Willkommen zu einem Wechselbad der Gefühle. Auf der ernsten Seite geht es diesmal viel um geleakte Daten und in unserem kleinen Themen-Special um die hässliche Fratze der eigentlichen Cancel-Culture. Aber wir liefern auch gute Gründen für positive Gefühle: Messaging für Omas, Türklingeln für Fische und erheiternde Street-Art mit Kreide. Also nochmal Kaffee holen und dann die Füße hochlegen. Bitte schön, der April.

#Google – Lustig ist abgesagt

Der erste April hat gerade im Hause Google eine illustre Tradition, die bis ins Jahr 2000 zurückreicht. In vielen Jahren haben sich sogar die verschiedenen Geschäftsbereiche zu übertrumpfen versucht. Nun ist aber das Aprilscherz-Festival verständlicherweise zum zweiten Mal abgesagt worden. Business Insider konnte eine interne Mail einsehen, in welcher Google Vize Marvin Chow schrieb:

As you will remember, last year we made the decision to pause our longstanding Google tradition of celebrating April Fools’ Day, out of respect for all those fighting COVID-19. With much of the world still grappling with serious challenges, we feel we should again pause the jokes for April Fools’ Day this year. Like we did last year, we should continue to find appropriate ways to bring moments of joy to our users throughout the year.

Vielleicht ist das auch besser so. Die Aprilscherze von Volkswagen und Deliveroo sind in dieser Zeit schwer nach hinten losgegangen.

#Impfpass – Futter für Fälscher

Endlich geimpft und das am liebsten sofort mit allen teilen. Wenn dann in einem Posting Bilder vom Eintrag im Impfpass erscheinen, gehen bei Datenschützern die Alarmglocken an. Die dort abgelichteten Informationen werden nämlich von Fälschern missbraucht, um gefakte Impfpässe herzustellen. Und die sind gerade heiße Ware auf Telegram und anderen Impfgegner-Plattformen. Also: keine Bilder vom Impfpass posten und besser leise freuen.

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#Anonymus – Querleaken

Nachdem der Querdenker-Parteiversuch „Widerstand2020“ offensichtlich gescheitert ist, versucht man nun, den wackelnden Kahn unter neuer Flagge weitersegeln zu lassen. Das Reboot nennt sich „dieBasis“. Und diese Basis hat allem Anschein nach keine sicheren Server: Anonymous konnten die Datenbank mit den Informationen der dieBasis-Mitglieder ohne großes Hacken einsehen. Und während das vermeintliche Opfer noch von Eindringen und Attacke spricht, erklärt das Hacker-Kollektiv Anonymous, was wirklich geschah. In ihren eigenen Worten:

Wir haben weder gehackt, noch infiltriert. Wir haben keine Passworte gebruteforced oder geklaut, wir sind nicht in irgendwelche Systeme eingedrungen. Mussten wir nicht. Wir haben im Browser den Server angeschaut, Ordnernamen im Prinzip geraten und gängige Verzeichnisnamen aufgerufen. […] Und er war durch nichts geschützt […]. – Anonymous, 19.April 2021.

#Facebook – Wird Zuckerberg zur Kasse gebeten?

Der April startete mit einem Leck: Die Daten von mehr als 533 Mio. Facebook-Nutzern sind öffentlich geleakt. Genauer gesagt, durchgetropft sind die Daten bereits 2019 und Facebook vermeldete wenig später, das Leck sei gestopft. Jetzt sind die Informationen in einem Hackerforum öffentlich zugänglich gewesen und es wurde klar, dass Facebook nur die halbe Wahrheit erzählt hat. Wer prüfen will, ob ihr/sein Profil betroffen ist: Auf haveibeenpwned.com können Email-Adresse und Telefonnummer gecheckt werden.

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Was allerdings mehr als unverschämt ist: Facebook ist sich keinerlei Verfehlungen bewusst, wirft den Nutzern sogar vor, selber schuld zu sein. Die Europäische Gesellschaft für Datenschutz (EuGD) prüft nun, ob Facebook mit dem Datenleck gegen die DSGVO verstoßen hat und etwaige Ansprüche geltend gemacht werden können. Auf einer dazu aufgesetzten Seite können sich Geschädigte bei der EuGD unkompliziert melden. Sollte ein Schadenersatzanspruch erstritten werden, gibt es eine Entschädigung aus der Strafzahlung. >>Hier geht es zu der Seite.

#Trojaner – Ihr Paket kommt bald!

