Wenn man einen Monatsrückblick liest und sich fragt: War das wirklich erst diesen Monat? Dann ist das ein gutes Zeichen, dass viel los war. Und die Meldungen waren vielfältig: Wie QRs gegen Gaffer helfen sollen. Warum sich Mark Zuckerberg auf Hawaii unbeliebt macht. Oder auch, wieso wir montags oftmals Pflanzenbilder auf Instagram finden. Und am Ende gibt’s sogar was zu lachen. Also nochmal Kaffee holen und gute Unterhaltung: Der Mai.
#Boykott – Vier Tage Funkstille
Der Mai begann in England mit einem Social-Media-Boykott aller Fußballverbände und -vereine. Vier Tage absolute Funkstille auf allen Social- Media-Kanälen, um Position gegen Hass im Netz zu beziehen. Dem Boykott schlossen sich schnell auch andere Sportarten, TV-Sender und sogar das Königshaus durch Prinz William und viele Vereine jenseits der Insel an. Ob die Aktion irgendeinen Wert hat, darf bezweifelt werden: Hater werden keine Probleme haben, sich drei, vier Tage auf anderen Kanälen auszutoben. Und das Kabinett von Boris Johnson sieht eh kaum eine Dringlichkeit, Hassverbrechen zu bekämpfen. Es geht also wieder um Awareness. Nur – was bringt es, wenn diese Bewusstwerdung die eigene Filterblase nicht verlässt? Der Angelsachse würde sagen: Preaching To The Choir.
#Gaffer – Pixelige Feindbekämpfung
Handy raus und voll auf die Opfer halten. Gaffer sind eine Pest und es gibt wenig, was man gegen sie tun kann. Die Johanniter testen nun gemeinsam mit der Berliner Agentur Scholz & Friends eine technische Lösung, die zumindest originell ist. Acht RTW und ein Intensivtransporter werden mit QR-Codes lackiert, die zur Website www.gaffen-toetet.de führt und direkt warnt: Stopp! Gaffen tötet!
Die Idee ist toll, aber diese Funktion der automatischen QR-Erfassung ist auch ausschaltbar, womit diese Taktik ins Leere laufen könnte. Allerdings ist das Problem der Gaffer schlicht durch diese Lackierung schon präsenter, was durchaus ein Erfolg sein kann. Es ist noch ein langer Weg.
#Clubhouse – Android-Residenz
Wer es noch nicht mitbekommen hat: Am 20.05. ist die gehypte Clubhouse-App auch ins Android-Haus eingezogen. Nach 10 Tagen zählt der Play-Store etwas über eine Million Downloads. Für das verbreitetste mobile Betriebssystem ist das etwas dünn. Warten wir ab.
#Smishing – Das Kind hat einen Namen
Vor nicht allzu langer Zeit haben uns noch die Phishing-SMS mit angekündigten Paketlieferungen genervt. Das BSI klärt uns jetzt auf, dass das einen Namen hat: Smishing. Und das kann uns im Zweifelsfall die Hoheit über unsere Gerätschaft kosten – und mehr. Also nochmal ein Video zur Vertiefung… Und die Dinger bitte löschen.
#Zuckerberg – Der Joker kauft Hawaii
Der Facebook-Gründer mag Surfen und Hawaii. Um beim Surfen nicht erkannt zu werden, schmiert er sich schon mal so viel Sonnencreme ins Gesicht, dass man ihn mit dem Joker verwechseln könnte – was ihn bereits unvermeidbar zum Meme gemacht hat.
Mit seiner Affinität für seinen Surf-Spot Hawaii ist es dagegen nicht so unbeschwert. 2014 kaufte der Business-Bösewicht rund 2,8 Quadratkilometer Land auf Hawaii. Die Ureinwohner, die natürlich ohne juristisch-wasserdichtes Papier dort seit vielen Generationen leben, versuchte er seinerzeit von ihrem Land herunter zu klagen. Erst der Aufruhr in der Presse führte dazu, dass der gierige Mark die Klage fallen ließ. 2019 kam jedoch heraus, dass er über Scheinfirmen weiterhin versucht, die Ureinwohner von ihrem Land zu vertreiben. Er ist halt ein echter Amerikaner.
