Gong zur ersten Runde im neuen Jahr. Leider können wir unsere Rückblickreihe nicht so heiter wie sonst beginnen. Denn vieles im Januar folgte dem Motto „Das fängt ja gut an“: Facebooks Newsfeed-Ankündigung und die unbedachten Folgen; virale Clips und Hashtags zu Topics, die leider immer noch ein Thema sind. Gierige und pietätslose Youtuber sowie Influencer und die Zensur von Aktionskunst. Aber wir konnten auch ein, zwei erfreulichere Meldungen unterbringen. Für den nächsten Monat versprechen wir, wieder mehr positive Zeichen zu featuren. Et voilá, der Januar.

#Facebook – Der Preis für Marks Spielereien

Gleich zu Beginn des neuen Jahres scheuchte Herr Zuckerberg das Social Web und seine Bewohner auf. Über die Veränderungen und die potentiellen Konsequenzen haben wir, wie auch alle anderen, bereits umfangreich gesprochen und geschrieben. Wir möchten nun die Gelegenheit nutzen und jeden ermuntern, auch andere Perspektiven einzunehmen. So wie Stevan Dojinovic, ein serbischer Journalist, der in der NYT feststellt: Meine Demokratie ist nicht dein Laboratorium! Wie wir uns erinnern, hat Zuckerberg sein Explore Feed Experimente nicht in den kaufstarken Nationen gestartet, sondern in der Slowakei, Sri Lanka, Serbien, Bolivien, Guatemala und Kambodscha. Bis auf die Slowakei, allesamt Länder, in denen Facebook eine wichtige Hilfe für den freien Journalismus und kritische Stimmen ist oder, besser gesagt, war.

Nun hat Facebook das Thema der Relevanz von Social Media für die Demokratie im Januar aufgegriffen. Nicht nur am Rande, sondern mit 4 Gastbeiträgen in der Hard Questions-Sektion. Die Leute vom Zuckerberg haben sogar die Chuzpe vom arabischen Frühling und der Bedeutung von Social Media für die kleinen, unabhängigen Stimmen zu sprechen. Das war es aber auch schon, denn mit dem Thema findet man bei Facebook nur einen guten Transporter, über Fake-News und die Rolle Russlands zu referieren. Auch findet sich hier wieder eine gute Verteidigungsgelegenheit gegen die wunden Punkte Filterblasen und Echo Chambers. Null Einsicht, null Reaktion auf wichtige Kritik. Verstehen wir uns nicht falsch: Russische Aktivitäten sind und waren kein aufgeblasener Buhmann, sondern echte digitale Kriegsführung. Aber Facebook ist kein Opfer, sondern war bereitwilliger Kollaborateur, als es niemandem aufgefallen ist. Wir überlassen es jedem selbst, sich sein Bild zu machen.

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#LoganPaul – Dümmer geht’s immer

Logan Paul ist ein Social Media Sternchen aus dem Lehrbuch: Dank Vine und YouTube die erste Bekanntheit, das Schauspieler-Ticket durch Gastauftritte in Serien, und dann natürlich auch die Rolle des selbsternannten Influencers. Und wie wir das von solchen Phänomenchen kennen, ist die primäre Triebfeder die Gier nach Aufmerksamkeit. Der japanische Forst von Aokigahara hat dadurch traurige Berühmtheit erlangt, dass sich überdurchschnittlich viele Selbstmörder in diesem Wald das Leben nehmen. Und was macht Herr Paul da? Er sucht sich einen frisch Erhängten und macht ein lustiges Video darüber. Das war dann YouTube auch zuviel, weshalb ihm dort das Werbeprofil reduziert wurde und geplante Projekte mit dem Viralstar aufgekündigt wurden. Google hat ihn ebenfalls aus dem Prefered-Portfolio gelöscht. Logan Paul hat sich selbstverständlich entschuldigt und behauptet, er habe für die Themen Depression und Suizid sensibilisieren wollen. Für wie glaubhaft die Einsichten des Flegels zu halten sind, darf jeder selber entscheiden. Kurze Zeit später tauchten von selbiger Japan Reise Clips auf, in welchen er sich gegen das Gastgeberland recht rassistisch gab. Wir dürfen mit Fug und Recht behaupten: Und wenn du denkst, dümmer geht’s nimmer…

#seikeingaffer – Virales Wachrütteln

Zum Jahresbeginn hat ein wichtiger viraler Clip die Runde gemacht. Thema ist das große Problem, dass Gaffer lieber Bilder und Videos von Unfällen und Opfern machen, statt zu helfen oder sich schlicht komplett rauszuhalten. Ganz davon zu schweigen, dass mit dem dokumentierten Leid Opfer zu Statisten der Schaulust gemacht werden. Der Clip stammt von der kleinen Filmproduktionsfirma Blickfänger und konnte bisher mehr als 8 Mio. Abrufe einheimsen. Ob der Beitrag jedoch wirklich zum Umdenken bei notorischen Gaffern führen kann, dürfen wir zurecht bezweifeln.

