Wir haben diesen Monat einige Extreme. Die äußerst geschmacklosen Spielereien mit menschlichen Gefühlen nach einer Amokfahrt, das Löschen extremistischer Videos, einen überdurchschnittlichen Facepalm-Moment oder auch extrem klickfreudige Challenges. Wir schlagen vor, Sie machen sich die Kaffeetasse nochmal extrem voll und legen dann die Füße extrem hoch. Gute Unterhaltung – der Monatsrückblick April.

#Apple – Der grüne Apfel

Bereits vor zwei Jahren haben Apple gut 87 Prozent ihrer Einrichtungen mit grüner Energie betrieben. Mit ihrer Zentrale in Cupertino ist nun auch der letzte Baustein im Projekt regenerativer Energien realisiert worden: Apple betreiben nun 100 Prozent ihrer Betriebe weltweit mit Solarenergie und Biogras-Brennstoffzellen. Sind die Werke mal nicht ausgelastet, speisen sie in die öffentlichen Netze ein. Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange: Das Apfelhaus versucht auch Kooperationspartner und Zulieferer ins regenerative Boot zu holen. Im Nachhaltigkeitsranking reihen sich Mitbewerber wie Dell oder HP hinter Apple ein. Am schlechtesten schneidet, etwas überraschend, Samsung ab. Die liegen auf dem letzten Platz.

#Münster – Karneval der Desinformation

Wie wir alle bereits aus den Nachrichten wissen, kam es am 7. April in Münster zu einer Amokfahrt mit 3 Toten und 20 Verletzten. Da wir in einer höchst terrorsensiblen Zeit leben, wurde der tragische Vorfall nur kurze Zeit nach dem Vorfall zum Social Media-Topic: Falschmeldungen über den Täter gaben sich die Klinke in die Hand. Mal war der Täter ein Rechtsradikaler, mal ein Islamist, auch bekannte Gamer und völlig fremde Personen wurden als Amokfahrer vorgestellt. Es mischten wohl auch amerikanische Faker mit und selbst ein rumänischer TV-Sender meldete fälschlicherweise, dass es sich um einen Kurden handelte. Einige dieser Falschmeldungen waren zweifelsohne auch politisch intendiert. Aber es ist auffällig, wie viele dieser Fakes von Quellen wie 4chan kamen und sich einfach einen Spaß aus der Fehlinformation machten.

Glücklicherweise haben sich auch Medien wie BuzzFeed direkt daran gemacht, Fakes zu sammeln und zu enttarnen. Aber es ist schon eine bemerkenswerte Ernüchterung, zu sehen, dass es offensichtlich eine Netzkultur gibt, die sich einen Spaß aus der Angstsensibilität der Leute macht und dabei leider offenlegt, wie anfällig die Gesellschaft dafür ist. Wo soll man da ansetzen, wenn es eine breit geteilte Mentalität ist, Menschen in erschütternden Lebenssituationen just for fun an der Nase herumzuführen?

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#Facebook 1 – Erzwungene Meinungsfreiheit

Eröffnen wir unseren diesmonatigen Facebook-Reigen mit einer Erkenntnis. Nämlich der, dass Meinungsfreiheit weder gut noch schlecht sein muss. Sie ist im demokratischen Konzept eine technische Formalität. Worum es geht: Ein Nutzer hat erstritten, dass Facebook seinen Kommentar nicht löschen durfte, was für das deutsche Facebook eine Premiere darstellt. Was stand in dem Kommentar? Es war einer der vielen überflüssigen Beiträge, die von linken Systemmedien und der gesteuerten Verblödung des Volkes schwafeln. Wir denken, die Bedeutung von Meinungsfreiheit steigt, wenn verhindert wird, dass man für seine Meinung Repressalien zu befürchten hätte. Wenn die Meinungsfreiheit allerdings dazu benutzt wird, eine wenig differenzierte und extremistische Sicht auf die Gesellschaft zu verbreiten, relativiert sich der gute Geist dieser Freiheit wieder.

Pikantes Detail dieser Posse: Der kleine Privatmann wurde nicht durch einen Anwalt vertreten, den man sich als kleiner Privatmann eben leisten kann. Erstritten wurde die Entscheidung von Joachim Steinhöfel, den Kritiker nicht grundlos als destruktiven Rechtsquerulanten sehen und der seine Arbeit heute bevorzugt in den Dienst der neuen Rechten stellt. Man darf also auch vermuten, dass dieser Fall eine konzertierte politische Aktion war.

#YodelBoy – Hank Williams lebt

Wer die amerikanische Netzwelt nicht verfolgt, hat dieses Craze vermutlich verpasst. Der 12-jährige Mason Ramsey steht in einem Walmart und singt in weißem Hemd, mit roter Fliege und Cowboystiefeln den Hank Williams Klassiker Lovesick Blues. Zwei Tage später wird ein Video davon hochgeladen und alle Dämme brechen: Über 2 Mio. Views des originalen YouTube-Videos, rund 20 Mio. Views des ersten Video-Tweets, tausende Memes, Auftritt bei Ellen Degeneres, ein Gastspiel auf dem Coachella-Festival, ein eigener Snapchat-Filter, unzählige Musical.ly Clips und eine Einladung in die altehrwürdige Grand Ole Opry. Und obendrein hat es das gut 70-jährige Original von Hank Williams in die Spotify-Charts geschafft. Schauen Sie sich den Clip an und bedenken dabei, dass der junge Jodler bereits seit seinem dritten Lebensjahr in der lokalen Country-Szene seiner Stadt unterwegs ist. Es ist auch nicht sein erster viraler Clip. Nicht, dass wir dem jungen Mann seinen Erfolg nicht gönnen würden, aber da ist doch was faul.

