Ja, es gibt Regeln. Falls ihr euch fragt, ob ihr etwas verpasst habt: Nein. Denn bei diesen Regeln handelt es sich eher um ein Stück Netzkultur. Sie beschreiben im Grunde nur, was jeder aus eigener Erfahrung bereits wissen sollte. Irgendetwas zwischen Murphy’s Law und Bauernregeln für das Internet. Kostprobe gefällig? Wir haben 15 Regeln zusammengestellt.

Regeln? Wessen Regeln?

Willkommen in der Nerd-Welt! Jeder kann und darf das Internet benutzen. Aber wer sich vom Allerwelts-User unterscheiden will, sollte mal seinen Fuß in die subkulturelle Tiefe tauchen, die das Netz zu bieten hat. Die Regeln und Gesetze des Internets gehören eindeutig zum restringierten Code der digitalen Weiten.

Quellen für diese Reglements sind beispielsweise die berühmt berüchtigten Rules Of The Internet, die bereits 2006 durch Anonymus-Chats entstanden sind. Andere Regeln und Gesetze wurden frei verfasst und haben sich dann verbreitet, weil es einfach noch keinen Namen für diese Phänomene gab. Natürlich handelt es sich um keine parlamentarischen Regelwerke. Sie sind eher so etwas wie Bauernregeln, die auffällig oft zutreffen und eigentlich keiner weiteren Beweisführung bedürfen. Also, los geht’s.

Godwins Gesetz – Hitler!

As a Usenet discussion grows longer, the probability of a comparison involving Nazis or Hitler approaches 1.

Ihr kennt dieses Stereotyp über Internet-Diskussionen: “…und irgendwer schreit Hitler.“ Mike Godwin formulierte dieses Gesetz bereits 1990, als das öffentliche Internet noch sehr jung war. Der Grundsatz ist aber schon älter. 1953 stellte der deutsch-amerikanische Staatsphilosoph Leo Strauss die Regel „Reductio ad Hitlerum“ auf. Strauss bezeichnete damit die Debatten-Taktik: Hitler war schlecht → Hitler vertrat auch diese Position → Diese Position ist auch schlecht.

Godwin simplifizierte diese Formel darauf, dass zunächst jeder Hitler-Vergleich eine Ultima Ratio darstellt. Irgendwann wird irgendwer im Laufe einer Internet-Debatte darauf zurückgreifen. Und das heißt schlussendlich: Mit der zunehmend Länge einer Diskussion im Netz steigt die Wahrscheinlichkeit eines Hitler-Vergleichs.

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Gores Gesetz

As an online climate change debate grows longer, the probability that denier arguments will descend into attacks on Al Gore approaches 1.

Mit Blick auf Godwin entwarf Terence vom Blog „Long Ago And Not True Anyway“ 2008 Gores Gesetz. Wir haben aber das Gefühl, dass sich dieses Gesetz etwas überlebt hat. Debatten um den Klimawandel sind zwar immer noch hochaktuell. Aber Al Gore ist schlicht nicht mehr so präsent wie noch 2008.

XXX

Rule 34 – There’s porn.

Rule 35 – If no porn is found at the moment, it will be made.

Wir sprechen zwar nicht mehr über das Stereotyp, dass das Hauptsujet des Internets Pornographie sei. Aber es ist immer noch so. Und es gilt: Wenn etwas existiert, dann gibt es auch pornografischen oder zumindest erotischen Content dazu. Egal ob es sich dabei um den Papst oder Mickey Mouse handelt.

Wir werden das jetzt nicht bebildern, aber jeder kann selbst die Probe aufs Exempel machen: Googlet einfach irgendeinen (mehr oder minder) prominenten Namen und fügt „xxx“ oder „porn“ an die Suchabfrage. Aber bitte nicht machen, wenn ihr leicht rot werdet. Denn wir garantieren einen 99-prozentigen Sucherfolg.

 Pommers Gesetz

A person’s mind can be changed by reading information on the internet. The nature of this change will be: From having no opinion to having a wrong opinion.

Was Rob Pommer 2007 auf RationalWiki formulierte, bestätigt sich in Zeiten von Fake News leider immer und immer wieder: Person X hat im Grunde keine Meinung zu einem Thema, liest dann aber etwas darüber im Internet. Darauf basierend hat diese Person plötzlich eine Meinung zu besagtem Thema. Und meist sind diese Informationen nicht sonderlich faktenscharf. Bei genauerer Betrachtung setzt fast jedes stereotype Framing auf diese meinungsbildende Fehlleistung von Menschen. 

Regeln im InternetRule 14 – Trolle

Do not argue with trolls – it means that they win.

Wir kennen alle auch die Empfehlung „Don’t feed the troll“ (Füttere nicht den Troll). Läuft auf das Gleiche hinaus. Jede Energie, die man in Debatten mit diesen Nervensägen steckt, verschwindet wie in einem schwarzen Loch. Trolle sind keine Diskussionspartner, also lasst es.

Poes Gesetz

Without a winking smiley or other blatant display of humor, it is utterly impossible to parody a creationist in such a way that someone won’t mistake for the genuine article.

Auch wenn sich der Verfasser Nathan Poe (in christianforums.com) damit auf Argumente von fundamentalistischen Christen bezog, ist diese Regel für den meisten ironischen oder parodierenden Content valide: Wenn man nicht mittels Emoji/Emoticon anzeigt, dass es anders gemeint ist, werden es die wenigsten Diskussionsteilnehmer verstehen. Oder nicht verstehen wollen.

Scopies Gesetz

In any discussion involving science or medicine, citing Whale.to as a credible source loses the argument immediately, and gets you laughed out of the room.