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#ViralVideos – Historischer Wutausbruch

Bereits im Dezember jährte sich der zwanzigste Geburtstag eines Videos, welches als der erste virale Clip gilt. Wer kennt ihn nicht, den cholerischen Angestellten, der seinen Rechner aus Wut schrottet. Und wie den meisten Netzlingen schon vor Jahren auffiel: Die Tastatur war ja gar nicht angeschlossen (s.Screenshot). Und das ist auch schon der entscheidende Hinweis auf den Hintergrund des Clips. Der Clip wurde 1997 für Werbezwecke produziert: Die Firma Loronix entwickelte Videoüberwachungssysteme und brauchte etwas Beispielmaterial. Der Clip wurde dann per CD-Roms verteilt und fand so seinen Weg ins Netz, meist via E-Mail. Die Auflösung betrug übrigens 352×240. Downloads der Mail dürften trotzdem einige Zeit gedauert haben.

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#ntv – Fremdschämen mit System

Ein kleiner, eigentlich nicht weiter erwähnenswerter Zwischenfall auf Facebook zeigte im Januar eindrucksvoll, mit welchem Problem sich der Nachrichtenjournalismus selbst das Leben schwer macht. Die Meldung, dass Altkanzler Schröder wieder heiraten werde, teaserte der Nachrichtensender n-tv mit den Worten „Der Altkanzler verlegt jetzt auch privat wieder Pipelines.“. Es gab im Grunde nur zwei Sorten von Reaktionen: Kopfschütteln, wie man verbal so tief sinken könne, und Zustimmung, weil dieses Wording Schröder doch gerecht werde. Der Sender begründete diese rhetorische Verwahrlosung mit dem Argument, es sei ja ein boulevardeskes Thema und da sei diese Wortwahl adäquat. Wir resümieren: Die eine Hälfte des Publikums bewahrt sich ihre ethische Integrität, die andere Hälfte gibt sich unreflektiert ihren vergeltungshungrigen Instinkten hin und für einen Teil der Medien ist das alles nur ein Spiel um Aufmerksamkeit. Brave New World.

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#Influencer – Von Fakern und Gierhälsen

So funktionabel Influencer für manche Businesses auch zu sein scheinen, haftet ihnen nicht zu unrecht ein zweifelhafter Ruf an. Der wird durch die unzähligen Faker, die mit schnell eingekauften Followern eine relevante Folgschaft an Fans vorgaukeln, sicher nicht geschmälert. Frederik Fleig und Clare Devlin von 1live haben den Selbstversuch gemacht, wie leicht es ist, selber zu so einem Faker zu werden. Dabei schauen sie, wie schnell damit wirklich Geld zu verdienen ist und welche Konsequenzen das haben kann. Ein kleiner Einblick, den wir allen wärmstens ans Herz legen.

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#Barbara – Der Satire-Zensor vom Zuckerberg

In einem offenen Schreiben erklärte die anonyme Street-Art-Künstlerin „Barbara“, dass zahlreiche ihrer Bilder auf Facebook und Instagram gelöscht wurden. Des weiteren wurde ihr angedroht, ihren Account zu schließen, sollte sie weiter Bilder posten die, und jetzt wird es lustig, gegen Facebooks „Communitystandards“ verstoßen. Gemeint waren Bilder, auf denen sich Barbara über recht Hetze und Diskriminierung lustig machte, aber auch harmlose Bilder (s.u.). Man muss nur eins und eins zusammenzählen, um zu wissen, auf wen die Meldungen der Bilder zurückgehen und zu wessen willfährigen Gespielen sich die Zuckerbergs gemacht haben. Wir sind sicher nicht die Einzigen, die sich fragen, wieso die rassistischen, hetzerischen und diskriminierenden Orginale für Facebook offensichtlich nicht gegen die Communitystandards verstoßen.

