Mit der Vertrautheit von Dr. Sommer und der Raffinesse von QVC quatscht sich eine Kölner Youtuberin in die Kinderzimmer Deutschlands. Fast zwei Millionen Youtube-Abonnenten folgen den sympathisch wirkenden Geschichten von Bianca Heinicke alias Bibi. Doch „Bibis Beauty Palace“ ist kein Video-Kanal von Freundin zu Freundin. Es ist ein lukratives Geschäftsmodell, das sich über Werbung finanziert und häufig abseits der elterlichen Wahrnehmung stattfindet.
„Hallihallo, meine Lieben und willkommen zu meinem neuen Video!“, quietscht es regelmäßig über die rosa geschminkten Lippen von Bibi – und Millionen Jugendlicher hängen an genau jenen. Was mit einem Video-Tutorial zum Haareflechten anfing, ist zu einem lukrativen Geschäftsmodell und Youtube-Phänomen nach amerikanischem Vorbild herangewachsen.
Seit Dezember 2012 zieht Bibi vor allem junge Fans mit Lifestyle- und Beauty-Tipps in ihren Bann. Es gibt Bibi-Fanclubs, zahlreiche Blog- und Video-Antworten und natürlich jede Menge Herzchen. Ihre Fans, meist weiblich, nennen sich Bibi’s Mädchen, BibinatorForever oder Bibi~MyPerfektWorld. Sie sind vereint unter dem Hashtag #Bibinator.
Hier ein statistischer Eindruck zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Beitrags:
Youtube: 1.719.416 Abonnenten
Twitter: 625.000 Follower
Facebook: 1.170.921 Likes
Instagram: 1.5 m Abonnenten
Bibis Fans vertrauen ihr viel Persönliches, häufig auch Intimes an. Seit es die Figur Bibi gibt, haben Teenieleben, so scheint es, wieder einen Sinn. In Kommentaren feiern sie Jugendliche überschwenglich als „so krasses Vorbild ich liebe deine Videos und ich finde es toll, was du so machst ich würde so gerne so sein wie du. Danke, dass es dich gibt!“
Schlichter Content
Dabei vloggt Bibi nur über alltägliche Dinge und Erlebnisse: in ihrer Rubrik „Follow Me Around“ nimmt sie beispielsweise ihre Fans virtuell mit in den Urlaub, gibt Schmink- und Styling-Tipps oder bekommt von Zeit zu Zeit Besuch von ihren Freunden und Youtube-Kollegen Liont, Dagi Bee sowie ihrem festen Freund Julian „Julienco“ Claßen. Letzterer sprang im Februar mit 685.170 Abonnenten und damit einem Plus von 163,3 Prozent von Platz 121 auf 43 der Youtube-Abonnenten-Charts – sicherlich nicht zuletzt dank der Verbindung zu Bibi (Quelle: Meedia).
Schamlos wirkendes Product Placement
Was wären Beauty- und Schminktipps ohne das richtige Equipment? Vom 55 Cent günstigen Fußbad bis zur 250 Euro teuren Uhr hält Bibi alles in die Kamera, was das Teenie-Herz begehren könnte. Die 22-jährige verweist dabei stets auf die Verkaufslinks unter ihren Youtube-Videos. Kauft ein Kunde einen Artikel über einen solchen Link, gibt es in der Regel eine festgelegten Provision für den Vermittler, was in diesem Falle Bibi und ihr Management sein dürften. Laut Amazon Werbekostenerstattung wären das beispielsweise bei Uhren 10 Prozent des Verkaufspreises.
Diese bei vielen Youtubern etablierten Vermarktungsprinzipien werden von einigen Kritikern als schamlos und verantwortungslos angeprangert. Gerade sehr junges Publikum, das noch nicht über ausgeprägte Medienkompetenz verfügt, kann ein solches Format häufig kaum als Werbung erkennen.
Die Zielgruppe im Kinderzimmer ist meist auf sich gestellt
Dabei ist es nicht einmal versteckte Werbung, was Bibi & Co da treiben. Nein, es ist nur ein aus klassischer Sicht ungewohntes Format. Bibi macht sich zur guten Freundin, zur Dr. Sommer 2.0, zur Kumpelfigur, von der man gerne Tipps und Ratschläge entgegen nimmt. Von günstiger Duschlotion über Gratis-Haushaltstipps bis hin zu für Schülerinnen unerschwingliche Stöckelschuhen bedient Bibi ihr junges Publikum auf ganzer Linie und strahlt dabei stets Authentizität aus.
Mit dieser Konsumflut reflektiert umzugehen, bleibt dabei letztendlich in der Verantwortung der jungen Betrachter. Wo Heinicke selbst nichts anzukreiden ist, ist am Ende die Verantwortung der Eltern gefragt. Doch die wissen meistens nicht einmal, wer Bibi und die anderen Youtuber überhaupt sind oder verfügen nicht über ausreichende Medienkomptenz.
Wer steckt hinter Bibis Beauty Palace?
Was Jan Böhmermann im Neo Magazin Royale als intransparente Werbung anprangerte, ist in Biancas Fall ein Unternehmen, eine eingetragene GbR mit auf Youtube offen einsehbarem Impressum. Sicherlich kann Bibi den damit einhergehenden Aufwand nicht alleine bewältigen. Schließlich folgt ihrer Berühmtheit neben Bergen von Fanpost, Mails und minütigen Fan-Postings, auch hysterisches Fangehabe: Dem Aufruf zu einer spontanen Autogrammstunde am Kölner Roncalliplatz folgten mehr als 300 kreischende und hyperventilierende Teenies. Diese Veranstaltung musste von Sanitätern und der Polizei abgesagt werden und Heinicke drohte ein Bußgeld.