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#Facebook2 – Die unsichtbare Moderationsschleife

Apropos Privatsphäre. Sie dachten doch nicht wirklich, dass Messenger ein Weg zum privaten Austausch seien. Doch? Herr Zuckerberg hat jetzt zugegeben, dass Links und Fotos vor dem Absenden im Messenger gescannt werden. Grund dieser Methodik seien Vorfälle um das Thema Myanmar gewesen. Damit der Mark neutral bleibt, hat er die unterdrückte Minderheit der Rohingya ebenfalls in den Verdacht der Propaganda gerückt. Und damit wir auch absolut nicht mehr nachfragen: Der Kinderpornografie soll damit auch ein Riegel vorgeschoben werden. Da mussten wir doch ganz kurz mal etwas schmunzeln: Als vor ein paar Jahren Leuten die Einreise in die USA verweigert wurde, wegen Unstimmigkeiten in den Facebook-Nachrichten, muss die Zuckerberg-Technik wohl gehackt worden sein. Ein Schelm, der Anderes vermutet.

#Clickbaiting – Fremdschämen deluxe

Es ist eigentlich keine Meldung wert. Jeder dürfte es gesehen haben. Ein spektakuläres Bild eines Hais, übrigens nicht echt, und die Teaser-Zeile „Gib die Zahl 6 ein und staune, was mit dem Hai passiert“. Ein blinder Koma-Patient hätte erkannt, dass dies schwachsinniges Clickbaiting ist. Und wir müssen nicht mal raten, was passiert ist. Unzählige User haben die Zahl 6 eingegeben. Entschuldigung, nicht „haben“, sie machen es immer noch. Und damit sich jetzt manche nicht zu dämlich fühlen: Wir haben das gleiche Phänomen auch in anderen Sprachen gesehen und auch dort hat es funktioniert. Hach, das Internet. Man muss es einfach lieben.

#Löschoffensive – Das große Reinemachen

Bei YouTube und Facebook geht es anscheinend mit der Säuberung voran. Facebook melden über 2 Mio. gelöschte Videos mit extremistischem Hintergrund, alleine für’s erste Quartal 2018. Dabei soll es sich vorrangig um terroristischen Content gehandelt haben, der auch nicht gemeldet wurde. Die Botschaft ist also „Wir tun auch selber was!“. YouTube vermelden dagegen über 8 Mio. gelöschte Videos, die gegen die internen Richtlinien verstoßen hätten. Dabei kam nicht nur die selbsterkennende KI zum Einsatz. 1,1 Mio. Videos wurden durch das Trusted-Flagger-Programm, also Nutzer, die Videos melden, erkannt und entfernt.

#DogsInFood – Leckere Möpse

Seit Januar gibt es einen Instagram-Account, den wir Ihnen unmöglich vorenthalten können: dogs_infood. Sieht aus wie ein einziger großer Photoshop-Contest, kommt aber aus einer Feder. Na dann, guten Appetit.

Quelle: dogs_infood

#ExpectationsVsReality – Sanfte Geburt

#expectaionvsreality feedKate und Willi sind wieder Eltern geworden. Und zur royalen Niederkunft gab es natürlich das obligatorische Zurschaustellen der glücklichen Familie. Das kam vielen Müttern im Netz etwas fischig vor. Welche Frau sieht nach der Entbindung so fit und gestylet aus? Unter dem Hashtag #expectationsvsreality zeigten Mütter dann, wie man nach einer Geburt wirklich aussieht. Es ist allerdings sehr positiv, dass sich die „echten“ Mütter in vielen Descriptions nicht über Kate lustig machten, sondern eher Mitgefühl zeigten, so aussehen zu müssen. Schmähkommentare kamen eher von Männern. Wahrscheinlich die gleichen Männer, die bei einer kleinen Erkältung bereits kurz vor dem Exitus stehen. #GoKate

#ViralOverkill – Die wahren View-Bringer

Und zum Abschluß: Challenges sind die Flagschiffe unter den View- und Click-Bringern. Das fiel uns im letzten Monat, dank der Dame-Tu-Cosita-Dance Challenge, mal wieder auf. Allein die Compilations der verschiedenen Clips bringen selten weniger als 10 Mio. Views. Und selbst die Videos der einzelnen Challenger dürfen sich in der Regel über mehrere Hundertausend Views freuen. Einen vermarktungsrelevanten Wert haben diese Challenges nur bedingt bzw. nur für spezielle Teilnehmer: Der originale Song stammt von einem Reggaeton-DJ names El Chombo und ist eigentlich schon knapp 20 Jahre alt. Und die Idee samt animiertem Männchen ist bereits 2015 im Netz aufgetaucht. Gut, dass hier niemand nach Urheberrechten fragt. Nutznießer sind am Ende wohl YouTube und Musical.ly. Eine solche Challenge jedoch konzertiert und künstlich entstehen zu lassen, funktioniert nicht. Wurde versucht – klappt nicht.

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Artikelbild: Gina.Di (Public Domain)

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