Was haben Mario Balotelli, Clint Eastwood und McKayla Maroney gemeinsam? Sie sind Beispiele für ein unterhaltsames Phänomen des Internets: Das Mem. Doch das lustige Nachahmen offenbart auch einiges über Sender wie Empfänger der Clips und Bilder. Eine kleine Exkursion zum tieferen Sinn der Serienbelustigung.

McKayla Maroney ist nicht begeistert

Ein genervtes Gesicht bei der Siegerehrung, ein fragwürdiger Auftritt bei einer politischen Veranstaltung oder ein Fussballer, der sich nach seinem Tor in Kriegerpose wirft: All das sind Beispiele für Auslöser viraler Phänome, die wir im Medienglossar Mem (engl: Meme) nennen. Dabei zeigt die Netzgemeinde höchste Kreativität, wenn es darum geht, unglückliche Aufnahmen, Schlagworte und Slogans oder das Benehmen einer Person zu isolieren und durch Videos oder Bilder in einen anderen Kontext zu rücken oder auch eine bestimmte Aussage zu verbreiten.

Doch Meme sind mehr als nur Serienbelustigungen. Sie enthalten Informationen, welche überzeugen und Meinungen bilden oder festigen können. Und ihre Verbreitungsgeschwindigkeit dokumentiert die Dynamik, mit der Informationen im Netz weitergegeben werden. Das macht Meme so interessant für Marketeer, Kommunikationswissenschaftler und alle, die Social-Media-Phänomene verstehen wollen. Aber erst mal auf Anfang.

Meme und Gene

Konzept und Begriff des Mem gehen auf den britischen Zoologen und Evolutionsbiologen Richard Dawkins zurück, welcher die Hypothese aufstellte, dass sich Evolution nicht nur durch die Weitergaben von Genen vollzieht, sondern auch durch kulturell relevante Wissensbausteine: Die Meme. Vereinfacht ausgedrückt stellt man sich so in der Memetik, analog zur Genetik, kleine Informationsbausteine vor, welche weitergegeben werden, mutieren und sich replizieren können. Replikation geschieht hierbei durch Imitation, Mutation durch ungenau kopierende Imitationen – was wir auch bei allen lustigen Internet-Memen beobachten können.

Nach Dawkins können Ideen, Melodien, Slogans, Meinungen, Weltanschauung, modische Kleidung, etc. als Meme bezeichnet werden. Der Genetik-Analogie folgend, können diese sich auch aufeinander beziehen, was zur Bildung von Memplexen führt – z.B. Religionen, politische Ideologien, aber auch architektonische Epochen oder der modische Stil eines bestimmten Jahrzehnts.

Den richtigen Knopf drücken

Die Memetik versucht nun zu erörtern, welche Umstände zur Relevanz von Dingen führen und damit, was ein Mem erfolgreich macht. Und gerade für das virale Marketing ist es interessant, Antworten auf die Frage nach dem richtigen Trigger, dem Auslöser einer bestimmten gedanklichen Assoziation oder Reaktion, zu erhalten.

Es stellt sich für das virale Marketing also die Frage, welche (memetischen) Trigger durch ein Mem ausgelöst werden können. Dabei werden unter den Triggern einfache Emotionen wie Wut oder Angst, aber auch komplexere Gefühls- oder Wahrnehmungszustände unterschieden. So kann ein Mem, welches Ungerechtigkeit thematisiert, Wut aber auch Mitleid auslösen/triggern. Ein komplexerer Trigger wie „Wahrheit versus Nichtüberprüfbarkeit“ kann dagegen verschwörungstheoretisch geprägten Memen Vorschub leisten – vor allem aber Skepsis sähen.

Selbstbeobachtung im Praxistest

Vor diesem Hintergrund lassen sich virale Clips, Bilder und Kampagnen aus unterschiedlichen Perspektiven wahrnehmen, verstehen und konstruieren. Besonders interessant ist es dabei, sich selbst zu beobachten und herauszufinden, welche Trigger bei einem selbst funktionieren – auch wenn man sich darüber vorher im Klaren war.

Gerade Social Media ist gleichermaßen Spielwiese und Testgelände für Meme. Denn auch hier, wie in allen Medien, ist der Kampf um Aufmerksamkeit und Wahrnehmung der treibende Motor. Um so stärker sollte das Bewußtsein für die potentielle Wirkung von viral verbreiteten Botschaften sein. Ob die Memetik da wirklich neue Antworten geben kann oder einfach nur die praktikableren Modelle für Marketingzwecke bereitstellt, ist eine berechtigte Frage. Immerhin sind die meisten Erkenntnisse auch schon in Disziplinen wie der Semiotik, der Semantik und allem voran der Psychologie gewonnen worden.

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