Rich Scopie bezog sich 2008 in seiner Reglementierung auf Whale.to, ein Verschwörungsportal. Das Prinzip gilt heute allerdings für jedes weitere Beispiel, welches verschwörungstheoretische Quellen als Beweisführung für Behauptungen vorbringt. Scopies Gesetz tritt bedauerlicherweise recht häufig mit Pommers Gesetz auf (s.o.). Und die Zahl der disqualifizierenden Portale steigt stetig.

Rule 15 – Hartnäckigkeit

The harder you try, the harder you will fail.

Hartnäckigkeit ist keine funktionierende Taktik in Internet-Diskussionen. Oder anders formuliert: Wenn es beim ersten Mal nicht geklappt hat, reitet nicht darauf rum. Ihr macht es nur noch schlimmer.

Danths Gesetz

If you have to insist that you’ve won an internet argument, you’ve probably lost badly.

Regeln im Internet
Von Soros bis Satan, von Trumps Weltvermächtnissen bis Kreationismus: Sie brauchen Fake News und Verschwörungstheorien? Conservapedia, hier werden Sie geholfen.

Ein praktisches Beispiel für Rule 15 finden wir in Danths Gesetz. Benannt wurde es nach einem User auf RPG.net. Mit Blick auf den Vorfall, worauf sich dieser User bezog, müsste es eigentlich Lenskis Gesetz heißen: In der sogenannten Lenski Affair forderte der Gründer der konservativen Plattform Conservapedia, Andrew Schlafly, den renommierten Biologen Prof. Richard Lenski heraus, seine Entdeckung der Evolution in Bakterienkulturen zu beweisen.

Lenski antwortete Schlafly mehrfach, dass er nicht über das erforderliche Wissen verfüge, um die wissenschaftlichen Daten interpretieren zu können. Da sich Lenski nicht auf die kreationistischen Provokationen einließ, erklärte sich der konservative Schlafly dann irgendwann selbst zum Sieger.

Hass

Rule 18 – Everything that can be labeled, can be hated. 

Rule 19 – The more you hate it, the stronger it gets.

Zwei wichtige Regeln, die leider oftmals nicht verstanden werden. Wenn etwas erst einmal einen Namen bekommen hat, kann es auch gehasst werden. Und das Internet beweist täglich aufs Neue: Hass kann dazu führen, etwas brandzumarken. Aber er hat gleichviel Potenzial, die Gegenseite zu stärken. Wenn unsere tagtägliche Medienrealität dafür mal kein Beweis ist.

DeMyers Gesetze

Anyone who posts an argument on the internet that mainly consists of the quotations of other people can be very safely ignored and is deemed to have lost the argument before it has begun.

Hier handelt es sich eigentlich um eine Sammlung verschiedener Regeln, die sich allesamt auf den Diskussionsstil von Ken DeMyer beziehen. Ken DeMyer gehört auch zu Conservapedia, zumindest seit er wegen Socket-Puppets bei Wikipedia rausgeflogen ist. Meist beschränkt man sich bei DeMyers Gesetzen auf die Unart, Beiträge nur aus Zitaten zu formen. In gewissen Kreisen, bei bestimmten Weltsichten und politischen Lagern ist diese Form recht beliebt. Nicht wahr?

Cohens Gesetz

Whoever resorts to the argument „whoever resorts to the argument that… has automatically lost the debate“ has automatically lost the debate. 

Für Liebhaber von DeMyers Diskussionsstil ist das Gesetz von Brian Cohen aus dem Jahre 2007 genau das Richtige. Wer kennt das nicht? Sie widerlegen ein Argument mit einem allgemein anerkannten Fakt und bekommen dafür „Wer so anfängt, hat schon verloren“. Es ist das Gesetz der unbegründeten Begründungen.

The Law of Exclamation

The more exclamation points used in an email (or other posting), the more likely it is a complete lie. This is also true for excessive capital letters.

Ja, das kennen wir alle. Je mehr Ausrufezeichen, desto größer die Wahrscheinlichkeit für Quatsch oder eine Lüge. Formuliert wurde diese Regel allerdings bereits 2008 von Lori Robertson auf FactCheck.org. Gilt natürlich nicht nur für „!!!!!“, sondern heute auch für „!!!1!11!!!“. Die Regel geht übrigens auf den Fantasy-Autor Terry Pratchett zurück, welcher festhielt: Fünf Ausrufezeichen sind ein Indikator für eine Person, die ihre Unterwäsche über der Kleidung trägt.

Haigs Gesetz

The awfulness of a website’s design is directly proportional to the insanity of its contents and creator.

Regeln im Internet
haigreport.org: Die schlechteste Seite im Netz? Vermutlich schon.

Die Namensinspiration kommt von einer Seite, die ursprünglich mal eine Rufmord-Kampagne darstellte, und The Haig Report heißt. Die Seite gilt als heißer Allzeit-Kandidat für die schlechteste Website, die jemals aufgesetzt wurde. Dass sie aus dem Jahr 2002 stammt, ist unübersehbar.

Ein weiterer heißer Kandidat ist jesus-is-savior.com und bestätigt eindeutig diese Gesetzmäßigkeit: Miese Seite, verrückter Inhaber.

Badger’s Law

Websites with the word „Truth“ in the URL have none in the posted content.

Das Gesetz ist zweifelsohne eines der jüngsten und stammt aus dem Jahr 2016 – aus gutem Grund, hat sich doch die Zahl der Experten für Wahrheiten drastisch erhöht. Badger heißt auf Deutsch nicht nur Dachs, sondern bedeutet ebenfalls Quälgeist oder Plage. Da schließt sich der Kreis.

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Artikelbild: Montage Socialmediakonzepte.de / rawpixel.com

Netzwelt

One reply to “15 Internet-Regeln, die ihr kennen solltet”

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