Hawaiianer sehen das als neokolonialistisches Verhalten und haben eine Petition aufgesetzt, damit er wenigstens aufhört, Land zu kaufen. Jetzt hat Zuckerberg nochmal 2,4 Quadratkilometer dazugerafft. Das bedeutet, der Facebook-Gründer hat sich rund 520 Hektar mit Strandzugang unter den Nagel gerissen, auf dem lediglich ein Haus steht, in das er nur zum Surfen fährt. Und damit er ungestört ist, klagt er die Ureinwohner von ihrem Land. Wem da jetzt die Worte fehlen, wir hätten ein paar im Angebot: arrogant, ignorant, dekadent, neokolonialistisch, rassistisch, amoralisch – bitte beliebig weiterführen. Da passt noch so viel mehr.
#connectcdu – Virtuose Peinlichkeit
Es gibt Sachen, die sind eigentlich so peinlich, dass man sie nur unfreiwillig weitererzählt. Aber, was soll’s: Die CDU hat mal wieder einen Bock in Sachen Social-Media-Coolness geschossen. Der Bock ist eine Insta-Seite namens Connect CDU und publiziert nur Memes, die im Wahlkampf helfen sollen. Memes sollen ja eigentlich visualisierte Witze, Kalauer oder Flames sein. Tja, die Unions-Partei hat mal komplett auf jeden Humor verzichtet. Wer das für cool oder gelungen hält, glaubt auch Philipp Amthor sei ein gechillter Hipster.
#Places – Spaß mit Brille
Nach 2018 und 2020 wird das Virtual-Reality-Festival „Places“ 2021 wieder nach Gelsenkirchen zurückkehren. Im Wissenschaftspark in Ückendorf werden sich vom 16. bis 18. September Vorträge, Workshops und natürlich viele praktische Demonstrationen um das Thema VR drehen. Im Vergleich zu 2018 konnte sich das Festival im letzten Jahr von 2000 auf 4000 Besucher verbessern. Hoffentlich hält der Trend auch in der Corona-Ausklangphase an.
#UrbanJungle – Corona macht grün
Schon aufgefallen? Seit Corona werden die Feeds in den Sozialen Medien immer grüner. In den letzten Monaten sind wir immer wieder über Hashtags wie #monsteramonday, #urbanjungle oder #plantparents gestolpert. Psychologen sehen durch die Selbstverpflichtung, sich um etwas Lebendes kümmern zu müssen, eine heilende Wirkung. Wer schon länger dabei ist und vielleicht auch schon ein paar Ableger erfolgreich kultiviert hat, kann sich auch etwas dazuverdienen.
Und wer es einfach mal selbst ausprobieren möchte: Schwups, die eigene, geliebte Zimmerpflanze für Instagram knipsen, hochladen und die entsprechenden Hashtags nicht vergessen. Grünen Daumen hoch.
#CopBird – Polizeiwillkür
Die AG Link ist eine Gruppe von Studierenden der Uni Leipzig aus verschiedenen Fachbereichen, die sich mit kritischen Themen um das Zusammenspiel zwischen IT und Gesellschaft beschäftigt. In dem Projekt CopBird setzen sie sich mit der Öffentlichkeitsarbeit deutscher Polizeien auf Twitter auseinander.
Im aktuellen Hackathon analysierten 90 Leute Datensätze der Aktivitäten seit dem Herbst 2020. Der kritische Ansatz ist nicht neu und auch nicht originär dem linken Spektrum zuzuordnen. Polizeien verfolgen keine einheitliche Linie in den Sozialen Medien und grenzwandern bei ihrer Informationsaufbereitung sowie dem Umgang mit verschiedenen Bürgergruppen am Rand des verfassungsmäßig Zulässigen.
Die ersten Ergebnisse der Untersuchung von 45.000 Tweets haben leider diese Kritik untermauert und Recherchen anderer Netzwerke bestätigt. Der Polizei fehlt es an rechtskonformer Professionalität in den Sozialen Medien. Das Traurige ist, dass dadurch sehr schnell der Eindruck einer politisch tendenziösen Haltung verschiedener Polizeien entsteht, was wiederum alle Player im politischen Spektrum in ihrem stereotypen Denken bestärkt. Ob das den Polizeien wirklich in aller Konsequenz bewusst ist?
