Die gute Nachricht: Crowdfunding funktioniert! Doch kritische Stimmen relativieren, die Schwarmfinanzierung sei kein Allheilmittel und zu selten erfolgreich. Die Wahrheit liegt auf halbem Wege, denn trotz aller Erfolge ist diese Finanzierungsform kein Alleinläufer. Ein genauerer Blick auf die Zahlen gibt Aufschluß.

Der goldene Februar

Ein gezeichneter Junge der auf einer Wiese steht und Dollar-Scheine in die Luft wirft
Ein gezeichneter Junge, der auf einer Wiese steht und Dollar-Scheine in die Luft wirft.

Das Phänomen Crowdfunding erfuhr in der ersten Hälfte des Jahres 2012 einen richtigen Boom: Der Primus Kickstarter.com meldete im Februar, dass das erste Projekt die 1 Millionen Marke geknackt hat. Seit dem konnten noch weitere acht Millionenerfolge eingefahren werden – darunter die viel beworbene Smartphone-Uhr Pebble (10 Mio.$). Schöne neue Welt?

Ernüchternde Zahlen?

Im Juli sorgte Jeanny Pi von AppsBlogger mit einer eigenen Untersuchung für Skepsis: Nur gut die Hälfte der Projekte seien auch erfolgreich. Die Zahlen der Untersuchung mussten relativiert werden, da die Menge der Projekte unabhängig der Größe der jeweiligen Finanzierung gewertet wurde. Trotzdem schmälerte sich die Skepsis nicht, zumal keine eindeutigen Zahlen zu gescheiterten Projekten ermittelt werden konnten.

Wer sind die Gewinner – wer hat geringe Chancen

Als eine Konsequenz aus der Unruhe, die Jeanny Pis Artikel ausgelöst hat, dürfte Kickstarters eigene Statistik-Seite zu verstehen sein. Gehen wir davon aus, dass diese Zahlen stimmen, dann lässt sich nach der ersten Sichtung feststellen:

Die häufigsten Erfolge setzen nicht über einer Funding-Untergrenze von 10.000 $ an. Die Zahl der großen Finanzierungsprojekte zwischen 100.000 $, 1 Mio. $ und darüber hinaus, ist dagegen im unteren einstelligen Prozentbereich anzusiedeln.

Die meisten Erfolge sind in den Kategorien Musik, Film und Video zu finden, welche mit den Kategorien Games, Design und Technologie auch Anteile in der kleinen Liga der 100.000+ Finanzierungen haben.

Auf der Seite der Gescheiterten wird es schwieriger, da hier nur der Prozentsatz des jeweils erreichten Fundings angezeigt wird, nicht aber die angesetzte Finanzierungsuntergrenze, so wie bei den Erfolgreichen. Somit ist ein unmittelbarer Vergleich zunächst nicht möglich.

Grundlegende Erkenntnisse

Sind die Kickstarter-Zahlen auch nicht so präzise wie man es sich gewünscht hätte, lassen sie doch gewisse Grundsätzlichkeiten erkennen: Wenn man sein Ziel verfehlt, dann meist auch sehr weit. Und wenn man erfolgreich ist, dann wurde die Grenze zum Großteil gerade so erreicht.

Einer weiterführenden Studie Ethan R. Mollicks folgend, sind kürzere Kampagnen (30 Tage) häufiger erfolgreich (35%) als länger andauernde Kampagnen (60 Tage – 29%). Ebenso ist in der Gesamtheit zu erkennen, dass Projekte mit niedrigeren Untergrenzen häufiger erfolgreich sind.

Lehren und Perspektiven

Crowdfunding wird oft euphorisch eine neue Qualität der Marktforschung zugeschrieben: Die Investoren aus dem Schwarm geben Aufschluß über das Erfolgspotential einer Produktidee und liefern dadurch hilfreiche Informationen für die Produktentwicklung.

Diese Informationseigenschaft macht die Crowdfinanzierung gerade auch für große Unternehmungen interessant: Kleinere Produktlinien und Entwicklungsfortschritte können relativ schnell und risikolos am Markt getestet werden.

Aber auch die kleineren Fische im Teich sollten sich von den Statistiken nicht entmutigen lassen – sie sollten es den Großen gleich tun. Das heißt:

Projekte beobachten und die Daten der erfolgreichen Fundings auswerten.

Gier vermeiden: Nutzen Sie die Statistiken, um ein realistisches Finanzierungsziel zu ermitteln.

Tragen Sie Ihre Idee nach draußen: Nutzen Sie virale Kanäle (Facebook, Twitter, YouTube, Blogs, etc.), um Ihr Projekt zu bewerben.

Und versuchen Sie bei aller Euphorie über eigene Ideen den Realismus zu bewahren: Die Galerien der gescheiternten Alltagsfliegen zeigen, dass nicht jeder fixe Einfall auch zur Geschäftsidee taugt.

Zukunft des Crowdfunding-Marktes

Im Herbst kommt Kickstarter auch nach Europa. Zur Zeit sind die Chancen für den Primus aus Übersee jedoch schwer einzuschätzen: Bereits bestehende inländische Crowdfunding-Plattformen kämpfen ums Überleben und bestätigen damit die prekäre Konkurrenzsituation am Markt der Schwarmfinanzierer.

Eines muss klar gesagt werden: Crowdfunding-Plattformen sind keine Gelddruckmaschinen. Die Betreiber verdienen nur an erfolgreichen Projekten. Und Hilfestellungen bei der Projektplanung sind allem Anschein nach nötig, denn Erfolge für Kapitalsuchende bedeuten auch Erfolge für den Crowdfunding-Anbieter.

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