Die Finanzierung aus der Crowd ist in der Normalität angekommen und hat in den letzten Jahren viele positive Beispiele, allen voran aber auch Weiterentwicklungen hervorgebracht. Wer den Geldsegen aus der Crowd für leicht organisierte Liquiditäten hält, wird jedoch weiterhin enttäuscht werden. Denn ein solides Konzept, eine realisitische Markteinschätzung und die Wahl des passenden Finanzierungsmodells sind immer noch Schlüsselfaktoren einer erfolgreichen Kampagne. Die Palette der Optionen ist größer geworden und die Buzzwords mehren sich – wir stellen die wichtigsten Modelle und Unterschiede vor.

Kinofilme, Musikproduktionen, technische Innovationen, Software und sogar Unternehmensgründungen: Die Beschaffung von Geldmitteln aus der Crowd ist zur festen Finanzierungsoption vieler Projekte geworden. Bevor Sie beim Meeting jedoch enthusiastisch eine Crowdfunding-Kampagne vorschlagen, sollten die Detailunterschiede der verschiedenen Modelle genau abgewogen werden.

1439843422_vector_65_06Crowdfunding

Die Regeln und Mechanismen sind mittlerweile weitestgehend bekannt: Der Projektausrichter legt ein gewünschtes Finanzierungsziel fest, welches in freien oder gestaffelten Teilbeträgen von den Unterstützern gespendet werden kann. Für die jeweiligen Teilbeträge bietet der Projektausrichter Gegenleistung, in Form von Sachleistungen (im Rahmen der Selbstkosten) und immateriellen Gesten an – beispielsweise: Eine signierte CD, Nennung im Rahmen des fertigen Projekts, eine Einladung zu einem exklusiven Event, etc. . Die Tatsache, dass es eine Gegenleistung für das geldwerte Vertrauen gibt, auch wenn es keine gleichwertige Leistung ist, macht die Geldvergabe zu einem Tausch und ist somit strenggenommen keine Spende.

Die Teilnehmer erkaufen sich keine Anteile am Projekt und haben auch keinen anteiligen Anspruch auf etwaige Gewinne. Wird das Projektziel nicht erreicht, erhalten alle Geldgeber ihre Einlage zurück. Dieses Ziel dient jedoch nur als Untergrenze. Sammelt die Kampagne mehr, so wird dies mitausgeschüttet.

1439843565_vector_65_02Crowdinvesting

Im Gegensatz zum Funding, können sich beim Crowdinvesting Anleger am Unternehmen des Projekts beteiligen. Mitspracherechte erwerben sie nicht, erhalten aber regelmäßig Wasserstandsmeldungen zum geschäftlichen Befinden der Unternehmung, zumal sie an Gewinnen und Verlusten ebenso beteiligt sind. Diese stille Teilhaberschaft endet nach einem bestimmten Zeitraum, welcher in der Regel die Laufzeit von acht Jahren nicht überschreitet.

Beim Crowdinvesting kommt auch dem ausrichtenden Portal eine gesonderte Rolle zu: Gründungskonzepte werden von den Portalbetreibern erst geprüft und dann zugelassen. Die Entscheidungskriterien sind jedoch nicht mit der Prüfung durch einen konservativen Darlehensgeber (Bank) zu vergleichen: Die Höhe des Eigenkapitals wird in der Regel nicht so stark gewichtet. Dafür spielt die Erfolgswahrscheinlichkeit nach Markteinschätzungen eher eine Rolle. Zudem überlassen manche Portale den Anlegern die Entscheidung über die Zulassung eines Projekts.

1439843791_vector_65_10Für Investitionen über 100.000 Euro bieten CI-Plattformen oftmals auch partiarische Nachrangdarlehen an. Bei dieser Form der Finanzierung erhält der Darlehensgeber zwar auch keine Mitspracherechte, ist aber auch nicht an Verlusten beteiligt. Die Verzinsung des Darlehens orientiert sich darüber hinaus an den Gewinnen und Umsätzen des Unternehmens. Gewinnbeteiligungen neben der Verzinsung können natürlich auch vereinbart werden.

Eine weitere Funktion des Portals liegt in der Bündelung von Kleininvestoren (Pooling), um beispielsweise vertragliche Konditionen nach der Höhe der Einlagen zu staffeln. Dies ist einerseits für größere Investoren von Bedeutung, da diese lieber mit Pools gebündelter Investoren, als mit vielen kleinen Teilhabern kalkulieren und unterschiedliche Konditionen für ihre Beteiligung aushandeln wollen. Andererseits ist die Bündelung auch für Kleininvestoren interessant, weil so Investitionskosten minimiert werden können.