Na, haben Sie auch eine mysteriöse SMS über eine Paketlieferung bekommen? Im April wurden viele Smartphone-Nutzer mit dieser Spam-Kampagne genervt. Hinter diesen Benachrichtigungen über eine vermeintlich anstehende Paketlieferung verbirgt sich eine Phishing-Seite, die mit einem üblen Trojaner auf Sie wartet. Sollte man schon geklickt haben, ist es nicht unwahrscheinlich, dass alle der eigenen Kontakte auch so eine SMS bekommen. Folglich ist es gut möglich, dass jemand, bei dem Sie im Telefonbuch stehen, auf die SMS hereingefallen ist. Schlimmstenfalls könnte die Malware Ihr Smartphone sperren und Sie erpressen oder im Hintergrund Kinderpornografie auf Ihr Device laden.

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#CSU – Der bayerische Scheinriese

Als Markus Söder seinem Unionskontrahenten aus Aachen den Vortritt in der Kanzlerkandidatur ließ, schien es ein Sympathie-Hoch für die bayerische Schwesterpartei CSU zu geben. Zunächst ließ man verlauten, es habe mehrere hundert Anträge auf Mitgliedschaft gegeben. Dann sprach man sogar von 1000 Anträgen auf Onlinemitgliedschaft an einem Tag. Während Vollmitglieder einem Ortsverband angehören müssen, haben Onlinemitglieder kein innerparteiliches Stimmrecht, können aber bundesweit beitreten.

Jetzt musste man eingestehen, dass es sich dabei wohl um Fakes handelte. Vermutlich hatte die CSU vor allem Zulauf von Bots. Und es waren wieder die findigen Köpfe von Anonymous, die bereits vor dem öffentlichen Eingeständnis auf eine Sicherheitslücke aufmerksam machten, die gerade dazu einlud, Beitritte zu faken. Wir trauen uns kaum anzumerken, dass die digitalen Ressorts der Regierung mit Dorothee Bär und Andreas Scheuer in CSU-Hand liegen.

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#CancelCulture – Jedes Maß verloren

Wir mussten uns diesen Monat die Frage stellen: Wie weit geht Cancel-Culture und wo fangen blanker Hass und Kriminalität an? Zunächst lernten wir zwei Einfallspinsel kennen, die in der „Höhle der Löwen“ mit dem Produkt PinkyGloves das Menstruations-Pendant zum Hundekotbeutel vorgestellt haben.

Es wäre eine super Gelegenheit gewesen, allen überforderten Alphamännchen diese Business-Peinlichkeit aus weiblicher Perspektive zu erklären. Dann hätten wir alle mal gelacht und der Fauxpas aus rosa Gummi hätte sich vermutlich in den Regalen des Drogeriehandels selbst überlebt. Aber leider schraubte das moralische Hashtag-Tribunal um #pinkygate den Vorgang in unverhältnismäßige Höhen. Und als dann sogar die ersten Morddrohungen aufkamen, wurde die Geschäftsidee zu Grabe getragen.

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Der Fall um die Comedienne Jasmina Kuhnke, aka #Quattromilf, ist ungleich bedrohlicher und dokumentiert, dass Cancel-Culture keine Exklusivpraxis einer vermeintlich linken Filterblase ist. Hier war die aggressive Hashtag-Hetzjagd via #HaltdieFresseJasmina erst der Anfang – und die braune Hetze aus der bürgerlichen Twitter-Mitte hält an.

Schnell steigerte es sich in die Veröffentlichung der Privatadresse, Einschüchterungsversuchen und Morddrohungen, bis Kuhnke mit ihrer Familie zwangsläufig umziehen musste. Die Polizei sah keine Bedrohungslage. Sauber abgerundet wird die Trias aus braunem Twitter und aktiv untätigen Freunden und Helfern mit den legitimierenden Stichwortgebern. Und die müssen wir nicht im stereotyp-rechten Spektrum suchen. Die sitzen mittlerweile sogar im Bundestag und wenig überraschend in Verlagshäusern wie Springer – Danke, Don Alphonso.

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Unser Themen-Intermezzo findet seinen logischen Abschluss mit dem Ende März von Bundespräsident Steinmeier unterschriebenen Gesetz gegen Hasskriminalität im Internet. Dem Gesetz folgend, sollen Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter Hass und Hetze nicht nur löschen, was eh zu selten passiert, sondern auch eigenständig dem BKA melden. Und die Plattformen könnten de facto wichtige Daten zur Identifizierung der Täter liefern. Das Gesetz ist ja erst einen Monat alt. Fragt sich, wie lange sollen wir dem Gesetz geben, bis sich im Netz merklich etwas bessert? Wir bleiben skeptisch.

