Der April bot das volle Programm an Netzmeldungen: Business, Rechtsprechung, Interessantes zum Nutzerverhalten und einen runden Geburtstag. Natürlich darf das alltägliche Treiben um Hashtags und Memes nicht fehlen. Also, Popcorn raus, Füße hoch – der April 2015.

Scherzalarm! – Jeder Monat fängt mit dem 1. an, aber beim April hieß das natürlich: Scherzhafte Fakes. Wie jedes Jahr beteiligten sich die größten Unternehmen der digitalen Ökonomie an den mittlerweile sehr professionell inszenierten Streichen. Einzig bei Amazon gab es eine Panne: Der Dash-Button, ein Gadget, mit dem man Bestellungen aus der Offline-Welt in der Online-Welt tätigen kann, wurde von manchen als Aprilscherz verstanden; Amazon musste klarstellen, dass es sich dabei nicht um einen Scherz handelte. Nicht zu vergessen: Die mittlerweile ritualisierten Produktvideo-Fakes verdeutlichen, wie lächerlich Kampagnen-Clips im Hollywood-Stil eigentlich sind – Beweisstück: der Motorola Selfie-Stick. Andere Scherze sind dagegen wirklich coole Ideen, wie etwa die Playstation Flow, welches im Grunde eine AR-Brille für Schwimmer darstellt.

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Sein oder nicht sein – Bitcoins haben, nach den zahlreichen schlechten Schlagzeilen des vergangenen Jahres, einiges an Wert eingebüßt. Die Bitcoin-Foundation, eine NGO, welche die Entwicklung voran treiben und das Image der Alternativwährung aufpolieren sollte, sieht sich im Moment im Zentrum eines wahrhaft existenziellen Streits. Ein Mitglied der Foundation schrieb in einem Blog, dass die Gesellschaft quasi pleite sei, Geld schon lange nicht mehr da wäre und Transparenz innerhalb der Organisation höchst unbeliebt sei. Der Vorstand sah sich gezwungen, darauf zu reagieren: Man sei nicht pleite, sondern müsse nur die Personaldecke, aufgrund des Werteverlusts der Währung, ausdünnen. Anzumerken ist allerdings auch, dass es um das Vorstandspersonal der Foundation immer wieder windige Meldungen gab, inklusiver Verlinkung zu Silk Road, Festnahmen und Anklagen wegen Insiderhandels. Freunde, es sieht so aus, als dürften wir den Niedergang der digitalen Währung nun episodenweise miterleben.

#bahnstreikfilmeTraditionsritual – Funktionierende Routine, wird nicht selten zur Tradition. Und da Bahnstreiks langsam zum festen Bestandteil der Fahrpläne gehören, reagiert auch die Twittergemeinde mit bewährten Ritualen: Unter dem Hashtag #bahnstreikfilme wurden, wie bei den zurückliegenden Streiks, passende Wortspiele mit Filmtiteln gepostet. Neuerung: Diesmal wurde noch auf #bahnstreikliteratur und #bahnstreiksongs erweitert – allerdings meist mäßig lustig. Was lernen wir daraus: Frustration ist eine gute Motivationsquelle für Kreativität.

Bilderrätsel – Emojis sind in letzter Zeit gehäuft im Nachrichtenstrom aufgetaucht. Zugegeben: Die kleinen Emotionspictogramme erfreuen sich größter Beliebtheit und bestreiten nicht selten komplette Gespräche, ohne ein getipptes Wort. Der App-Anbieter SwiftKey hat nun aus seinem eigenen Datenschatz geschöpft und untersucht, wie sich die Emoji-Nutzung weltweit unterscheidet. Der Tränen lachende Smiley, Kuss-Smileys und Herzen sind weltweit die beliebtesten Bildchen, die über alle Sprachbarrieren hinweg verstanden werden. Den Rest möchten wir mal so spoilern: Spanier mögen Party-Hüte, Russen senden Schneeflocken, Amerikaner lieben Schädel, Brasilianer Katzen und Araber Kamele. Es wird aber schon noch etwas differenzierter (zur Studie). Vielleicht wird ja Emoji-Dolmetscher irgendwann ein echter Beruf. #ehernicht