Zwischenstop: Funding vs. Investing

Crowdfunding und Crowdinvesting werden gerne in einen Topf geworfen – die signifikanten Unterschiede sind jedoch, allein schon durch die konditionalen Faktoren der Finanzierung, nicht zu übersehen (s.o.). Es zeigt sich, dass der Sinn der Finanzierungsform stark von der Form des Projekts abhängt: Während sich das Funding besonders für die Finanzierung abgeschlossener Vorhaben eignet, machen die Möglichkeiten des Investings eher für Start-Ups Sinn.

Die Pebble-Smartwatch aus dem Jahre 2012 war das erste Crowdfunding-Projekt, welches über 10 Mio. Dollar sammeln konnte und demonstrierte, wie unabhängige Technologie-Ideen auch den großen Entwicklern Druck machen können. Quelle: Kickstarter.com

Crowdfunding bietet sich für Projekte an, welche bereits in Vorleistung gegangen sind und lediglich eine Finanzspritze für die Fertigstellung benötigen. Diese Vorleistung kann in einer starken Eigenfinanzierung, aber auch in umfangreichen Konzepten und gegebenen Strukturen bestehen – entscheident ist die reale, einschätzbare Erfolgswahrscheinlichkeit und die Überzeugung der Geldgeber. Gängige Beispiele finden wir bei kulturellen Produktionen (CD, Film, Theater), findigen technischen Innovationen oder auch bei der Softwareentwicklung.

Dabei fällt besonders ins Gewicht, dass im Nachgang keine Verpflichtung gegenüber den Geldgebern besteht. Die einzige Verpflichtung besteht in der Fertigstellung des vorgestellten Projekts: Wenn man das Geld erhalten hat, muss man auch realisieren, was man angekündigt hat. Aufgrund dieses losen Verhältnisses bietet sich das Funding auch zum Testen von Trends an: Die Bereitschaft der Crowd zeigt, für welche Produktentwicklung Interesse besteht.

Crowdinvesting genießt gelegentlich den zweifelhaften Ruf, nur für Unternehmensgründer geeignet zu sein, die bei Banken und Venture Capital abgeblitzt seien. Das ist jedoch zu konservativ gedacht: De facto ist diese Konstellation gerade bei Start-Ups gegeben, die zwar gute Ideen und vielleicht auch schon gute Produkte anzubieten haben, leider aber über keine finanziellen Ressourcen verfügen. Natürlich ist es auch möglich, diese Finanzierung über das Crowdfunding zu erreichen, jedoch ist es unwahrscheinlich, dass Investoren größere Geldmengen einsetzen, ohne Renditen erzielen zu wollen.

1439843958_vector_65_09Crowdlending und Social Banking

Diese Form der Finanzierung richtet sich vornehmlich an Personen und Unternehmen, die über keine ausreichenden Bonitäten verfügen. Kredite können dabei sowohl an Privatpersonen (Peer-to-Peer), als auch an Unternehmen (Peer-to-Business) vergeben werden. Diese Darlehen sind zwar in aller Regel verzinslich, da die Geldgeber ja auch ihren Nutzen haben wollen, können aber auch unverzinslich auftreten. Außer der Rückzahlung, entsteht hier keinerlei Verpflichtung gegenüber den Geldgebern.

Im Rahmen dier Marktplatz-Modelle privatwirtschaftlicher Kreditvergabe, wird häufig auch das Social Banking genannt. Das ist leider nicht ganz korrekt, zumal hier der Aspekt der Crowd fehlt. Soziale Banken sind im Grunde normale Geldinstitute, welche sich höhere ethische Ziele auf die Fahnen geschrieben haben und auf Nachhaltigkeit achten. Trotzdem sind solche Banken gute Ansprechpartner für Finanzierungssuchende, da hier die Bonitätsprüfung in der Regel fairer verläuft und auch Mikrokredite vergeben werden.

Crowddonating

Hier haben wir es mit der reinen Spendensammlung zu tun. Wie bereits unter dem Punkt Crowdfunding erklärt, sprechen wir von Spenden, wenn keinerlei Gegenleistung zu erbringen ist. Hier zählt nur der ideelle Wert, wie beispielsweise das Projekt von Anita Kisiala und Nico Hopp. Strand säubern auf La Réunion oder Recycling in Australien: Die beiden Backpacker aus Hessen reisen um die Welt und versuchen selbige, mit Hilfe von edlen Spendern, etwas besser zu machen.

Vimeo

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Vimeo.
Mehr erfahren

Video laden

 

Für eine Übersicht passender Plattformen empfehlen wir einen Besuch bei Crowdfunding.de, wo Anbieter nach Branche, Region und Finanzierungsmodell sortiert werden.

 

Teaserbild: 401(K) 2012 (flickr.com / Nutzungsbedingungen)

Artikel-Icons: Maxim Basinski (iconfinder.com)

 

Blog Business

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert