Strafen, Sperren, Sanktionen. Der September bot leider wenig Raum für erheiternde Meldungen. Stattdessen Hausdurchsuchungen bei Twitter-Trollen, professionelle Wikipedia-Fälscher, Durchgreifen gegen Querdenker sowie Desinformation und viel Ärger mit Russland. Am Ende wird es aber etwas Fröhlicheres geben. Versprochen! Nochmal Kaffee holen und dann: Bitte schön, der September.

#WhatsApp – Symbolpolitik oder Signalhandlung?

Die irische Datenschutzbehörde DPC hat WhatsApp zu einer Strafzahlung wegen fortgeführter Intransparenz bei der Weitergabe von Informationen verurteilt. Der Nachrichtenwert dieser Meldung steckt in der Höhe der Strafe und der Bemessung: Ursprünglich wollten die irischen Datenschützer 50 Millionen Euro, wurden aber von ihren europäischen Behördenkollegen zu einer Erhöhung auf 225 Millionen gedrängt. Und mit dieser Rekordstrafe ist der Kurznachrichtendienst eigentlich noch gut bedient. 225 Millionen entsprechen 0,08 Prozent des Jahresumsatzes. Der gesetzliche Rahmen ermöglicht sogar Strafen  in Höhe von 4 Prozent des Umsatzes. Im Klartext also: WhatsApp ist Lichtjahre von den Strafen entfernt, die es faktisch verdient.

 #Mimikama – Facebook und die Fact-Checker

Die Faktenprüfer von Mimikama sind von Facebook verwarnt worden. Ihre Infos zu imaginären Antifa-Bussen seien Fake-News. Da das nicht zutraf, haben sich Mimikama direkt an die Faktenprüfer von Facebook gewendet: PolitiFact, also Amerikaner, die gar kein Deutsch verstehen. Die haben sich auch prompt entschuldigt und die Einstufung des Beitrags wieder zurückgenommen. Uns beruhigt das nicht, wenn man im Kampf gegen Fake-News auch noch gegen die vermeintlichen Faktenprüfer kämpfen muss, die dann auch nicht mal verstehen, was sie da zu prüfen haben.

#ElSalvador – Hooray for bitcoin

Das kleine lateinamerikanische Land lässt Bitcoins als offizielles Zahlungsmittel zu. Offizielle Währung des Landes ist aber weiterhin der seit 2001 geltende US-Dollar. Angeschoben wurde die Aktion von Präsident Nayib Bukele. Was er damit bezweckt, leuchtet niemandem ein. Denn der Bitcoin ist weiterhin ein hochvolatiles Zahlungsmittel und weder die Bevölkerung noch die Wirtschaft El Salvadors gelten als prosperierend. Warten wir mal ab. Vielleicht lockt es ja spezielle Touristen an.

#Pimmelgate – Orwell-Festspiele in Hamburg

Es klingt nach einem schlechten Witz, den George Orwell erzählt haben könnte. Aber es ist leider wahr: Auf einen Tweet von Hamburgs Innensenator Andy Grote antwortete ein Nutzer namens ZooStPauli „Du bist so 1 Pimmel“. Drei Monate später stehen sechs Beamte vor der Tür des Nutzers und führen eine Hausdurchsuchung durch, wobei mehrere Geräte sichergestellt wurden.

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Wie zu erwarten war, erntete der Politiker für diese Reaktion Spott, Häme und Hass. Zu seiner Verteidigung muss man festhalten: auch wenn er die Anzeige wegen Beleidigung gestellt hat, die Hausdurchsuchung wurde von der Staatsanwaltschaft angeordnet. Seine Verteidigung, dass dieses Procedere nun auch einfach dazugehört und regelmäßig so stattfinden würde, muss man dagegen kritisch sehen. Auf Nachfragen der Hamburger Opposition kam heraus, dass es 2021 lediglich sieben Durchsuchungen wegen Hatespeech gab. Allerdings seien 1300 angezeigte Delikte noch unbearbeitet und offen. In dieser Geschichte steckt noch Musik.

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#WhatsApp – Was machen die 1000 Schnüffelknechte?

Im September deckte ein ProPublica-Report eine WhatsApp-Praxis auf, wonach wohl rund 1000 Vertragsmitarbeiter für das Mitlesen der angeblich verschlüsselten Nachrichten abgestellt sind. Das wäre eine Verletzung der selbst-gefeierten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Kurze Zeit später war in der ursprünglichen Studie ein Hinweis in der Einleitung zu lesen, dass sich diese Praxis nur auf gemeldete Threads bezöge und die eigene Verschlüsselungs-Policy dadurch nicht verletzt würde.

Wir wissen also jetzt, dass in Texas, Dublin und Singapur rund 1000 Auftragsarbeiter sitzen, die innerhalb einer Minute entscheiden (sollen), was Betrug, Spam, Kinderpornographie oder Terrorismus ist. Was dabei leider auf der Strecke bleibt: Die eigentliche Debatte lautet „Sicherheit vs. Privatsphäre“. WhatsApps Kontrolle gemeldeter Inhalte ist beispielsweise für Kinderrechtsorganisationen ein zentraler Faktor. Und ob dieser wichtigen Kontrolle 1000 Vertragsschnüffler gerecht werden, darf bezweifelt werden. Dass andere Dienste, wie beispielsweise Signal, potentiell justiziable Inhalte aber kaum kontrollieren, müsste auch mal diskutiert werden.