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Abführen! – Rache-Pornographie ist eine Pest und verbreiteter, als gemeinhin angenommen wird. Der 28-jährige Kevin Bollaert konnte mit privaten Fortpflanzungsvideos verflossener Geliebter mehrere Seiten betreiben. Und nicht nur das: Parallel betrieb der Schmutzfink einen Service zur Wiederherstellung der eigenen Reputationen, welche gegen 350 US-Dollar Gebühr die eigenen Privatpornos wieder entfernte. Im Februar wurde Bollaert von einem Gericht verurteilt, welches nicht nur den Straftatbestand der Erpressung erfüllt sah. Dass er schwere Schädigungen von Personen billigend in Kauf genommen hat, schlug noch erschwerend zu Buche. Während in Deutschland Strafen bis maximal 5 Jahre Haft möglich sind, setzte das US-Gericht ein etwas deutlicheres Zeichen: 18 Jahre und wenig Hoffnung auf frühzeitige Entlassung, wegen guter Führung.

Wegelagerei? – Adblock ist ein Browser-Plugin, welches lästige Werbebanner beim Besuch der Seite unterdrücken soll. Faktisch lässt sich der Hersteller Eyeo allerdings die Durchlässigkeit gut bezahlen: Google, Amazon oder Yahoo zahlen dafür, dass ihre Werbung nicht geblockt wird. Das Prinzip kennen wir aus dem Mittelalter und nennt sich Wegezoll. Gegen diese Praxis wollten Zeit Online und das Handelsblatt nun klagen, zumal ihre Inhalte durch Werbung finanziert werden und somit die Verdienstmöglichkeit entzogen würde. Das Gericht schmetterte die Klage ab und verwies auf die mittlerweile reichhaltigen Bezahlinhalte, welche zur Finanzierung dienten. Darüber hinaus könne der Filter auch individuell eingestellt werden. Mehr als ein Etappensieg ist dies jedoch nicht: Gegen Eyeo laufen zahlreiche Klagen großer Medienunternehmen und eine endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit wird wohl vor dem Bundesgerichtshof fallen.

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Freunde wiedersehen – Postings von Freunden höher ranken, Beiträge von Fan-Pages niedriger ranken und so den Newsfeed zugunsten der privaten Nutzer bereinigen. So klingt die offizielle Erklärung zum neuen Facebook-Algorhitmus. Auch erspart man dem privaten Facebooker in Zukunft die Meldungen, sollte ein Freund etwas geliket oder kommentiert haben. Man könnte aber auch sagen, dass man es gewerblichen Pages nicht mehr so leicht machen möchte, Facebook als Werbefläche zu nutzen, ohne dafür zu bezahlen. Denn wer gesehen werden will, sollte seine Postings „sponsern“ lassen. So oder so: Facebook gewinnt.

Quelle: 4chan

Meme auf Bestellung – Eine einfache Anfrage auf 4chan: Kann irgendwer den Eifelturm unter meinen Finger photoshoppen? Nun, so eine Anfrage bleibt auf 4chan nicht lange ungehört. Es folgte: Ein Meme-Contest, bei dem es mit jedem neuen Bild skuriler wurde. Der Hype schwappte auch über die Grenzen von 4chan und verbreitete sich auf anderen Bilderportalen. Von kleinen Bildmanipulationen bis zu Montagen mit Filmhelden – dabei wollte er doch nur… egal. Und die Moral von der Geschicht‘: Keine, so ist das Internet. #tja

Mut zur Lücke – Ben Bloom ist Sportredakteur des Telegraph und hat wohl seinen Chef glauben lassen, er spräche Deutsch. Das hat ihm jedenfalls einen Platz in der Abschieds-PK Jürgen Klopps beschert. Der Haken: Er spricht gar kein Deutsch und versteht folglich kein Wort von dem, über das er berichten sollte. Und genau das schreibt er auch in seinem Ticker, allerdings so lustig und sympathisch, dass sein Ticker bzw. sein Twitter Feed ein echter Hit wurde. Bloom hat nun mehr Follower, sein Chef weiß jetzt, dass er kein Deutsch spricht und wir wissen auch, dass er seinen Job behalten konnte – immerhin verdankte er Twitter nun einen höheren Marktwert. Well, well.

