Willkommen zu einem Monatsrückblick voller Spiel, Spaß und Spannung. Und weil uns das nicht reicht, füllen wir den Rest mit einem fraglichen Shitstorm, fehlverstandener Hatespeech, einem leider zu authentischen Meme und dämlicher Selfie-Eitelkeit an. Es wird unterhaltsam. Also nochmal den Kaffee nachfüllen, Füße hoch und gute Unterhaltung: Der Mai.

#Muttertag – Kalkuliertes Desaster?

Dashcams, Hatespeech und Loreleys Rache - Monatsrückblick Mai
Screenshot lidl-shop.de

Sonderangebote zum Muttertag? Klar, gehören dazu. Produkte, die Mutti auf veraltete Rollenmuster reduzieren? Böse Falle. Lidl hat sich mit solch einem Fauxpas zum diesjährigen Muttertag in die Nesseln gesetzt: Ein Angebotsprospekt zum Ehrentag featurete Saugroboter, Nähmaschine, Kaffeeautomat und Bügeleisen. Es folgte der vorhersehbare Shitstorm und Konkurrenten, die sich wenig einfühlsam darüber lustig machten.

War das wirklich ein Ausrutscher oder vielleicht sogar beabsichtigt? Wir haben bei unseren lokalen Discountern mit L nachgefragt, ob diese Reaktionen auch im Laden spürbar waren. Das Ergebnis: Weibliche Kunden fragten eher, ob die Produkte trotzdem angeboten würden oder wegen der Aufregung nun verschwinden müssten. Da darf sich nun jeder sein eigenes Bild machen. Wir möchten als Netzschau zum Muttertag vor allem auf den Spot von Nivea verweisen. Geniale und meisterliche Umsetzung einer Idee, die Mutti wirklich ehrt.

https://youtu.be/UUKs80d4ip8

#Facebook – Große Zahlenspiele

Kurze Wasserstandsmeldung aus der großen Säuberungsarie von Facebook: Bei Zuckerbergs wurden im ersten Quartal des Jahres 583 Mio. Fake-Accounts gelöscht. Zum Vergleich: In allen Staaten der EU leben summiert 515 Mio. Menschen. Demnach hat Facebook einen ganzen Kontinent an falschen Identitäten gelöscht und die Einwohlerzahl von Thailand noch als Zugabe oben drauf gelegt.

#Hatespeech – Bittere Realsatire

Wenn Richard Gutjahr über Trolle, Verschwörungstheorien, Schikanen und Lügen im Netz referiert, weiß er genau, wovon er spricht. Der profilierte Medienjournalist und Aktivist ist durch seine Arbeit zur beliebten Zielscheibe für die organisierte Hatespeech-Community geworden. Auf der re:publica 2018 berichtete er in einem einstündigen Vortrag über seine Erfahrungen und die Methoden dieser dunklen Bewegungen. Man sollte glauben, dass es im allgemeinen Interesse sei, diese Erkenntnisse zu verbreiten. Das denkt Facebook anscheinend nicht. Gutjahr wollte seinen Vortrag bewerben, was von dem Netzwerk jedoch abgewiesen wurde. Die Begründung lautete ebenfalls Hatespeech: Facebooks Interpretation unterschied nicht zwischen den Inhalten, über welche Gutjahr referierte und dem Tatbestand selbst. Realsatire as Realsatire can. Wir verweisen gerne auf seinen Vortrag, denn wir halten seine Arbeit für wichtig und wertvoll. Go Richard!

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#Klout – Ende eines Vergessenen

Dashcams, Hatespeech und Loreleys Rache - Monatsrückblick MaiIm Mai ereilte uns die Nachricht von der Klout-Schließung. Nicht, dass das Ende des Dienstes uns überrascht hätte. Überraschender war, dass wir überhaupt nochmal etwas von Klout und seinem Score gehört haben. Für alle Jüngeren: Seit 2008 errechnete Klout aus den Aktivitäten auf verschiedenen Social-Networks einen sogenannten Klout-Score, welcher die Relevanz im Social-Web indizieren sollte. Der Score ging bis 100, die meisten größeren Seiten lagen bei 40 und Obama hatte mit 99 den schwarzen Gürtel in Klout. Da der Wert durch Quantität statt Qualität recht leicht manipuliert werden konnte, verlor er glücklicherweise an Bedeutung. Bleibt noch zu sagen, dass sich der Dienst zumindest recht originell verabschiedet hat: Klout is now kaput.