Koordiniert werden Bibis Aktivitäten von ihrem Management Check One Two Perfect GmbH, welches dem Schauspieler Tom Beck gehört. Dieser wiederum ist ausgerechnet aus der TV-Serie „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ bekannt. Dass an einem Abend ein Song der Band „SomeKindaWonderful“ in der Serie zu hören ist und diese am Folgetag plötzlich von Bibi „entdeckt“ wurde, wollen wir an dieser Stelle einfach mal nicht weiter hinterfragen.
Was macht Bibis Erfolg aus?
Bibi kann weder Einradfahren und dabei einen Stuhl auf der Nase balancieren, noch kann sie das hebräische Alphabet mit der Star-Wars-Melodie rückwärts singen und sie provoziert auch nicht mit Nacktbildern.
Was ist es also, dass sie bei Jugendlichen so beliebt macht? Es ist die Nähe zu ihren Fans, die ihr wichtig zu sein scheint und die sie extrem pflegt. Und wenn ein von ihren Anhängern dargestelltes Schicksal besonders rührend ist, greift Bibi auch mal selbst zum Telefonhörer und tröstet bei Liebeskummer.
Kurzum: Bianca „Bibi“ Heinicke wirkt wie das nette Mädchen von nebenan, eine Freundin der man sich anvertrauen kann, der man vertrauen kann. So dann auch bei Schmink- und Shoppingtipps. Und das machen mittlerweile so viele Jugendliche, dass Bibi sicher auch das Bußgeld für eine nächste, öffentlich abgebrochene Autogrammstunde bereits zusammengeworben haben dürfte.
Ich finde diese Werbestrategien ganz furchtbar. Ich bin zwar selbst erst 14 und dementsprechend auch seit circa zwei Jahren im Internet aktiv, bin aber auch der Meinung mittlerweile über genug Menschenkenntnisse zu verfügen, um nicht auf so etwas hereinzufallen. (Mal abgesehen davon, dass ich dieser Art von Youtubern recht wenig Sympathie entgegen bringen kann & mich am liebsten übergeben möchte, wenn ich diese geschminkte Pferdefresse sehe. Verzeihen Sie mir diesen Ausdruck, aber mir fällt leider keine andere Bezeichnung dafür ein.)
Das schlimmste jedoch sind wirklich diese Bibinators, die Bibi jeden Dreck aus der Hand fressen würden. So auch meine Schwester…Sie ist zehn Jahr alt, passt daher perfekt in Bibi’s Beuteschema und es ist einfach fürchterlich! Sobald Internet in der Nähe ist, wandert der Mauszeiger auf den Youtube-Button. ,,Bibi sagt dies und Bibi sagt das…“, ,,Ohh! Die Abdeckcreme hat Bibi auch.“ oder ,,Du blöde Kuh! Wehe du sagst ein was gegen Bibi!“ Alles wird mit ihr begründet…bis hin zu Schminktipps und Anweisungen, wie ich auf Absatzschuhen zu laufen habe (Wirklich war. Ich hatte dieses Jahr Jugendweihe.)
Ich kann für sie (und vor allem für mich) nur hoffen, dass sie möglichst schnell erwachsen wird und erkennt, wer oder was sie da so an der Nase herumführt und dazu bringt einen Haufen unnötige und absolut nicht altersgerechte Produkte zu kaufen.
Hallo Alina,
zunächst einmal vielen Dank für deinen interessanten und offenen Kommentar.
Und sorry für die verspätete Rückmeldung, leider war er uns irgendwie durchgegangen und unser Autor Fabi ist zur Zeit nicht im Büro. Deshalb werde ich mal mit einer Antwort einspringen.
Es ist schön zu lesen, dass jemand in deinem Alter so reflektiert mit diesen Themen umgeht. Von einer Zehnjährigen kann man allerdings beim besten Willen kaum die entsprechende Medienkompetenz erwarten, die notwendig ist, um mit dieser Art der Werbung richtig umgehen zu können. Da helfen eigentlich nur Gespräche und Aufklärung.
Aus deinem Kommentar entnehme ich allerdings, dass du das bereits erfolglos versucht zu haben scheinst. Das ist aber zwischen Geschwistern auch nicht unbedingt ungewöhnlich, das weiß ich aus eigener Erfahrung – auch wenn das schon etwas zurück liegt 🙂
Leider fehlt eben diese Medienkompetenz oft auch bei Lehrern oder Eltern, die entsprechenden Einfluss nehmen sollten. Gerade bei den Generationen, die nicht mit dem Internet aufgewachsen sind, ist das in vielen Fällen auch noch mal besonders schwierig.
Vermutlich wird sich das, so wie du es ja auch schon selbst geschrieben hast, auf lange Sicht zwar wirklich von selbst erledigen. Aber vielleicht solltest du trotzdem einfach mal versuchen, mit deinen Eltern oder einem Lehrer deines Vertrauens über dieses Thema zu sprechen. Bestimmt geht es auch anderen so wie dir und deiner Schwester. Wichtig ist am Ende, unterscheiden zu lernen, was echt und was fake ist und wo zum Beispiel einfach bloße Berechnung und wirtschaftliche Interessen der Grund sind, dass zum Beispiel jemand nett ist. Zwang und bloßes dagegen sprechen hilft vermutlich eher weniger. Man muss den Weg zeigen, solche Unterscheidungen selbst treffen zu können und man muss diese Erkenntnisse vor allem auch selbst bekommen.
Ich hoffe, mein Input hilft dir ein wenig und ich drücke euch die Daumen und wünsche dir alles Gute.