#LucaApp – Macht hoch die Tür, die Tor macht weit
Es wird einfach nicht ruhiger um die Luca-App. In einem auf YouTube veröffentlichten Video zeigt der Sicherheitsexperte Marcus Mengs quasi am lebenden Objekt, wie man via Luca-App Nutzerdaten abgreifen und dem Gesundheitsamt sogar noch Malware unterjubeln kann. Wie es aussieht, wussten die App-Macher auch längst davon und haben schon reagiert. Nur haben die Verbesserungen die Lücke nicht annähernd geschlossen. Eher schlimmer gemacht. Wie können nur hoffen, dass wir bald keine Apps in der Corona-Krise mehr brauchen.
#Querdenken – Wenn Papa sich die Ohren zuhält
Neues aus dem Land von Reptiloiden und Hohlerde: Der YouTube-Kanal von „Querdenken 711“ ist wegen wiederholter Verbreitung von Falschmeldungen gelöscht worden. Derweil scheint es auch ein neues Phänomen zu geben. Immer mehr Querdenker fragen sich wohl, ob es überhaupt eine Verschwörung gibt und wie es um die Integrität der Bewegung bestellt ist. Thebestesocial.media hat mal was zusammengestellt.
Wir möchten jedoch einen anderen Qualitätsbeitrag vorstellen: Ein Jugendlicher, der vom nervigen Alltagsleben mit seinen verschwörungsgläubigen Eltern berichtet. Natürlich auf Reddit. Darunter 270 Kommentare, die ähnliche Erfahrungen teilen, gute Empfehlungen geben, oder schon die Flinte ins Korn geworfen haben. Aber es ist vor allem wieder ein realitätsnaher Einblick in die menschliche Lage der Bewegung und die Renaissance des rechten Randes. Der Riss teilt die Gesellschaft nicht in Mehrheitsgesellschaft und Fehlgeleitete. Der Riss geht mitten durch die Familien und Freundeskreise und richtet Schäden an, die durch gesellschaftliche Debatten nicht repariert werden können.
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#ichbinsophiescholl – Der „Was wäre wenn“-Effekt
Ein Insta-Account namens @ichbinsophiescholl soll anlässlich ihres 100. Geburtstages das Leben und Wirken von Sophie Scholl wieder auf die Agenda setzen. Das Projekt stammt vom SWR und ist auf den ersten Blick sauber aufgesetzt. Das Konzept folgt einem probaten Schema: Was wäre wenn… Sophie Scholl schon einen Instagram-Account gehabt hätte. Videos, Bilder und Stories sind dabei die Instrumente, um das Leben der historischen Figur für die Gegenwart plastisch greifbar zu machen.
Die Idee ist nicht neu und erinnert uns an das YouTube-Projekt des Anne- Frank-Hauses. Gute Projekte, wichtige Botschaften. Kritik muss da schon auf sehr hohem Niveau ansetzen. Wir finden, das Projekt des Anne-Frank-Hauses scheint etwas authentischer. Man kann beim Sophie-Scholl-Projekt des SWR diskutieren, ob die Ausführung nicht etwas zu offensichtlich durchchoreografiert ist. Social-Media-Formate einfach als technischer Ersatz für filmische Mittel? Das ist etwas uninspiriert. Aber wie gesagt: Nörgeln auf hohem Niveau.
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#ComedyWildlife – Tiere machen Sachen
Und zum Schluss etwas Erheiterndes. Es ist wieder so weit. Comedy Wildlife Photo suchen das lustigste Tierfoto des Jahres. Unter comedywildlifephoto.com kann man sich die bisherigen Kandidaten für 2021 schon mal anschauen. Wer selbst teilnehmen möchte: Einsendeschluss ist der 30. Juni. Zur Einstimmung vergnügen wir uns nochmal mit den Finalisten des letzten Jahres. Viel Erfolg.
Artikelbild: Marwan Alshehyari / Unsplash Lizenz