#Dashcams – Der Zeuge auf dem Armaturenbrett

In Mütterchen Russland erfüllen Dashcams den sinnvollen Zweck, betrügerisch inszenierte Unfälle zu entlarven. In Deutschland scheitert dieser Absicherungszweck an der Rechtsmeinung, dass mit dem Aufnehmen des öffentlichen Raums Persönlichkeitsrechte anderer verletzt würden. Faktisch haben jedoch einige Gerichte bereits Beweismittel von Dashcams zugelassen. Was fehlt ist eine allgemeingültige Orientierung. Und die sollte nun der BGH bringen. Ende vom Lied: Das dauernde Filmen des Strassenverkehrs bleibt verboten, Material von Dashcams sei jedoch vor Gericht zulässig. Da fragt sich natürlich jeder, wie kann das eine ohne das andere. Aber weil wir darauf eh keine Antwort bekommen, schauen wir uns lieber noch ein paar russische Dashcam-Videos an. Wir versprechen, Sie werden genauso oft lachen wie erschrocken sein.

https://youtu.be/zqYJZpX-mmk

#BBQBecky – Kollektive Phobie

Dieses Meme repräsentiert vieles, was in den USA zur Zeit nicht stimmt. Eine Frau (weiß) weißt einen Mann (schwarz) zurecht, weil er in einem Park, in dem öffentliches BBQ erlaubt ist, grillt. Dann ruft sie auch noch die Polizei: Hier sind Schwarze, die machen was. Das Ganze wurde in einem Video festgehalten und glücklicherweise ging diese Geschichte nicht so aus, wie ähnliche Situationen. Nämlich mit Toten. Die Frau, BBQ Becky getauft, fand sich jedoch danach in unzähligen Memes wieder, die das ausdrücken, was auch hier geschah: Kaum stehen mindestens zwei Afro-Amerikaner zusammen, fühlt sich jemand belästigt und ruft die Polizei. Die Memes treffen allesamt den Nagel auf den Kopf. Der reale Bezug: Nicht so lustig.

Dashcams, Hatespeech und Loreleys Rache - Monatsrückblick Mai#HomoDigitalis – Der digitale Mensch

Was macht die digitale Revolution mit dem Menschen? Die Frage ist so zentral wie unspektakulär. Wenn es allerdings Antworten gibt, sieht es etwas anders aus. Und die gibt es: In der aktuellen Studie Homo Digitalis hat das Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, in Zusammenarbeit mit dem BR und arte, 22.000 Testteilnehmer befragt. Wer sich nicht durch die 64-seitige Zusammenfassung (hier) arbeiten möchte, kann  auch auf die einstündige Doku zurückgreifen.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.arte.tv zu laden.

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#SelfieFail – Loreleys Rache

Wir haben eigentlich schon lange nicht mehr über Unfälle bei Selfies berichtet. Da kommt es gelegen, dass sich ein junger Mann auf der Loreley in 130 Meter Höhe über dem Rhein in Szene setzen wollte. Lead zitiert einen Polizeisprecher mit der Beschreibung: „Auf einem oder zwei der Bilder ist der Mann noch zu sehen. Auf dem nächsten aber nur noch der Felsen“. Was dann folgte: Ein Rettungswagen, ein Hubschrauber, der die Szene aus der Luft beleuchtete, 60 Einsatzkräfte und ein 31-Jähriger, der 20 Meter unterhalb des Loreley-Plateaus zweienhalb Stunden mit gebrochener Schulter im Dunkel herumhing. Man darf beruhigt von Glück im Unglück sprechen. Aber mit den horrenden Bergungskosten wartet das nächste Unglück auf ihn. Ob’s das wert war?

