Warum ist die Sommerhitze schlecht fürs Internet? Warum schmieren immer mehr Leute Butter aufs Brett? Wie sähe Freddie Mercury heute aus? Und wieso werden uns KIs zukünftig noch öfter begegnen? Die Antworten auf diese und viele andere Fragen gibt es mal wieder in unserem Monatsrückblick. Also noch mal schnell Kaffee holen und dann Füße hoch. Bitte sehr: der September.
#Hatespeech – Erhitzte Gemüter
Wir hätten ja gedacht, dass heißes Sommerklima die Menschen zu platt für aggressive Gedanken macht. Falsch gedacht. Das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung hat herausgefunden, wenn unser „Wohlfühlfenster“ mit Temperaturen zwischen 12 und 21 Richtung Tageshöchsttemperaturen verlassen wird, steigt auch das Temperament und der Aggression wird freien Lauf gelassen.
Die Studie hat aber auch klargestellt: Nicht die hohen Temperaturen haben in Folge dessen negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Menschen, sondern die Hater und ihr Verhalten. Klingt irgendwie nach Veranlagung zum Hass.
#Tinder – It started with a swipe
Der Wisch-und-Weg-Dienst unter den Dating-Apps feierte im September seinen zehnten Geburtstag. Tinder selbst spricht von über 75 Milliarden Matches in 10 Jahren. Heruntergerechnet wären das über 14.270 Matches pro Minute. Aber Tinder ist mittlerweile eben auch der Inbegriff der Algorithmisierung der Partnersuche. Eigentlich mal als App für schnelle und kurzweilige Amouren verschrien, machen Partnerschaften dank Online-Dating heute gut 20 Prozent aller Beziehungen aus. Wie lange die dann halten, ist nicht bekannt.
#Hitzewelle – Summer in the Server-Farm
Noch mal warmes Wetter: Wenn es weiter so heiße Sommer gibt, hat unsere IT-Infrastruktur ein dickes Problem. Serverfarmen benötigen bei höheren Temperaturen auch mehr Kühlung. Und mehr Kühlung frisst mehr Energie. Oftmals reicht aber selbst das nicht mal. In diesem Jahr haben in England Google und Oracle Router temporär abgestellt und einige Clouds sind somit ausgefallen. Während Server-Farmen vor 20 Jahren noch mit maximal 35 Grad Außentemperatur gerechnet haben, muss man heute bis zu 45 Grad einkalkulieren.
#Wiesn – Traditionelles Logbuch
Es ist mal wieder Oktoberfest und das heißt im Social Web: #Wiesnschmankerl. Wie auch in den vergangenen Jahren dokumentiert die Polizei München auf Twitter ihre tägliche Arbeit. Und wie jedes Jahr ist es extrem unterhaltsam. Auffällig ist, dass es überdurchschnittlich viele Vorkommnisse in Verbindung mit Mobiltelefonen gibt. Gute Unterhaltung.
#KIKunst – Mensch gegen Maschine
Ein Spieleentwickler namens Jason Allen hat an einem unbedeutenden Kunstwettbewerb teilgenommen, gewonnen und damit den Hass der Kunst-Community auf sich gezogen. Verständlich, denn der „Künstler“ war in diesem Fall ein KI-basiertes Programm, welches lediglich die Anweisungen Allens umgesetzt hat. Und das Bild selbst sah letztlich wie eine mit Pinselstrichen gemalte Sci-Fi-Illustration aus. Damit wir das klarstellen: Es geht hier nicht um Künstler, die ihr Handwerk via Grafiktablett ins Digitale umsetzen. Es geht um die Nutzung einer Software, die keinerlei künstlerische Fähigkeiten erfordert.
Steigerung gefällig: Während eigentlich viele Reaktionen wenig Verständnis für diesen KI-Betrug haben, denkt der Veranstalter darüber nach, die Regeln so anzupassen, dass Programme regulär teilnehmen dürfen; die Regeln sahen sie aber diesmal auch nicht verletzt. Schon ironisch, dass besagter Jason Allen in seinem Hauptberuf als Spielentwickler nichts mit Computerspielen zu tun hat, sondern Brettspiele vertreibt.
#Queen – Folgen Sie dem Sarg
Der Tod der britischen Monarchin hat Massen mobilisiert. Nicht nur auf den Straßen Englands, Wales, Schottlands und Nord-Irlands, auch im Internet. Ihre letzte große Reise, die Überführung ihres Sarges von Edinburgh nach London, wurde auf Flightradar24 (Web und App) von rund 4,8 Millionen Nutzern verfolgt. Auf Youtube folgten weitere 296 000 Interessierte live. Und insgesamt musste die Tracking-Seite an die 76 Millionen Anfragen bearbeiten. Damit ist die Überführung der bisher meist-getrackte Flug aller Zeiten.