#DavidZinn – Aufheiterung in Asphalt

Um nach diesem schweren Thema erstmal durchzuatmen, empfehlen wir einen kurzen Besuch beim Straßenkünstler David Zinn auf Instagram. Hauptberuflich ist er eigentlich Grafik-Designer und entwirft Werbeposter und Marken-Logos. Bekannt gemacht haben ihn aber seine kleinen Kreide-Kunstwerke, mit denen Zinn seine Heimatstadt in Michigan verziert. Dabei bezieht er gerne auch kleine Fehler wie Risse in Bodenplatten, Gullideckel oder Grasbüschel in Fugen ein. Wer vielleicht etwas mehr über Zinns Philosophie hinter seiner Kunst erfahren möchte: Es gibt einen Ted-Talk des Kreide-Künstlers aus Michigan.

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von David Zinn (@davidzinn)

#Amok – Größtmögliche Aufmerksamkeit

Während eines öffentlichen Live-Chats, den der österreichische Kanzler Kurz auf Instagram veranstaltete, drohte ein 15-Jähriger mit einem Amoklauf im Stephansdom. Der junge Wiener konnte kurze Zeit später bereits durch ein Anti-Terror-Kommando festgenommen werden. Es scheint wirklich so zu sein, dass keine wirkliche Amok-Absicht bestand. Er habe nur versucht, mehr Aufmerksamkeit für seine nicht beachteten Wortbeiträge zu erhalten. Na, wenn das jetzt der Standard wird, dann Gut‘ Nacht um Acht.

#Yayagram – Messaging wie zu Omas Zeiten

Der spanische Entwickler Manuel Lucio Dallo hat etwas Wunderbares für seine Yaya, spanisch für Oma, gebaut: Das Yayagram. Die Konstruktion läuft mit einem Raspberry Pi 4 und funktioniert wie folgt: Mit der Steckverbindung legt die Dame fest, wen ihrer Enkel sie anchatten möchte. Die eingesprochene Nachricht wird dann als Soundfile via Telegram verschickt. Wenn die Enkel antworten, wird die Textnachricht über einen kleinen Thermodrucker im Gerät ausgedruckt. Endlich mal ein Gerät, das mit Herz gebaut wurde. Wir finden: preisverdächtig!

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#LucaApp – Chaos sagt Stopp

Als Smudo von den Fanta4 die Corona-Warn-App Luca als Mit-Investor bewarb, waren alle noch voll des Lobes. Als der Schwaben-Rapper gerade mit seiner Promotion-Tour durch die Talkshows zog, schlug der Chaos Computer Club jedoch Alarm: Mangelhafte Software, fragwürdige Datensicherheit und mehr als 20 Mio. Euro Steuergelder, die Bundesländer für Lizenzen versenkten. Inzwischen haben sich auch andere Sicherheitsexperten gemeldet und attestieren Smudos Pandemie-App eine unverhältnismäßige Unsicherheit. Und nicht nur die Technik steht in der Kritik. Das Verhalten um die Lizenzen wirft ebenfalls viele Fragen auf. Und was machte der werbende Schwabe? Erst wies Smudo die Vorwürfe von sich und witterte gekränkte Netzaktivisten. Aber jetzt schweigt er. Schwach, sehr schwach, Herr Rapper.

#Fischklingel – Ding Dong, der Fisch ist da!

Und zum Abschluss: Das niederländische Utrecht hatte ein Fischproblem. Jedes Frühjahr ziehen Massen von Wasserbewohnern durch die Grachten, auf dem Weg zu neuen Laichplätzen. Vor einer alten Schleuse mussten die schuppigen Wirbeltiere dann meist einen unfreiwilligen Reise-Stopp einlegen.

Die Lösung ist so genial wie witzig: Eine Unterwasserkamera überträgt den Bereich vor der Schleuse und zeigt, wann die Schleuse geöffnet werden muss. Der Livestream wird nicht nur vor Ort, sondern auch live unter visdeurbel.nl übertragen. Sieht man dort Fische, kann man die sogenannte Fischklingel oder Fischtürklingel betätigen. Vor Ort kommt man via QR-Code zum Livestream, wo man direkt klingeln kann. Technik rettet Tierbestände: Würden wir uns öfter wünschen.

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Artikelbild: Aman Mahapatra (unsplash) / capsulecosplay (pixabay) / Montage socialmediakonzepte.de

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