#Rongcheng – Orwell auf Chinesisch

Vor ein paar Jahren machte die Meldung die Runde, dass China an einer “Gamification” des Gesellschaftssystems arbeite. Wer sich als guter Bürger verhält, bekommt positive Credit-Points. Wer etwas zu menschlich ist, beispielsweise zu viele Videospiele, bei Rot über die Ampel gehen, nicht die Hymne singen oder im Aufzug pupsen, bekommt Minuspunkte. Das System wird jetzt allgemein gültige Realität. Rongcheng ist eine Stadt, welche komplett auf diese Kontrolle ausgelegt – voller Kameras, die dank KI und Gesichtserkennung alles mögliche sehen. Ähnliche Projekte gibt es auch in anderen Städten. Die Teilnahme ist mancherorts freiwillig. Die Ablehnung der Teilname wird einem allerdings auch zu Lasten gelegt. Das Portfolio der Repressionen umfasst schlechtere Chancen bei der Wohnungs- oder Jobsuche, gedrosselte Internetverbindungen oder auch Einschränkungen der Reisefreiheit. Und bevor wir jetzt mit dem Finger auf China zeigen: Uns fallen da auf Anhieb einige Politiker und Parteien in ganz Europa ein, denen das auch gefallen könnte.

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#CambridgeAnalytica – Raider heißt jetzt Twix

Nur eine Meldung am Rande: Als Konsequenz des Datenskandals meldeten Cambridge Analytica am 01.Mai Insolvenz an. War’s das dann? Nein, denn bereits Mitte 2017 wurde ein Unternehmen mit selbigem Geschäftsgegenstand, an gleicher Adresse, unter den gleichen Leuten, mit Namen Emerdata gegründet. Neuer Name, alter Laden.

#YannyLaurel – Farbenblinde Ohren?

Wer erinnert sich noch an den Farbtest? Ist das Kleid gold oder blau? Im letzten Monat gab’s den gleichen Stunt für die Ohren: Hören Sie Yanny oder Laurel? Der Spaß begann auf Reddit und schnell waren sich die User uneins, was sie da hören. Als der Soundclip mit über 90k Retweets viral ging, stand die Frage, was zu hören ist, auf der internationalen Bühne. Selbst Promis, das Weiße Haus und die New York Times beteiligten sich. Aber mal ehrlich: Wer hört denn da Yanny?

#F8 – Dating und Blutspende

Anfang Mai fand turnusmäßig die Facebook-Entwicklerkonferenz F8 statt. Gegen eine „Daumen-runter“-Bewertung sträubte sich das Netzwerk bisher immer vehement. Jetzt soll eine „hoch-runter“-Bewertung alla Reddit kommen, um die Relevanz von Kommentaren zu eruieren. Praktischer scheint dagegen das „Clear-History“-Tool, womit Nutzer sehen können sollen, welche Apps und Seiten Daten von ihnen sammeln. Facebook möchte auch ein Blutspende-Feature einführen, über das wir allerdings noch nichts wissen. Bereits seit September 2017 gibt es auf dem indischen Facebook ein Tool, welches dringende Blutspender finden soll. Und worüber alle sprechen: Bald soll das Zuckerberg-Netz auch eine Dating-Funktion bekommen. Na, da sind wir mal gespannt.

#DetroidBecomeHuman – Maschine wird Mensch

Zum Abschluß ein kleiner Spiele-Tipp: Detroid: Become Human. Androiden leben unter Menschen und fungieren als Dienstleister in allen möglichen Lebensbereichen. Als das Phänomen der Abweichler auftritt, fallen manche Androiden aus ihrer programmierten Rolle und werden dabei menschlicher als ihre humanen Herren. Das PS4 Spiel reflektiert einige wichtige Fragen unserer Zeit, weshalb in jüngster Vergangenheit auch über dieses Spiel in den Feuilletons zu lesen war. Kritiker behaupten, das Spiel spiele zu wenig und ist zuviel spielbarer Film. Wer jetzt neugierig geworden ist, kann sich eine halbe Stunde Let’s Play mit dem YouTuber Gronkh zu Gemüte führen. Freunde von gesellschaftkritischen Cyberpunk-Stoffen werden begeistert sein.

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Artikelbild: National Museum of the U.S. Navy (Public Domain)

 

 

 

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