Wahrheit und Wahrnehmung – Wie wir Medienmenschen es lieben, wenn eine Statistik die hysterische Medienkritik aus den Angeln hebt: Das Munich Digital Institute hat Berichterstattung und Reaktionen des Germanwings-Absturzes im Netz und speziell auf sozialen Netzen untersucht (zur Studie). Die Erkenntniss, dass das gesamte Spektrum von Bild! bis Zeit und Süddeutsche von Rezipienten als sensationsgierig, unanständig und pietätslos beschimpft wurde, ist nicht neu und war im Rahmen der Lügenpresse-Folklore nicht anders zu erwarten. Die Studie zeigt jedoch auf, dass selbst die zweifelhaftesten Beispiele medialer Crash-Berichterstattung genau das bedienen, wonach der Großteil der Netzbewohner eh sucht. Als beispielsweise der Name des Co-Piloten bekannt wurde, ist dieser mehr als doppelt so oft gegooglet worden, als das Unglück selbst. Der Nutzer von heute recherchiert selbst und mit sehr personifizierter Orientierung; das Interesse steigt proportional zur Aktualität neuer Erkenntnisse. Und die viel zitierte Kritik an der Berichterstattung ist mit einem Anteil von einem Drittel nicht so hoch, wie gemeinhin vermutet. Es kann zumindest nicht behauptet werden, die Medien würden nicht liefern, was die Nachfrage verlangt.

Seltener Glücksfall – In Bahrain konnte ein filipinisches Hausmädchen, welches vom Sohn des Hauses vergewaltigt und verprügelt wurde, nach einem Video-Hilferuf auf Facebook befreit werden. Der Clip wurde inzwischen über 2 Millionen mal gesehen. Befreit wurde das Mädchen nicht durch die Reaktion der arabischen Behörden, sondern durch das Eingreifen der filipinischen Botschaft. Wir können an dieser Stelle nur begrenzt Freude zeigen, da es eine sehr seltene Ausnahme ist. Asiatische Hausbedienstete sind in den arabischen Geldstaaten sehr verbreitet – mindestens so verbreitet wie die Misshandlungen durch ihre Dienstherren. Werden die Hausmädchen schwanger, so zwingt man sie zu Abtreibungen. Bekommen sie trotzdem die Kinder, werden Mutter und Kind sofort auf die Straße gesetzt – außer den eigenen Botschaften, fühlt sich niemand in diesen Ländern zuständig. Wir befürchten: Selbst wenn mehr Frauen dem Beispiel folgten, würde sich keine höhere Aufmerksamkeit für dieses Thema einstellen.

Sympathisches Fremdschämen – Kennen Sie Gerd Müller? Nein, nicht der Fußballer. Der CSU-Mann ist unser aktueller Entwicklungsminister und als solcher bereits von Natur aus nicht so bekannt. Zum Glück haben wir YouTube, von wo aus sich seine Grußworte auf dem Global Citizen Earth Day in Washington verbreiteten. Seine Englischkenntnisse sind, sagen wir mal, fundamental vorhanden – aber das macht diese Ansprache auch irgendwie sympathisch. Also, in seinen Worten „I love you all!“ und dank YouTube ist sein Bekanntheitsgrad auch schwer gestiegen.

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Trash-Jodeln – Früher wurden geistreiche Sprüche an Klowände geschrieben – ihre Qualität ist legendär. Dem selben Prinzip folgt nun die App Jodel, welche sich vor allem an Universitäten größter Beliebtheit erfreut. Man postet einen Spruch und der wird an Nutzer in der Nähe gesendet. Die Formel scheint zu passen, denn mittlerweile hat sich die App auch über die europäischen Grenzen hinweg verbreitet. Die Anwendung benötigt keine Registrierung und läuft streng anonym. Kontrolliert werden die Einträge anscheinend schon, weshalb auch keine Oben-ohne Bilder von offenherzigen Studenten zu finden sind. Bisher gibt es keine Berichte über Missbräuche (üble Nachrede, Rufmord, Mobbing, etc.) – hoffen wir, dass es so bleibt.