#Wikipedia – Auf Bestellung: „Fakten“

Und jetzt ein unterhaltsames Info-Intermezzo: netzpolitik.org und ZDF Magazin Royale haben sich zusammen die auffälligen Bewegungen auf Wikipedia im Vorfeld der Bundestagswahlen angeschaut. Auch wenn es natürlich unterhaltsam ist, vergeht einem doch irgendwie das Lachen. Wiki-Offizielle betreiben eine Agentur, die Einträge zu manipulieren versucht. Schauen Sie selbst:

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#Querdenker – Schluss mit Schwurbeln

Facebook hat gut 150 Querdenker-Konten und -Gruppen auf seinen Plattformen Facebook und Instagram gelöscht. Darüber hinaus stellte das Netzwerk Informationen und Erkenntnisse zu diesen Teilnehmern wissenschaftlichen Stellen, politischen Institutionen und Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung. Das macht vor allem deshalb Sinn, weil diese Bewegung nicht nur eine drastische Radikalisierung erschreckenden Ausmaßes durchlebt. Die Querdenkerbewegung ist auch willfähriges Instrument bewusster gesellschaftlicher Manipulationen und demokratischer Destabilisierungsversuche, weshalb wir durchaus noch weitere Aktionen dieser Art erwarten.

#RT – YouTubes Tat und Moskaus Antwort

Genau in diesem Kontext kam Ende September noch ein Knaller: YouTube sperrte die Kanäle von RT deutsch und des RT-Formats „Der Fehlende Part“ dauerhaft. Der Grund liegt in den fortlaufenden Desinformationen zur Pandemie, wofür der Kanal von RT DE auch schon mal gesperrt war. Der jetzigen Maßnahme ging ebenfalls eine strenge Verwarnung voraus. Es kann also niemand behaupten, es habe keine Vorwarnungen gegeben.

Da RT bekannterweise von Moskau finanziert wird und deren (Des)Informationspolitik umsetzt, ließ eine Reaktion aus Russland nicht lange auf sich warten. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir noch in der Phase von Kritik und Drohungen in martialischer Sprache. Wir wollen mit weiteren Ausführungen daher bis zum nächsten Monatsrückblick warten. Vorsichtige Einschätzung: Diese Sperre wird nicht dauerhaft bleiben.

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#YouTube – Kampagne gegen Desinformation

Auch wenn wir die Entwicklungen abwarten wollen, YouTube macht aktuell bereits Nägel mit Köpfen. Am 29. September veröffentlichte die Video-Plattform neue Richtlinien, in welchen die Google-Tochter ihre Covid-Policy auf alle Vakzine und damit gegen alle jemals und zukünftig aufgetauchten und auftauchenden Impfgegnerbewegungen ausweitet. Wer noch Nachhilfe bei der aktuell geltenden Covid-Policy braucht, bitte >hier< nachlesen.

#Russland – Vorsortierte Wahlmöglichkeiten

Und weil wir gerade bei Russland und Moskaus kompromittiertem Verständnis von Meinungsfreiheit sind: Im September gab es auch Parlamentswahlen in Russland. Kurz vor den Wahlen verschwand dabei die Empfehlungs-App des inhaftieren Alexej Nawalny aus den Stores von Google und Apple und wurde ebenfalls von Telegram blockiert. Pawel Durow, der mittlerweile untergetauchte Vkontakte-Gründer, erklärte, dass die Dienste keine andere Wahl hatten, zumal der Druck direkt aus dem Kreml gekommen sei. Wir lassen das mal unkommentiert und beobachten die Causa RT DE weiter.

#Twitter – Gemeinschaft mit beschränkter Teilnahme

Twitter launcht seine Communities. Das ist ein neues Feature, bei dem User andere Tweeter zu einer Gruppe einladen können. Mitglieder können mitdiskutieren, alle anderen können zuschauen und mitlesen – mehr aber auch nicht. Twitter behauptet, dass so Diskussionen entstehen können, die nicht durch Quantität oder Trolle verwässert würden. Wir glauben, dass das die Ausgeschlossenen eher dazu animiert, eigene Communities zu starten. Klingt wenig durchdacht, ist aber auch erst einmal ein Test.

#Microsoft – Windows elfte Segnung

Kleine Tech-Info am Rande: Windows-Nutzer dürfen, können oder müssen sich auf die nächste Windows-Version freuen. Version 11 wird laut einem Beitrag auf Windows Blogs ab dem 5. Oktober mit einer Reihe ausgesuchter neuer Gerätschaften verkauft. Updates, Upgrades, etc. werden erst weitaus später in Umlauf kommen – voraussichtlich sogar erst 2022. Präzise Infos gibt es noch nicht, aber 365 und die Business-Nutzung scheinen eine maßgebende Rolle zu spielen. Die Integration von Android Apps ist ebenfalls für irgendwann angekündigt. Na, da sind wir ja mal gespannt.

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#WhatsApp – Lesen statt hören

Eine kleine Info aus dem Inneren von WhatsApps Entwicklungsschmiede: Wie ein Insider bekannt gab, arbeitet der Chat-Service gerade an einem Tool, welches Sprachnachrichten in Textform protokolliert. Wozu das gut sein soll – warten wir’s ab.

#comedywildlifephoto – Eine Stimme für den tierischen Spaß

Und zum Abschluss noch, wie versprochen, etwas Erheiterndes. Die Finalisten des jährlichen Wettbewerbs um das lustigste Tier-Foto stehen fest. Bis zum 12. Oktober kann das Publikum noch wählen, wer gewinnen soll. Der Sieger wird dann am 22. Oktober bekanntgegeben. Also wer abstimmen möchte: hier entlang. Und wer erstmal sehen will, wer so zur Auswahl steht, einfach das Video anschauen. Gute Unterhaltung!

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Artikelbild: Evgeni Tcherkasski / Unsplash Lizenz

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