Von wegen Sommerloch: Rekorde, Nacktheit, Photobombs, Hashtag-Kampagnen, Defacements – ein Wunder, dass es bei so einem Monat auch noch Platz für Politik und IT-Wirtschaft gibt. Ja, der Juli war im Social Web alles andere als ein Ferienmonat. Was alles passiert ist und wieso wir gar nicht so unglücklich über das Ende der Fußball-WM sind: Bitte schön, der Juli.

Aus, aus, das Spiel ist aus – Zugegeben, wir waren letzten Monat noch skeptisch, wie nennenswert die Fußballweltmeister für die Social Media Welt war. Immerhin muss man zugeben, es hat die Kanäle beherrscht und für einige Geschichten gesorgt. Leider waren nicht alle erfreulich.

Um mit einem Rekord zu beginnen: Twitter und Facebook qualmten. Allein bei den deutschen Entscheidungsspielen wurden die Kanäle fast in Echtzeit bespielt. Dabei konnte man sogar bei einzelnen Spielaktionen starke Ausschläge auf der Zwitscherplattform messen. Selfies von Spielern, Redaktionen und Fans wurden dankend zum teilen und retweeten angenommen und sorgten für einen massiven Multiplikations-Effekt.

Unverkrampfter Patriotismus? Quelle: unbekannt

Leider trieben sowohl Stolz als auch Neid aufs deutsche Team hässliche Blüten. Häme und sportliche Respektlosigkeit gehören nun mal zur Fußball-Kultur. Unpassende Analogien zur deutschen NS-Geschichte, Reichsadler auf dem Corcovado oder verkappter Nationalismus, sollten nicht dazu gehören. Dabei muss man anmerken, dass viele dieser geschmacklosen Assoziationen gar nicht von deutschen Fans gepostet wurden und als Anfeindung gemeint waren – nicht wenige deutsche Anhänger nahmen diese Dummheiten aber dankend als Beweis der nationalen Stärke an. So verwundert auch nicht die Entwicklung der sogenannten #Gauchogate: Statt sich damit zufrieden zu geben, die Kritik an der Häme als Unwissenheit über Sportrituale abzutun, nahmen viele Fans die Gelegenheit wahr und bauten einen Anti-Linken, Anti-„Gutmenschen“ Shitstorm. Gut, dass es keine olypmischen Spiele in Berlin waren.

Grenze gesprengt – Und noch ein Rekord: Das kolumbianische Stimm- und Hüftwunder Shakira schaffte es mit ihrer Facebook-Seite, 100-Mio Likes zu generieren. Und damit wird nicht nur eine neue Benchmark gesetzt: Kaum ein vergleichbarer Top-Star treibt sich in diesen Atmosphären rum. Gaga oder Bieber sind weit davon entfernt, diese Marke zu knacken. Was lernen wir daraus? Eine ganze Menge. Zum Dankeschön postet Shakira ihr „my Facebook“-Video und gibt damit Aufschluß über den Erfolg: Shakira ist seit Jahren auf Facebook aktiv und ihr Kanal wird professionell verwaltet – sie postet nicht nur Show-Bilder, sondern teilt auch Ausschnitte ihres sozialen Engagements, private Bilder, auch von der Familie, reagiert auf Fans und leistet sich kaum Skandale. Vielleicht unspektakulär, aber unbestreitbar erfolgreich.

Out of Java – Freunden des alten und stabilen Windows XP Betriebssystems wird demnächst wohl deutlich, dass sie keine Wahl haben: Neue Java-Versionen werden nicht mehr unter dem alten Systemveteran laufen. Während Microsoft den XP-Support einstellen, beruhigt Oracle, dass es weiterhin für XP (mit Java7) keine Probleme geben werde und mindestens bis Mitte 2015 Sicherheitsupdates liefern werde.

Quelle: Screenshot

Facelift für Faschisten – Und plötzlich prangte groß „Kein Mensch ist illegal“ auf der kammeradschaftlichen Heimseite (Partei-Homepage) der NPD.  Hinter dem vermeintlichen Hack steckt anscheinend das Antirassistische Netzwerk, welches den Stunt auf seiner Facebook-Seite verbreitete und sich in späteren Posts für den immensen Zulauf wegen „unserer Aktion“ bedankte. Die Aktion ging in Windeseile über alle Kanäle und es dauerte nicht lange, bis die völkische Heimseite nicht mehr erreichbar war. Illegal war der Akt wohl nicht, da es sich um keinen Hack handelte: Die IT-Brigade des digitalen Volkssturms brauchte zwar lange, bis der Laden wieder lief, aber es scheint kein serverseitiger Hack gewesen zu sein. Die „falsche“ NPD-Seite war später nur noch über eine Kurz-URL erreichbar, was somit auf ein Defacement mittels URL-injection hindeutet. Good work, guys.

Instagram

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2 fat 4 Instagram – Während man auf Twitter nahezu alles, von Verleumdungen über derbe Gewaltbilder bis hin zur Pornographie, posten kann, weiß man nicht so recht, wo die Standards von Instagram liegen: Rihanna hat Probleme, Miley Cyrus nicht – und ehrlich gesagt verschwindet ja öfter mal was beim Twitter-Konkurrenten. Samm Newman, ein schwergewichtiges Mädchen aus Ohio, zeigte sich auch gerne in Unterwäsche – doch Instagram war sie wohl nicht schlank genug, wie die 19-jährige vermutet, und löschte zunächst die Bilder, dann den Account. Nachvollziehbar ist es nicht: Klar gibt sie nicht das gleiche Bild wie Gisele Bündchen im Zweiteiler ab – aber dann löscht man doch nicht mit dem Verweis auf „Nacktheit“. Happy End: Die Dame, welche sich als lesbische Aktivistin profiliert, ist seit Mitte Juli wieder verstärkt auf Twitter aktiv, durfte sich auch großer Anteilnahme freuen – und der Insta-Account ist auch wieder frei, inklusive der Problembilder. Und da wir schon mal bei Nacktheit sind…

Riemen frei! – Der Ruderclub der Universität zu Warwick ist für zwei Dinge bekannt: Mäßig erfolgreiches Rudern und Nacktkalender für wohltätige Zwecke. Seit 2009 (Herren) bzw. 2013 (Damen) entblättern sich die Athleten für den Charity-Kalender, dessen Erlöse jeweils wechselnden Zwecken zugute kommen. Produktionskosten werden im Vorfeld über Crowdfunding eingefahren. Und jetzt raten Sie mal: Die Damen-Version wurde kurzzeitig von Facebook verbannt – als „Pornographie“ gebranntmarkt (und das ganz ohne Nippel und Pleasure Zone). Obwohl die Bilder vielerorts für ihre ästhetische Qualität gelobt werden, mussten die Damen schon mehrfach Probleme mit dem sozialen Netzwerk verzeichnen. Auffällig nur, dass die Herren-Ausgabe Warwick Rowers, welche schon länger existiert, noch nie derartige Ärgerlichkeiten mit Facebook zu ertragen hatte. Das hätte man anders erwarten können, da sich deren Einsatz obendrein auch noch gegen Homophobie wendet – dabei sind die Ruderer nicht einmal schwul. Andererseits hilft die bigotte Prüderie der Zuckerberg-Trolle dem Unterfangen – jede PR ist gute PR. Und da sich trotzalledem weibliche Nacktheit de facto besser promoten lässt als nackte Männer, möchten wir den weiblichen Lesern den Gefallen tun und zeigen den Crowdfunding-Trailer des 2015er Männer-Kalenders. Die machen auch was her, also: Enjoy the boys.

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Warwick Rowers 2015 Crowdfunder from Sport Media Productions on Vimeo.

Kalter Kaffee, aufgewärmt – Running Gag gefällig? Wie oft haben wir schon über die Strukturdefizite deutscher Datenautobahnen geschrieben, und über glorreiche Pläne der Politik? Oft! Da freuen wir uns, dass die Regierungskoalition mit planmäßiger Verspätung einen Antrag zum Breitbandausbau in den Bundestag eingebracht hat. Der Bitkom Chef klatscht erwartungsgemäß Beifall und wir bleiben skeptisch: Die Pläne sehen primär den Ausbau der Funknetze, nicht aber eine wirklich realistische Breitenstruktur durch Glasphasernetze vor. Und dann haben wir noch das Problem mit der Netzneutralität – da dürfen wir vermutlich mit den ersten Denkansätzen rechnen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.

Abmahn-Scam – Im Juli gab es mal wieder einen größeren Versuch, massenweise User mit einer gefälschten Abmahnung zu melken. Diesmal sogar unter Verwendung prominenter Juristennamen. Was wirklich verwundert: Es gibt noch unzählige Netzbewohner, die auf Phishing oder andere faule Tricks reinfallen. Anlässlich der falschen Abmahnwelle hat der bekannte Medien-Jurist Christian Solmecke die Chance genutzt und erklärt noch mal genau, woran man einen Fake erkennt.

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Massenentlassung mit Ansage – Wenn man von 18.000 Entlassungen hört, könnte man dahinter ein Unternehmen vermuten, welches wohl seine besten Tage schon hinter sich hat. In diesem Fall handelt es sich um Microsoft – und das ist noch nicht der volle Hammer: Die Kündigungen betreffen vor allem die Sparte Nokia. Dass so etwas passieren würde, war zu erwarten: Ballmer wurde glanzvoll verabschiedet und Spekulanten vermuteten schon lange, wann der neue CEO Satya Nadella wohl die Firmenstruktur „bereinigt“, denn: MS-Ikone Steve Ballmer setzte seiner Zeit die Nokia-Übernahme gegen den Willen des Aufsichtsrats durch. Eine ökonomisch unkluge Entscheidung, die (wie es jetzt scheint) wohl auch mit ein Grund für Ballmers Abschied gewesen sein könnte. Und wieder einmal fallen Nokia-Mitarbeiter schlechtem Management zum Opfer – und Nadella wird weiter das Räumkommando für Ballmers Abfall sein. #sad #so #sad

Blumen im Asphalt – Seit dem Beginn der Ukraine-Krise, mutieren Facebook, Twitter oder Tumblr mehr und mehr zur Arena für Betonköpfe, die sich gegenseitig der einzigen Schuld bezichtigen. Was die NSA macht, wissen wir nur durch geleakte Berichte. Was der Kreml macht, ist nicht so geheim: Die IP-Adressen vieler Manipulationsversuche führen nicht selten ganz offen in den Kreml oder in seine Peripherie. So beispielsweise auch bei Änderungsversuchen des Wikipedia-Eintrags zur Tragödie des MH-17 Absturzes.