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#WeRemember – Holocaustgedenken

Im Jahr 2005 haben die Vereinten Nationen den 27. Januar zum Intenationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust erklärt. Der Jüdische Weltkongress (WJC) hat bereits letztes Jahr damit begonnen, diesen Tag mit einer Social Media-Kampagne zu begleiten: Nutzer von Facebook, Twitter, Instagram, G+ und flickr waren dazu aufgerufen, ein Foto ins Social Web hochzuladen, auf welchem sie die Worte „We remember“ oder „I remember“ in die Kamera halten. Versehen mit dem Hashtag #WeRemember könnte so viel Aufmerksamkeit und Präsenz für das Gedenken erzeugt werden. Und das funktionierte auch: Nicht nur Prominente aus Sport, Show und Politik, sondern vor allem auch einfache Privatpersonen beteiligten sich an der Kampagne. Und mit Clubs wie dem FC Chelsea oder dem BVB, haben sogar komplette Fußballteams mitgemacht. Das Ergebnis ist auf einer Media-Wall des WJC zu betrachten. Manchmal reicht eine einfache Kampagne, um genug Aufmerksamkeit zu erzeugen. Interessant ist, dass flickr und G+ nicht einmal für ein einziges Posting genutzt wurden.

#KyloRenChallenge – Bösewicht oben ohne

Das waren noch Zeiten, als der Antagonist in Star Wars, trotz Helm und asthmatischem Atem, eine gewisse Würde und Seriosität zeigte. Der neue Vader heißt bekannterweiser Kylo Ren und taucht schon mal oben ohne auf. Wie peinlich, dass er dabei die Hose, wie Opa Erwin, über Bauchnabelhöhe trägt. Für das Netz war das eine willkommene Inspiration für eine Nachmach-Aktion, auch als „Challenge“ bekannt. Bei der folgerichtig #KyloRenChallenge getauften Aktion posieren nun unzählige Netzlinge in ihrer Version der Szene. So richtig lustig ist es nicht, aber das Netz braucht Beschäftigung. Und wir müssen auch festhalten: Nein, John Mayer hat die Challenge nicht gestartet, sondern irgendwer auf 4chan. Manchmal wünschen wir uns den Harlem Shake zurück.

#Stravagate – Ein Loch ist im Eimer

Da haben wir einen Leak-Fall, der eigentlich keiner ist und trotzdem brandgefährlich sein könnte. Strava ist eine Fitness-Tracking-App, die auch gerne von US-Soldaten getragen wird. Die joggen anscheinend in ihrer Freizeit gerne um das Areal, auf dem sie gerade stationiert sind. Das Dumme ist nur, dass auf der offen einsehbaren Heat-Map nicht nur die Routen von harmlosen Zivilisten zu sehen sind, sondern eben auch die der Soldaten. Und so fand der UCA-Analytiker Nathan Ruser heraus, dass auf dieser öffentlichen Karte, durch die getrackten Routen, geheime Militärbasen in Kriegsgebieten, aber auch die Area 51 und eine CIA-Basis in Somalia sichtbar werden. Nun können wir nicht einfach auf Google Earth gehen und diese Orte ausfindig machen. Aber in Verbindung mit Satellitendaten, werden diese geheimen Daten, dank der Strava-Karte auffindbar. Das Pentagon dementiert, dass dadurch eine Gefahr bestünde. Aber die haben schon viel dementiert.

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#HedyLamarr – Später Respekt

Zum Ende möchten wir noch die Gelegenheit ergreifen, einer Frau zu gedenken, der zu Lebenzeiten nicht die verdiente Anerkennung zu Teil wurde: Hedy Lamarr, Hollywood-Diva der 30er und 40er Jahre. Während sie von den Medien meist auf ihr cineastisches Leben reduziert wurde, war Lamarr hinter der schönen Fassade die Erfinderin einer genialen Waffentechnologie, welche die Basis für heutige Technologien wie WiFi, mobiles Internet oder auch Navigationsgeräte bildet. Verdient hat sie an ihrer Erfindung nie etwas. Sie starb sogar recht verarmt. Erst drei Jahre vor ihrem Tod, im Jahre 2000, wurde sie erstmals für ihre innovative Arbeit geehrt. Ihr achtzehnter Todestag jährte sich am 19. Januar. Ein kurzes Portrait:

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Artikelbild: pixabay (CC0)

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