Ist die lustige Challenge, in der wir alte Profilbilder mit unserem aktuellen Erscheinungsbild vergleichen, nur ein perfider Trick, um an Daten für die Gesichtserkennung zu kommen? Eine Wired-Autorin hat sich diese Frage gestellt und damit bei einigen eine Welle der Skepsis losgetreten. Kann das sein oder ist das etwas zu hysterisch gedacht? Wir haben mal nachgeschaut und Antworten gefunden.

Futter für die Gesichtserkennung

„Wie stark bist du gealtert?“ fragt die 10-Year-Challenge, für welche Prominente wie Privat-User alte Profilbilder von 2009 freischaufeln und mit aktuellen Bildern aus 2019 vergleichen. Oftmals sorgen die Gegenüberstellungen eher für Schmunzeln oder Gelächter. Aber die Wired-Autorin Kate O‘Neill hat mit instinktiver Skepsis gefragt, was denn mit den Daten dieser Vergleichs-Challenge passiert.

Durchaus zurecht, mag man sagen. Denn verglichen mit 2009 haben wir heute nicht nur ein paar Falten mehr, sondern auch die Erfahrung, dass wir in puncto Datensammelei niemandem mehr trauen können. Obwohl durch Kommentare reichlich Gegenargumente in ihren Tweet gespült werden, lässt Frau O’Neill nicht so richtig locker und verstärkt ihren skeptischen Warnruf in einem späteren Artikel.

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Wenn der Zug erstmal rollt

Bevor wir etwas sachlicher werden, etwas Lehrreiches zur Kommunikation im Social-Web: Statt der Frage mit Fachbeiträgen nachzugehen, befeuerte Nicholas Thompson, ein Wired-Kollege von O’Neill, die Debatte mit einem suggestiven Statement in Richtung Facebook. Deren kurze und floskelhaft Antwort: Das ist User-generated, wir haben damit nichts zu tun – ein Beweis für den Spaß, den die Leute auf Facebook haben.

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Viel interessanter waren die Antworten, die dann von anderen Nutzern kamen. Einige sehen die Art der Debatte als Beweis, dass Facebook sein Vertrauen offensichtlich längst verspielt hat. Andere sehen zusätzlich, dass Wired durch ihr Verhalten auch keine gute Figur machen. Und manche stellen belustigt fest: Wow, Facebook sind auf Twitter. Selbst die verlassen ihre Plattform.

Aber der (durchaus kalkulierte) Hype hat sich längst in Bewegung gesetzt und trägt Früchte: Nachrichtensender haben es auf der Agenda. Tech- und Branchendienste traden das Thema, ohne der eigentlichen Frage nachzugehen. Und manche sehen in der Challenge schon ein Paradies für Hacker. Unterm Strich lernen wir eigentlich, wie schnell man heute aus Skepsis Kapital schlagen kann. Nur Antworten bekommen wir nicht.

Butter bei die Fische

Also, was ist jetzt? Kann es sein, dass diese Challenge Daten abzapft, um KIs (Künstliche Intelligenz) für die Gesichtserkennung zu trainieren? Die guten Menschen vom BR-Podcast „Tagesticket“ haben Florian Gallwitz, Professor für Medieninformatik an der TH Nürnberg, befragt. Der KI-Experte gibt uns zwei logische und naheliegende Argumente an die Hand: Die Daten, die bei der Challenge abgegriffen werden können, sind nicht das beste Material für diese Zwecke. Und darüber hinaus gibt es bereits viele Systeme, die das schon lange können – und vermutlich auch besser. >>Hier<< geht’s zur Podcast-Seite.

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Wir können also beruhigt feststellen: Myth Debunked! Oder zumindest so unwahrscheinlich, dass wir uns eigentlich keine Sorgen machen müssen. Trotzdem ist es natürlich richtig, sich über den Verbleib seiner Daten Gedanken zu machen. Und mit diesen am Besten erst gar nicht zu offenherzig zu sein.

Und es ist auch sicher nicht überzogen, Facebook gegenüber grundsätzlich skeptisch zu sein. Zuckerberg & Co. haben in den letzten Jahren nun mal viel Raubau an der eigenen Glaubwürdigkeit betrieben und eine gewisse Restskepsis bleibt aus guten Gründen immer. In diesem Fall dürfen wir aber Wired auch des „Fear-Mongerings“ bezichtigen, welche schlicht die Gelegenheit ergriffen haben, einen überzogenen Hype loszutreten.

Artikelbild: Collage socialmediakonzepte.de (geralt 1, 2)

 

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