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Dass das Social Web auch im aktuellen Nahost-Konflikt kein anderes Schicksal ereilte, verwundert nicht wirklich. Wir würden trotzdem lieber auf die hoffnungsvolleren Spots verweisen: Die Hashtag-Kampagne der New Yorker Abraham Gutman and Dania Darwish #JewsAndArabsRefuse-ToBeEnemies (Juden und Araber lehnen es ab, Feinde zu sein) ist keine Nischen-Aktivität, sondern verzeichnet bemerkenswerten Zulauf: Während auf Facebook nur rund 50.000 Likes zu verzeichnen sind, findet man auf Twitter immer frische Einträge. Mit Israel Loves Iran/Iran Loves Israel bewies 2012 bereits ein ähnliches Projekt, dass es durchaus Hoffnung gibt – Effekte auf die reale Politik hat es leider seltener.

Guck mal, wer da hackt – Mitte des Monats kündigte Google das Project Zero an, hinter welchem einige Portale eine geheime Hacker-Elite im Dienste des Suchmaschinen-Primus‘ wähnten. De facto baut Google aber ein Team von Fulltime-Entwicklern auf, in dem zwar auch prominente Hacker beschäftigt sind, welches aber primär Sicherheitslücken bekämpfen soll. Das Projekt wird etwas altruistisch beworben und warnt vor den Gefahren durch Zero-Day-Attacken – gerade auch gegen politische Verfolgte und Netzaktivisten. Zero-Day-Attacken sind Spionageangriffe, welche durch noch nicht entdeckte Sicherheitslücken ermöglicht werden – nicht selten mit chinesischem Ursprung. Wired.com fragen skeptisch, wieso Google mit so einem Projekt die Arbeit der Konkurrenz gleich mitmacht. Die Antwort aus Mountain View verweist wirklich auf Altruismus, nicht zuletzt durch die Causa Snowden angestoßen.

#royalphotobomb – Die Bewohner des angelsächsischen Eilands sind für derbe Späße bekannt. Und wer, wenn nicht die Königsfamilie, könnte daraus einen viralen Spaß machen: Erst eine Foto-Bombe von der Queen, dann von Willi und mit dem besten Fun-Face Wildpinkler Harry.

 

Erpressung 2.0 – Ein Vater will mit seinen Kindern an Bord eines Fliegers von Southwestern gehen. Der Vater wird A-gelistet, soll also früher in den Flieger. Dieser lehnt ab, denn er will die 6- und 9-jährigen Sprösslinge beim Boarding nicht alleine lassen. Verständlich. Statt Hilfe bekommt der Vater vom Personal nur rüde Abweisungen. Als er dann erst androht und dann wirklich darüber twittert, gehen Southwest auf ihn zu und stellen ihn vor die Wahl: Entweder den Tweet löschen und mit den Kindern an Board oder sie werden gar nicht an Bord gelassen. Ende vom Lied: Nachdem die Familie bereits im Flieger saß und dort in ihren Sitzen bedroht wurde, wieder rauszufliegen,  löscht der Vater den Tweet, zumal die Kinder bereits in Tränen standen und die Situation wirklich bedrohlich wurde. Southwestern durften sich schlechtester Presse erfreuen, entschuldigte sich ohne Schuld einzuräumen und bot einen Gutschein für die Familie an, welchen der Vater jedoch ablehnte. Wann lernen die Leute, dass der Versuch, etwas geheim zu halten, meist das Gegenteil bewirkt. #facepalm

Viral Wars – Und zum Abschluß noch ein Nerd-Schmankerl: Im Vorfeld der skeptisch-erfreut-erwarteten nächsten Fortsetzung der Star Wars Saga (Episode VII), leaken immer wieder Bilder von Sets und Kostümen. Einige dieser Contents sind aber gar nicht geleaked, sondern schlicht Fan-Made. Und wie gut die Qualität dieses Materials zum Teil ist, zeigt das Video von einem gewissen YouTuber namens Frank Wunderlich. Das Material ist so gut, dass anfangs wirklich Debatten über die Echtheit ausbrachen. Von Wunderlich selbst ist nichts bekannt. Er beteiligt sich auch nicht an den Diskussionen. Der Kanal hat nur dieses eine Video – und das wurde bereits über 6Mio. Male angeklickt. Mysteriös.

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