#TikTok – Butter das Brett, Baby
Es kommt selten vor, dass ein TikTok-Hype mal etwas Konstruktives hervorbringt. Aber mit den Butterboards hat die New Yorker Köchin Justin Doiron etwas angestoßen, was durchaus eine Idee für den nächsten Brunch wäre. Nach ihrem Post nahmen #butterboards auf TikTok Fahrt auf und werden stündlich mehr.
#Hatespeech – Hetzen kostet
Lange ist es her, dass Akif Pirinçci noch ein medium talentierter Autor unschuldiger Katzenkrimis war. Mittlerweile ist der Autor als polizei- und gerichtsbekannter Facebook-Hetzer mit politischem Rechtsdrall bekannt. 2021 verurteilte ihn ein Gericht zu einer Strafzahlung von 6000 Euro, weil er die Klimaaktivistin Luisa Neubauer in Kommentaren sexuell beleidigt hat. Übrigens nicht die erste Verurteilung gegen den Katzen-Nazi. Da der Autor nicht zahlte, ließ Neubauer jetzt sein Konto inklusive aller Kosten pfänden. Macht dann 10.000 Euro. Wer nicht hören will und so weiter.
#Twitter – Aiwanger zeigt, wie peinlich geht
Hat der populistische Wirtschaftsminister Bayerns, ausnahmsweise kein CSU-Mann, vergessen, seinen eigenen Fake-Account zu wechseln? Hubert Aiwanger postete mit seinem offiziellen Account eine Lobhudelei auf sich selbst. Wir liefern den Tweet mal besser als Screenshot. Nicht, dass das Prachtstück noch verschüttgeht.
Das Netz lacht sich jetzt über den Chef der „Freien Wähler“ schlapp. Doch Team-Aiwanger beteuert: Mumpitz. Das sei die Replik eines anderen Nutzers gewesen. Aiwanger habe nur vergessen, es entsprechend zu kennzeichnen. Nun ergibt sich das nächste Mysterium: Nachdem dieser ominöse Peter Müller kurz verschwand und dann mit neuem Spaß-Avatar wieder auftauchte, war diese Replik überhaupt nicht auffindbar. Wir lassen die Sachlage einfach mal so liegen. Dann kann sich jeder selber seine Wahrheit zusammenreimen.
#WasWäreWenn – Als wäre nichts passiert
Etwas Nostalgie gefällig? Der türkische Rechtsanwalt und Fotograf Alper Yesiltas hat verstorbene Größen des Showgeschäfts wieder zum Leben erweckt. Mit seinem KI-basierten Projekt namens „Als wäre nichts passiert“, lässt er schmerzlich vermisste Stars so erscheinen, wie sie jetzt im gereiften Alter aussähen, wären sie noch nicht verstorben. Unter den bisher 13 Celebritys finden wir Namen wie Lady Di, Michael Jackson oder auch Freddie Mercury. Wir finden, das ist ein sehr gelungenes Projekt.
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#KI – Die Zukunft wird bewegt
Und zum Abschluss noch ein paar Tech-News: Wir hatten weiter oben zwei unterschiedliche Beispiele, wie KIs zukünftig die Kunst beeinflussen könnten. Zwei Meldungen des ausgehenden Septembers lassen erahnen, dass wir in naher Zukunft mit interessanten, merkwürdigen und vielleicht auch absurden Bildern und Videos überhäuft werden: Dall-E, ein Text-zu-Bild-Konverter, ist nun für alle frei nutzbar. Die Entwicklung von OpenAI ist in der Lage, fotorealistische Bilder auf Basis von Texteingaben zu generieren.
Wenige Tage später wurde diese freudige Meldung von Meta getoppt: Make-a-Video ist der nächste Schritt, nämlich ein universeller Konverter. Das bedeutet, Make-a-Video generiert Videos aus simplen Textbeschreibungen, aber auch aus statischen Bildern oder aus Bildkombinationen. Und diese Entwicklung aus dem Hause Zuckerberg ist so revolutionär, dass wir noch nicht absehen können, was da alles auf uns zukommt. Einfach mal ins Video reinschauen und sich dabei fragen, wer das zukünftig für was nutzen könnte.
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