Volle Dekade – YouTube wird 10 Jahre alt und irgendwie ist das nicht so richtig spektakulär. In der digitalen Ökonomie ist die volle Dekade zwar eine halbe Ewigkeit. Aber die Omnipräsenz des Video-Portals verwässert etwas den tiefen Einfluss, den die Plattform zweifelsohne auf die Informationsverbreitung und das Nutzungsverhalten genommen hat. Halten wir fest: Der erste Clip auf YouTube handelte von einem Besuch im Zoo und der unangefochtene Rekordhalter mit über 2 Mrd. Views ist weiterhin Spy und sein Gangnam-Style. Wir haben dann aber doch noch einen Clip gefunden, der den 10 Jahren gebührend die Ehre erweist. Glückwunsch.

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Love for Sale – Dating-Portale müssen in Zukunft etwas bedachter ihre Angebote formulieren. Verspricht der Veranstalter nämlich, dass man Partnerschaftssuchende fest zusammenbringt, so handelt es sich um eine Partnerschaftsvermittlung und die darf, wie ein Urteil nun entschied, nicht endgeltlich sein, wenn es zu keiner Partnerschaft gekommen ist. Das Gericht berief sich dabei auf einen Paragrafen aus dem Jahre 1900. Einer beklagten Userin blieben dadurch der Mitgliedsbeitrag einer Partnerbörse erspart. Wir finden, das ist eine sehr buchstäbliche Definition von Partnerschaftssuche im Internet – aber zumindest beruhigt es, dass Misserfolge nicht auch noch kostenpflichtig sind.

Krisenhelfer – Um schnell Klarheit über den Verbleib von Freunden im Erdbebengebiet Nepals zu bekommen, haben Facebook und Google schnelle Hilfe angeboten. Facebooks „safety check“ gibt es bereits seit Oktober 2014 und zeigt an, welcher der eigenen Freunde sich gerade im Erdbebengebiet aufhält. Googles „person finder“ wurde 2010 beim großen Erdbeben auf Haiti eingerichtet. Die Funktionen sind keine ständigen Dienste, sondern werden in solchen Notfällen freigeschaltet. Für Google hatte die Tragödie auch eine persönliche Note: Produktmanager Dan Fredinburg befand sich zum Zeitpunkt des Erdbebens in Nepal und ist unter den Opfern der Naturkatastrophe.

It’s a girl – Unter dem Hashtag #GreatKateWait erwarteten Freunde der britischen Royals den neuen Nachwuchs von Kate und William. Raten um den Namen, viele nichtssagende Bilder von Gebäuden, Volksfeststimmung und immer wieder Vergleiche mit Diana. Die Monarchie mag in England umstritten sein – die Sympathie für die Royals ist es offensichtlich nicht.

Brain Drain – Gemeinsam mit einigen großen europäischen Medienhäusern gründete Google im April die „Digital News Initiative“, welche gemeinsam an neuen journalistischen Produkten arbeiten möchte. Google lässt sich den Innovationsfond in den nächsten drei Jahren 150 Millionen Euro kosten. Was dabei faktisch herauskommen soll und wie davon die beteiligten Verlage profitieren, wird nicht ersichtlich – viele Worte, große Pläne, doch die Skepsis bleibt. Kritik kommt auch vom neuen Leiter der strategischen Innovationen bei Axel Springer, Christopher Lauer: Die Verlage lieferten Google ihr Know-How und das grenze schon an transparente Wirtschaftsspionage. Davon ab könne Google auch direkt die Leistungsschutzrechte akzeptieren und so die neue Produkte der Verlage finanzieren. Und das aus dem Munde eines der größten Kritiker des Leistungsschutzrechts – zumindest als er noch der Piratenpartei vorsaß. Tja, wes Brot ich ess…

LMAA – Und zum Abschluss: Der aktuelle Clip des norddeutschen Hip-Hop-Kollektivs Deichkind widmet sich dem Social-Media-Leben, mit eindeutiger Botschaft: Like mich am Arsch. Dass der Clip ohne soziale Netze gar nicht bekannt geworden wäre – geschenkt. Lustig sind die analogen Nachbildungen von bekannten Netz-Memes auf jeden Fall. Und wie Deichkind bereits selbst gesungen haben: Leider geil.

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