schlecht da – allerdings in den Niederlanden. Und das reicht auch nur für Platz 10. Zwar ist die Telekom auch in Deutschland der Primus, allerdings gerade einmal mit 75,1 Prozent 4G-Abdeckung, was im europäischen Vergleich leider nur für Platz 25 reicht. Und das noch hinter den anderen Telekom-Schwestern aus Österreich, Polen und Albanien. Na, dann kann die Zukunft ja kommen. Zur Studie geht es <<hier>>
#RyanToysReview – Spielzeug schlägt Hipster
Und zum Abschluss noch ein Schmunzel-Moment. Das Forbes-Magazin hat die Top-Verdiener 2018 unter den YouTubern aufgelistet. Keine große Überraschung, der größte Teil der bestverdienenden Vlogger rekrutiert sich aus der Masse der Gamer, Make-Up- und Styling-Blogger und hippen Trickster. Aber an der Spitze steht jemand ganz anderes: Ein 7-jähriger Spielzeug-Tester. Mit 17 Mio. Followern hat Ryan Toys Review geschätzte 22 Mio. Dollar eingefahren. Geschäftstüchtig scheint die Unternehmung auch zu sein. Bis jetzt sind zwei größere Deals, unter anderem mit Walmart, bekannt. Um Geld muss sich der junge Mann zukünftig wohl keine Gedanken machen.
Was recht schnell auffällt: Auch jetzt, da Ryan der Top-Dog unter den YouTube-Millionären ist, sehen viele Videos nicht überproduziert, sondern ziemlich authentisch aus. Und der Kanal entwickelt sich weiter: Über Spielzeug-Tests sind sie längst hinaus. Es gibt viele unverkrampfte IRL-Inszenierungen, die Eltern sind überall eingebunden und es gibt inzwischen auch lehrreichen Content. Man darf gespannt sein, wohin die Reise mit dem Kanal noch geht.
Artikelbild: Lincy Mortier (CC BY 2.0)